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Lösegeld Für Einen Toten

Lösegeld Für Einen Toten

Titel: Lösegeld Für Einen Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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jungen Alan Herbard. Aber Will Warden wird ihn im Auge behalten. Warum? Erwartet Ihr etwa einen Fluchtversuch, sobald ich ihnen den Rücken kehre?« Nach seinem Tonfall zu urteilen, machte sich Hugh keine großen Sorgen deswegen.
    »Wenn es darauf ankommt, kann man bei niemandem absolut sicher sein, aber diese beiden wurden bei Owain ausgebildet und messen sich an ihm, so vertraue ich im großen und ganzen ihrem Wort.«
    So dachte auch Cadfael. Und doch war es möglich, daß jeder Mensch in eine außergewöhnliche Lage kommen, wider seine eigene Natur handeln und genau das Gegenteil tun mochte. Cadfael sah die beiden Vettern noch einmal, als er heimkehrte und durch den Außenwall trat. Sie waren droben auf dem Wachgang des Hauptwalls, wo sie in einer der weiten Lücken zwischen den Zinnen lehnten und über die geschäftigen Burghöfe zur dunstigen Ferne der Straße nach Wales hinter der Stadt hinausblickten. Eliud hatte den Arm um Elis' Schultern gelegt, damit sie bequem in die Lücke paßten, und ihre Gesichter waren einander zugewandt und schienen gleichermaßen gespannt und verschlossen. Cadfael wanderte mit diesem Doppelbild vor dem inneren Auge, das auf seltsame Weise einprägsam und aufwühlend war, durch die Stadt zurück.
    Mehr denn je erschienen sie ihm wie Spiegelbilder, bei denen Rechts und Links austauschbar waren: die helle und die dunkle Seite ein und desselben Geschöpfes.
    Sybilla Prestcote reiste ab, den Sohn auf seinem stämmigen braunen Pony dicht an ihrer Seite. Der Geleitzug von Dienern und Packpferden wirbelte den Märzschlamm hoch, den die kürzlich aufgekommenen Ostwinde wieder zu feinem Staub trocknen würden. Hughs Vorausabteilung war bereits im Morgengrauen aufgebrochen, und er folgte mit dem Haupttrupp von Bogenschützen und Bewaffneten gegen Mittag. Die Nachschubwagen knirschten zwischen den beiden Gruppen über die Nordstraße; Hugh würde sie auf dem Weg nach Oswestry bald überholen und hinter sich lassen. In der Burg stellte ein etwas nervöser Alan Herbard, der ehrgeizige Sohn eines Ritters, gewissenhaft Wachposten auf und machte aus Angst, beim erstenmal etwas übersehen zu haben, jede Runde zweimal. Er war athletisch gebaut und im Umgang mit Waffen recht geschickt, doch besaß er bislang kaum Erfahrung und war sich wohl bewußt, daß einige Unterführer, die Hugh zurückgelassen hatte, für die anstehende Aufgabe besser gerüstet waren als er. Sie wußten es natürlich auch, aber sie ersparten ihm eine allzu offensichtliche Demonstration dessen.
    Nachdem die Hälfte der Garnison ausgezogen war, senkte sich eine seltsame Stille über Stadt und Abtei, als könnte dort nichts Böses geschehen. Die walisischen Gefangenen waren in den Mauern zur Langeweile verdammt, die Suche nach Gilberts Mörder war in eine Sackgasse geraten, und außer der täglichen Routine von Arbeit, Freizeit und Gottesdiensten gab es nichts zu tun als zu warten.
    Und nachzudenken, da das Handeln sich verbot. Cadfael fand nun Gelegenheit, beharrlich und tief über die beiden fehlenden Stücke im Mosaik nachzusinnen: Einon ab Ithels goldene Nadel, an die er sich ganz deutlich erinnerte, und das geheimnisvolle Tuch, das er nie gesehen und das dennoch einen Mann erstickt hatte.
    Aber war es wirklich so sicher, daß er es nie gesehen hatte? Nicht bewußt jedenfalls, aber es war dagewesen, hier in der Enklave, in der Krankenstation, in jenem Raum. Es war dort gewesen, und nun war es nicht mehr da. Die Suche nach dem Tuch hatte noch am gleichen Tag begonnen, und das Tor war allen Männern verschlossen worden, die etwa versuchen wollten, sich direkt nach dem Todesfall zu entfernen. Wie groß aber mochte die verbliebene Zeitspanne für den Mörder gewesen sein? Zwischen dem Rückzug der Klosterbrüder ins Refektorium und dem Auffinden des toten Gilbert konnte der Mörder ungehindert durchs Tor gegangen sein. Es war eine Spanne von wohl zwei Stunden. Dies war eine Möglichkeit.
    Die zweite, sinnierte Cadfael, ist die, daß sowohl Tuch als auch Nadel noch da waren - irgendwo in der Enklave, aber so gut versteckt, daß sie trotz der intensiven Suche nicht entdeckt worden waren.
    Und die dritte... er hatte den ganzen Tag über sie gegrübelt, und obwohl er sie immer wieder als sinnlose Verirrung abgetan hatte, ließ sie ihm keine Ruhe: fast schien sie ihm das einzige Schlupfloch zu sein. Zwar hatte Hugh von dem Augenblick an, als das Verbrechen bekanntgeworden war, einen Wächter am Tor aufgestellt, doch man hatte drei Leute

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