Lösegeld Für Einen Toten
den er vorher durchgemacht hatte. Cadfael konnte Anion jetzt vergessen. Anions Hände waren sauber.
»Wenigstens habt Ihr mir«, bemerkte Owain nachdenklich, während die beiden ihre Plätze einnahmen, »im Austausch für meine acht, die noch gefangen sind, einen Mann geschickt. Und er ist kein schlechter Mann. Aber wohl nicht im Kampf erfahren.«
»Er ist ein ausgezeichneter Viehhirte«, erwiderte Cadfael.
»Er hat eine gute Hand für alle Tiere. Ihr könnt beruhigt die Pferde seiner Obhut übergeben.«
»Und Ihr verliert damit, so nehme ich an, Euren Hauptanwärter auf den Strick. Kommen Euch nicht doch noch Zweifel?«
»Kein einziger. Ich bin sicher, daß es sich so verhielt, wie er sagte. Er träumte von der Rache an einem starken, rücksichtslosen Mann und fand einen Hinfälligen, den er nicht anders als bedauern konnte.«
»Kein schlechter Ausgang«, sagte Owain. »Und nun, glaube ich, sollten wir uns an einen ruhigeren Ort zurückziehen, damit Ihr uns berichten könnt, was immer Ihr uns zu berichten habt, und fragen könnt, was immer Ihr fragen wollt.«
In der Kammer des Prinzen saßen sie um die kleine, durch ein Drahtgeflecht geschützte Kohlenpfanne: Owain, Tudur, Einon ab Ithel und Cadfael. Cadfael hatte die Schachtel mitgebracht, in der er die Wollfetzen und den goldenen Faden aufbewahrte. Diese kostbaren Schattierungen von Dunkelblau und hellem Rosa konnte man nicht exakt im Gedächtnis behalten; man mußte sie immer wieder dem Auge vorhalten und mit dem vergleichen, was vielleicht gefunden wurde. Er hatte etwas Angst, die Schachtel zu öffnen, da schon ein schwacher Luftstrom die fast schwerelosen Fäden herauswehen konnte. Nur ein Hauch, und seine Schätze waren weg.
Er hatte mit sich gerungen, wieviel er erzählen sollte, doch im Licht von Cristinas Enthüllung und da ihr Vater an der Beratung teilnahm, erzählte er alles, was er wußte - wie der gefangene Elis sich unglücklich in Prestcotes Tochter verliebt hatte, wie die beiden keine Hoffnung gesehen hatten, für ihre Verbindung die Billigung des Sheriffs zu erlangen, so daß sich ein Grund für Elis ergab, die Ruhe des Verletzten zu stören - ob er nun das Hindernis vor seiner Liebe durch Mord beseitigen wollte, wie Melicent behauptete, oder um sein aussichtsloses Anliegen vorzubringen, wie Elis selbst eingewandt hatte.
»So war das also«, sagte Owain und wechselte mit Tudur einen geraden, harten Blick; der Blick war weder überrascht, noch zeugte er von Mitgefühl oder Vorwurf. Tudur war mit seinem Prinzen durch eine enge persönliche Freundschaft verbunden und hatte mit ihm gewiß über Cristinas Enthüllungen gesprochen. Hier zeigte sich die andere Seite der Münze. »Und das war, nachdem Einon Euch verlassen hatte?«
»Ganz genau. Es stellte sich heraus, daß der Junge versucht hatte, mit Gilbert zu sprechen, worauf Bruder Edmund ihn hinauswies. Als das Mädchen davon hörte, nannte sie ihn einen Mörder.«
»Aber Ihr seid nicht damit einverstanden. Und es scheint, als hätte auch Beringar es nicht akzeptiert.«
»Es gibt weiter keine Beweise dafür, außer dem, daß er sich neben dem Bett aufhielt, als Edmund kam und ihm die Tür wies. Und dann, versteht Ihr, war da noch die goldene Nadel.
Wir bemerkten erst, daß sie fehlte, als Ihr, mein Herr, schon auf dem Heimweg wart. Und offensichtlich hatte Elis sie nicht bei sich, noch hatte er eine Gelegenheit gehabt, sie irgendwo zu verstecken, bevor er durchsucht wurde. Deshalb war noch jemand anderes in dem Raum gewesen und hatte sie weggenommen.«
»Aber nun, da wir wissen, was mit meiner Nadel geschah«, sagte Einon, »und zufrieden sind, daß Anion nicht den Mord beging, gerät der Junge doch abermals in Gefahr, des Mordes an einem kranken und schlafenden Mann angeklagt zu werden. Allerdings«, fuhr er fort, »paßt das schlecht zu dem, was ich über ihn weiß.«
»Wer von uns«, sagte Owain düster, »hätte noch nie etwas Unehrenhaftes getan, das sehr schlecht zu dem paßt, was unsere Freunde über uns wissen? Ganz zu schweigen von dem, was wir über uns selbst wissen oder zu wissen glauben!
Ich würde jedem Mann zutrauen, daß er einmal in seinem Leben eine schreckliche Schandtat begeht.« Er blickte zu Cadfael. »Bruder, ich erinnere mich an Eure Worte in der Halle, daß es noch etwas anderes gibt, das Ihr finden müßt, bevor Ihr Prestcotes Mörder gefunden habt. Was ist dieses Ding?«
»Es ist das Tuch, das benutzt wurde, um Gilbert zu ersticken. Es wurde ihm über Nase
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