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Lösegeld Für Einen Toten

Lösegeld Für Einen Toten

Titel: Lösegeld Für Einen Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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und Mund gepreßt, und er atmete Fäden in die Nasenlöcher und biß hinein, und einige Fäden fanden wir auch in seinem Bart. Es ist kein gewöhnliches Tuch. Elis besaß nichts in dieser Art und hielt auch nichts in den Händen, als er aus der Krankenstation herauskam. Als ich die Fädchen gefunden und verwahrt hatte, suchten wir auf dem ganzen Gelände der Abtei danach, denn es mochte ein Wandbehang oder ein Altartuch sein, aber wir haben nichts gefunden, was zu diesen Fädchen paßt. Solange wir nicht wissen, was es war und was mit ihm geschehen ist, wissen wir auch nicht, wer Gilbert Prestcote tötete.«
    »Und das ist gewiß?« fragte Owain. »Ihr habt dem toten Mann die Fäden aus den Nasenlöchern und dem Mund gezogen? Und Ihr glaubt, Ihr könntet das Tuch erkennen, mit dem er erstickt wurde, wenn Ihr es seht?«
    »Das glaube ich in der Tat, denn die Farben sind deutlich sichtbar und es sind keine gewöhnlichen Farbtöne. Ich habe die Schachtel hier. Aber öffnet sie mit Vorsicht. Was drinnen ist, ist fein wie Spinnweben.« Cadfael reichte sie über die Kohlenpfanne. »Aber nicht hier. Der Auftrieb der warmen Luft könnte die Fädchen fortwehen.«
    Owain ging beiseite und hielt die Schachtel unter eine Lampe, damit das Licht hineinfallen konnte. Die winzigen Fädchen zitterten leicht und blieben ruhig liegen. »Da ist ein Goldfaden, das ist klar; ein gedrehter Faden. Der Rest - ich kann an den vielen Härchen und der lebendigen Beschaffenheit erkennen, daß es Wolle ist. Eine dunkle Farbe und eine hellere.« Er musterte sie von nahem, doch dann gab er kopfschüttelnd auf. »Ich könnte nicht sagen, was für Farbtöne das sind, nur daß das Tuch mit Goldfäden durchwirkt wurde.
    Und ich glaube auch, daß es ein schweres Tuch ist, dichtgewoben, denn die Wolle ringelt und kräuselt sich. Das Garn besteht wohl aus vielen solcher feinen Haare.«
    »Laßt mich sehen«, sagte Einon und beugte sich mit zusammengekniffenen Augen über die Kiste. »Das Gold kann ich sehen, aber die Farben... nein, das sagt mir nichts.«
    Tudur lugte hinein und schüttelte den Kopf. »Wir haben hier kein richtiges Licht, mein Herr. Am Tag würden die Fäden ganz anders aussehen.«
    So war es, denn das sanfte Licht der Öllampen ließ das Haar des Prinzen wie tiefgoldenes Getreide zur Erntezeit erscheinen, fast schon braun. Bei Tageslicht hatte es das Gelb von Schlüsselblumen. »Es wird besser sein«, stimmte Cadfael zu, »diese Angelegenheit bis morgen ruhen zu lassen. Selbst wenn wir besser sehen könnten, um diese Zeit können wir nichts tun.«
    »Das Licht trügt das Auge«, sagte Owain. Er klappte den Deckel über den hauchzarten Fädchen zu. »Warum glaubtet Ihr, Ihr könntet hier finden, was Ihr sucht?«
    »Weil wir das Tuch in der ganzen Abtei nicht finden konnten, mußten wir außerhalb suchen, bei allen Männern, welche die Abtei verlassen haben. Der Herr Einon und zwei Hauptmänner waren aufgebrochen, kurz bevor wir diese Fäden entdeckten. Es besteht die Möglichkeit, wie unwahrscheinlich auch immer, daß dieses Tuch unwissentlich mit ihnen gegangen ist. Bei Tageslicht werden die Farben als das zu sehen sein, was sie wirklich sind. Vielleicht könnt Ihr Euch dann auch erinnern, einen solchen Stoff gesehen zu haben.«
    Cadfael nahm die Schachtel wieder an sich. Es war im besten Falle eine unsichere Hoffnung gewesen, und es blieb ja auch immer noch der nächste Tag. Das Leben eines Mannes und sein Seelenheil hingen von diesen paar zitternden Fädchen ab, deren Hüter Cadfael war.
    »Morgen«, sagte der Prinz entschieden, »werden wir es im Lichte Gottes, da das unsere zu schwach ist, noch einmal versuchen.«
    In den frühesten Morgenstunden der gleichen Nacht erwachte Elis in der dunklen Zelle in der Außenmauer der Burg von Shrewsbury. Er lag angespannt lauschend da, kämpfte sich aus der Benommenheit des Schlafes und fragte sich, was ihn aus einem so tiefen Schlummer gerissen haben mochte. Er hatte sich an die Alltagsgeräusche dieses Ortes und die normalerweise ungebrochene Stille der Nacht gewöhnt. Diese Nacht aber war anders, denn sonst wäre er nicht so grob aus der einzigen Zuflucht vor dem Elend seiner Tage gerissen worden. Etwas war nicht so, wie es sein sollte; jemand regte sich um eine Zeit, um die es sonst immer Schweigen und Stille gegeben hatte. Die Luft schien erfüllt von leichten Bewegungen und fernen Stimmen.
    Sie waren nicht eingesperrt, ihr Wort war ohne Mißtrauen akzeptiert worden. Das war Band genug, um

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