Lösegeld Für Einen Toten
aus der Grafschaft erwies ihm die letzte Ehre, Hugh Beringar kam mit einer Eskorte seiner Offiziere, und Geoffrey Corviser, der Ortsvorsteher von Shrewsbury, war mit seinem Sohn Philip und seiner Frau Emma da; auch die ehrbaren Handwerker der städtischen Gilden kamen. Die Witwe des Sheriffs war tief in Trauer, ihr kleiner Sohn hing mit großen Augen und eingeschüchtert an ihrem Arm. Die Musik und die Feierlichkeit, die gewaltige Kirchenkuppel, die Kerzen und Fackeln, all dies verzauberte und faszinierte ihn; er hielt sich während des Gottesdienstes völlig still.
Obwohl sich Gilbert Prestcote womöglich einige persönliche Feinde gemacht hatte, war er seiner Grafschaft im allgemeinen ein gerechter und vertrauenswürdiger Sheriff gewesen, und die großen Händler wußten sehr gut, welch relative Sicherheit und Gerechtigkeit sie unter ihm genossen hatten, während ein großer Teil Englands ein weitaus schlimmeres Schicksal erlitt.
So wurde Gilbert bei seinem Tod große Ehre zuteil, und sein Volk legte bei seinem Gott für ihn eine gewichtige und wohlverdiente Fürsprache ein.
»Nein«, sagte Hugh, der Cadfael erwartete, als die Brüder am Abend aus dem Vespergottesdienst kamen, »noch nichts.
Lahm oder nicht, anscheinend hat sich Euer Anion in Luft aufgelöst. Ich habe längs der Grenze Wachen aufstellen lassen, falls er auf unserer Seite in Deckung bleiben will, bis die Jagd abgeblasen wird, aber ich bezweifle, daß er schon über den Grenzwall ist. Und ich weiß nicht recht, ob ich darüber fröhlich oder traurig sein soll. Ich habe auf meinem Gut auch Waliser, Cadfael, und ich weiß, was sie bewegt und kenne das Gesetz, dem sie folgen. Ich war mein ganzes Leben ein Grenzgänger und in zwei Ländern zu Hause.«
»Ihr müßt ihn weiter verfolgen«, sagte Cadfael mitfühlend.
»Ihr habt keine Wahl.«
»Nein, keine. Gilbert war mein Vorgesetzter«, sagte Hugh, »und ich war ihm treu ergeben. Wir hatten sehr wenig gemeinsam, ich kann nicht einmal sagen, daß ich ihn besonders mochte. Aber Respekt - ja, den gab es zwischen uns. Seine Frau kommt mit dem kleinen Sohn und den wenigen Dingen, die sie hergebracht hat, auf die Burg zurück. Ich warte gerade auf sie, weil ich sie begleiten will.« Ihre Stieftochter war bereits mit Schwester Magdalena und der Tochter des Tuchhändlers in die Einsamkeit von Godric's Ford aufgebrochen. »Er wird seine Schwester vermissen«, sagte Hugh, der den kleinen Jungen ins Herz geschlossen hatte.
»Das wird noch einer«, sagte Cadfael, »wenn er hört, daß sie gegangen ist. Und die Nachricht von Anions Flucht konnte sie nicht umstimmen?«
»Nein, sie ist unerbittlich, sie hat Elis verdammt. Scheltet mich, wenn Ihr wollt«, sagte Hugh mit einem traurigen Lächeln, »aber ich habe ihm bereits eröffnet, daß sie fortgegangen ist, um das Leben einer Nonne zu führen. Soll er nur eine Weile schmoren - das ist das mindeste, was ich ihm gönne. Und ich habe sein Wort akzeptiert, seines und das des anderen Jungen, Eliud. Beide haben sich für sich selbst und den anderen verpfändet, keinen Fuß hinter den Wachtturm zu setzen und keinen Fluchtversuch zu machen, wenn ich ihnen Ausgang innerhalb der Wälle gewähre. Sie haben füreinander ihre Hälse verpfändet. Nicht, daß ich sie ihnen umdrehen will, aber andererseits konnte es nicht schaden, ihre Verpflichtung anzunehmen.«
»Und ich bezweifle nicht«, sagte Cadfael, indem er ihn aufmerksam ansah, »daß Ihr außerdem sehr scharfe Wachen an den Toren aufgestellt und äußerst wachsame Leute auf den Mauern postiert habt, um zu sehen, ob einer der beiden oder beide ausbrechen und fortlaufen.«
»Ich würde meiner Verantwortung nicht gerecht, wenn ich dies versäumt hätte«, erwiderte Hugh aufrichtig.
»Wissen sie inzwischen, daß ein halbwalisischer Viehhirte, der in den Diensten der Abtei stand, seine Krücke fortgeworfen hat und um sein Leben rennt?«
»Sie wissen es. Und was sagen sie? Sie sagen wie mit einer Stimme, Cadfael, daß eine solche arme Seele - Waliser noch dazu und ohne Verwandte oder Privilegien hier in England natürlich fortläuft, sobald das Auge des Gesetzes auf ihn fällt, da er sicher ist, beschuldigt zu werden, solange er nicht beweisen kann, daß er zur entscheidenden Zeit mindestens eine Meile entfernt war. Könnt Ihr daran etwas Falsches finden?
Das habe ich mir ja auch selbst gesagt, als Ihr mir die Botschaft überbrachtet.«
»Daran ist nichts Falsches«, entgegnete Cadfael nachdenklich. »Und doch gibt
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