Lösegeld Für Einen Toten
Tages damit, in Shrewsbury seine Vorkehrungen zu treffen und die Einberufungen an alle dienstverpflichteten Männer zu schicken. Im Morgengrauen des nächsten Tages würde seine Vorausabteilung aufbrechen, und er selbst hatte vor, mit der Haupttruppe am Mittag zu folgen. Binnen weniger Stunden war viel zu erledigen.
Lady Prestcote versammelte ihre Diener und ihre persönliche Habe in den hohen, öden Gemächern, um am nächsten Morgen für den Aufbruch zum östlichsten und friedlichsten ihrer Landgüter bereit zu sein. Sie hatte bereits eine Gruppe Packpferde mit dreien ihrer Diener vorausgeschickt. Da sie sich in der Stadt befand, war es nur vernünftig, solche Dinge einzukaufen, die in dem Gebiet, in das sie wollte, knapp waren; unter anderem hatte sie eine Anzahl getrockneter Kräuter aus Cadfaels Lager erbeten. Ihr Herr mochte nun tot in seiner Gruft liegen, so hatte sie doch immer noch ihre Pflichten zu erfüllen und für das Wohl ihres Sohnes zu sorgen. Männer mochten sterben, doch das Fleisch, das die Lebenden brauchten, mußte mit Konservierungsmitteln, Salz und Gewürzen behandelt werden, damit es gut und bekömmlich blieb. Außerdem hatte der Junge im Frühlingsregen einen Husten bekommen, und sie bat Cadfael um ein Glas Salbe, mit der sie ihm die Brust einreiben konnte. Gilbert Prestcote der Jüngere und ihre häuslichen Pflichten würden bald schon die Lücke schließen, welche Gilbert Prestcotes des Älteren Tod gerissen hatte.
Es wäre nicht unbedingt nötig gewesen, daß Cadfael die Kräuter und Medizinen persönlich ablieferte, aber er ergriff freudig die Gelegenheit, um einerseits seine Neugierde zu befriedigen, und um andererseits den Spaziergang und die frische Luft an einem schönen, wenn auch stürmischen Märztag zu genießen. Durch die Klostersiedlung ging er, dann über die Brücke, die den vom Tauwetter in den Bergen verschlammten und schäumenden Severn überspannte, hinein durchs Stadttor und die lange, steile Straße der Wyle hinauf; dahinter wieder sanft bergab vom High Cross zum Torhaus der Burg. Er ging mit aufgesperrten Augen und Ohren und blieb viele Male stehen, um freundliche Worte und Grüße zu wechseln. Und überall sprachen die Männer über Anions Flucht und stritten, ob er davonkommen oder vor Einbruch der Nacht am Strick zurückgebracht würde.
Hughs Einberufungsbefehl war noch nicht überall in der Stadt bekannt, doch bis zum Abend wußten es sicher alle.
Sobald aber Cadfael die Burg betrat, wurde durch das allgegenwärtige geschäftige Treiben sofort deutlich, daß etwas Wichtiges im Gange war. Der Schmied und die Waffenmeister waren eifrig bei der Arbeit, und ebenso die Stallburschen, die die Vorratswagen beluden, die gemächlicher den schnellen Reitern und Fußtruppen folgen sollten. Cadfael übergab die Kräuter der Dienstmagd, die ihn empfing, und begab sich auf die Suche nach Hugh. Er fand ihn bei den Ställen, wo er requirierte Pferde einwies.
»Dann zieht Ihr nach Norden?« fragte Cadfael ohne sonderliche Überraschung. »Und wie ich sehe, wird es ein großes Aufgebot.«
»Mit etwas Glück wird es nur eine Demonstration unserer Kräfte«, sagte Hugh, indem er seine konzentrierte Arbeit unterbrach und seinem Freund ein flüchtiges warmes Lächeln schenkte.
»Sticht Chester der Hafer?«
Hugh lachte und klärte ihn auf. »Mit Owain auf einer Seite der Grenze und mir auf der anderen wird er es sich zweimal überlegen. Er erprobt gerade erst seine Muskeln. Er weiß, daß Gilbert gefallen ist, aber mich kennt er nicht. Noch nicht!«
»Höchste Zeit, daß er dich und Owain kennenlernt«, bemerkte Cadfael. »Vernünftige Männer haben ihn schon vor langer Zeit richtig eingeschätzt und recht hoch bewertet. Ranulf ist kein Dummkopf, wenn ich auch nicht ausschließen würde, daß er, kühn geworden durch seine Erfolge, zu einer Dummheit fähig wäre. Auch der klügste Mann kann einen zu großen Schritt tun und aufs Gesicht fallen.« Und dann, während er auf all die Geräusche um ihn lauschte und die Schatten betrachtete, die sich auf dem Pflaster abzeichneten, fragte er:
»Weiß Euer walisisches Zwillingspaar, wohin es geht und wer Euch warum eine Nachricht schickte?«
Er hatte bei der Frage die Stimme gesenkt, und Hugh tat es ihm ohne besonderen Grund gleich. »Nicht von mir. Ich konnte keine Zeit für Höflichkeiten erübrigen. Aber sie werden es wohl wissen. Warum?«
»Weil sie gerade zu uns kommen, die beiden. Und ängstlich sind sie.«
Hugh erleichterte
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