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Lösegeld am Henkersberg

Lösegeld am Henkersberg

Titel: Lösegeld am Henkersberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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Frau. Nichts fehlt. Die 25 000
kann ich verschmerzen...“
    „Wo ist der Kerl, Herr Sauerlich? Wo?“
    „Keine Ahnung. Ich habe den Schmuck überprüft
und...“
    Wieder wurde Klößchens Vater
unterbrochen.
    Diesmal von Georg, der sich herüber
beugte.
    „Ich sah ihn, Tim. Der Vagabund ging in
die Lagerhaus-Straße — dort drüben. Etwa vor einer Minute.“
    „Danke!“
    Tim riß sein Rennrad herum wie ein sich
aufbäumendes Pferd.
    Die Lagerhaus-Straße, düster und
schmal, zweigt ab in die Gegend hinter dem Güterbahnhof, wo die Großstadt sich
nicht von ihrer schönsten Seite zeigt. Noble Geschäfte und Edel-Boutiquen gibt
es hier nicht. Gesindel treibt sich herum nach Einbruch der Dunkelheit,
Fußgänger sind selten.
    Tim sauste hinein in den asphaltierten
Schlauch zwischen den Lagerhäusern. Nur wenige Laternen brannten.
    Aber dort vorn — ja, dort vorn — schlurfte
eine abgerissene Gestalt.
    Nur die schmalen Rennradreifen machten
Geräusche.
    Dann war Tim neben dem Penner, und erst
jetzt bemerkte der ihn.
    „Heh, Knackarsch!“

    Tim hüpfte vom Rad, und der linke Fuß
landete nicht auf dem Boden, sondern in Leos Kniekehle: ein Tritt, der einen
Torpfosten gefällt hätte.
    Der Penner brüllte und wurde auf die
Knie geworfen.
    Ein großer Briefumschlag fiel aus
seinem Mantel.
    Schon hatte Tim sich gebückt, er hob
das Kuvert auf.
    „Das gehört mir...“, schrie Leo, aber
jetzt erkannte er Tim. „Die 25 000 von Herrn Sauerlich“, sagte Tim und fühlte
die Banknoten durchs Papier. „Nein, die gehören dir nicht. Soweit kommt’s noch,
daß ein Dreckskerl wie du fürs Stehlen bezahlt wird. Steh auf, Mann! Die
Polizei wartet.“
    Leo stützte die Hände auf den Boden.
Der Hut war vom Kopf gefallen. Übler Geruch stieg aus den Pennerklamotten. Das
bärtige Gesicht schien sich aufzulösen. Eben noch auf rosa Wolken schreitend,
mit dem Vermögen in der Tasche — und jetzt mit schmerzendem Knie auf dem Weg in
den Knast: das war zuviel, und es kam zu plötzlich.
    Leo stieß einen wimmernden Laut aus. „Du...
hast mir einmal geholfen. Warum..
    „Da wußte ich nicht, daß du die Mutter
meines Freundes bestohlen hast. Hoch mit dir!“
    „Was... hast du davon, wenn ich
    „Es geht um Recht und Gesetz, Leo. Du
heißt doch Leo?“
    „Leo Verdroski.“
    Tim unterdrückte sein Mitleid und
betrachtete ihn. Würde der Kerl lügen, um sich zu retten? Nein, dem klapperten
die Knochen vor Angst, und er war zu verwirrt, um eine falsche Auskunft zu
erfinden.
    „Aber vielleicht, Leo Verdroski, lasse
ich dich laufen.“
    Das bärtige Gesicht hob sich. „Ja?“
    „Kennst du den blonden Typ mit der
Schrillstimme?“
    „Meinst du Ritschi Gernreich?“
    Tim atmete tief. Na, also! Oder etwa
ein Mißverständnis? „Ich meine den, der dich malträtiert ( mißhandelt )
hat. Den aus dem ,Halben Ohr’.“
    „Ja, das ist Ritschi Gernreich.“
    „Seine Adresse?“
    „Die weiß ich nicht. Aber gestern abend
war er bei einem Kerl in der Fliegentöter Landstraße. Ich bin dort
vorbeigetippelt, nichts ahnend. Schon war Ritschi da. Er hat mir eine
reingehauen. Hier, ein Stück Zahn ist abgebrochen. Und der riesige Fettwanst
hat zugeguckt und gelacht.“
    „Riesiger Fettwanst?“ Tims Nackenhaare
sträubten sich.
    „Ein Kerl wie ein Berg.“
    „Wo genau war das?“
    „Ziemlich am Ende der Straße. Über dem
Tor hängt ein Schild: Fuhrunternehmen Kurt Winzig. Vielleicht ist das der
Fettwanst.“
    „Ich weiß nicht, Leo, ob Herr Sauerlich
auf Strafverfolgung besteht. Also freu dich nicht zu früh, wenn ich dich jetzt
laufen lasse.“
    Tim stieg aufs Rad und sauste zum
Hauptbahnhof zurück.
    Der Jaguar wartete im Halteverbot, aber
das regte niemanden auf. Aus Richtung Altstadt näherte sich Klößchen auf seinem
Rad, erhitzt bis hinter die Ohren, fluchend und hungrig.
    Herr Sauerlich stand neben dem Wagen.
    Tim gab ihm den Briefumschlag.
    „Somit ist kein Schaden entstanden,
Herr Sauerlich. Werden Sie den Penner anzeigen? Ich habe ihn gehen lassen. In
der _ anderen Sache hat er mir nämlich einen Hinweis gegeben — eine Adresse,
die uns möglicherweise weiterbringt. Ich muß das sofort überprüfen. Also,
tschüs.“
    „Heh!“ Klößchen war angelangt. „Wohin
denn jetzt schon wieder?“
    „Erzähl ich dir unterwegs. Es eilt.
Aber wir sind am Ball, Willi. Los,nein,in die Richtung! Zur Penne fahren wir
später.“
    Im Vorbeifahren rief Klößchen: „’n
Abend, Papa! Grüß die Mama! Du siehst, ich habe leider keine

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