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Löwe gut - alles gut

Löwe gut - alles gut

Titel: Löwe gut - alles gut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Max Kruse
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Nekaragien bei Prinz Panja — die lange Abwesenheit von Sultanien also — hatten das Kamel vergessen lassen, daß es hier außer ihm noch Hunderte, ja viele Tausende von Trampeltieren gab, die ihm aufs Haar glichen.
    Es hatte sich einfach zu sehr daran gewöhnt, ein einmaliges Geschöpf zu sein, dem man Respekt schuldete und das jeder mit der Achtung behandelte, die einem Freunde des Sultans zukam.
    Natürlich wußte man auch in Sultanien, daß der Sultan ein Lieblingskamel hatte — aber woran sollte man es erkennen?
    Als es sich aus dem Palast entfernte, wurde es von manchen Leuten auf der Straße freundlich gegrüßt, viele Verbeugungen mit auf das Herz gelegter Hand wurden vor ihm gemacht, man raunte sich zu: »Seht her, das Sultanskamel, der Freund des Polizeipräsidenten Löwe... wisperwisper, wisperwisper!« Und so fort.
    Das Kamel hatte geschmeichelt zurückgenickt, war aber hochnäsig weitergewandert. Und nach und nach hörten die Grüße auf. Je weiter es sich vom Palast entfernte, desto seltener wurden sie. Schließlich gab es sogar Menschen, die sich über das unbegleitete, einzeln spazierengehende große Tier wunderten.
    Es merkte davon nichts. Es war viel zu vergnügt, daheim zu sein. Es drängte sich durch die engen, von Gewölben überdeckten Gassen des Basars. Dieser bestand aus einem Labyrinth von Geschäften und Verkaufsständen. Turbane, Feze, verschleierte Frauen bewegten sich Kopf an Kopf. Überall wurde gehandelt und gefeilscht, geklopft, geschrien und angepriesen. Parfüms dufteten süß und betäubend. Töpferwaren, Leder und Goldschmiedearbeiten wurden ausgestellt. Eine Auslage preßte sich an die andere. Oft mußte das Kamel stehenbleiben, weil es im Gewimmel der Menschen einfach nicht vorankam. Es wollte ja auch keines der auf dem Boden herumspielenden Kinder treten oder gar verletzen. Es sah auch viele Teppiche vor den Geschäften hängen, und es wunderte sich, daß immer wieder und immer noch Teppiche gekauft wurden. Bei Allah! dachte es, wer kann nur Gefallen an ihnen finden?
    Vielleicht — man könnte jedenfalls darüber nachdenken — hatte es so eine große Abneigung gegen die Teppiche im allgemeinen, weil sie nun einmal aus den Haaren von Tieren, von Schafen und Ziegen, aber auch von Kamelen hergestellt werden.
    Kurz und gut, es wendete sich ab und stolzierte davon. Überhaupt wurde ihm das Menschengewimmel lästig, es entfernte sich aus dem Basar und aus der Altstadt durch das südliche Tor und begann draußen vor Lust und Wonne zunächst zu traben und später zu galoppieren. So stob es donnernd durch die Äcker, durch Olivenplantagen und gelangte auf ein Feld, auf dem sich ein graues Nomadenzelt zwischen Kakteenstauden verbarg.
    Nomaden, das sind Hirten, die sich nirgends fest niederlassen, sondern mit ihren Herden umherziehen. Manchmal besitzen sie nicht einmal ein Zelt — aber diese hier hatten eines, das sie direkt neben einem, von einer verfallenen Mauer umgebenen, offenbar verlassenen kleinen Hof aufgeschlagen hatten.
    Hier draußen wußte niemand mehr, daß unser Kamel des Sultans mehr oder weniger weiser Berater war — ach, überhaupt, der Sultan war weit, und die Erde ist groß, wenn man wandert und wandert...
    Hier sah man nur ein frei umherlaufendes Kamel, das offenbar keinen Herren hatte, und deshalb also lief es gleich nicht mehr frei umher. Ohne daß es recht wußte, wie es dazu kam, hatte es plötzlich ein Seil um den Hals! Es wurde gewürgt und geschlagen, und je mehr es sich wehrte und aufbäumte, desto mehr wurde es gewürgt und geschlagen. Es wurde in den winzigen Hof gesperrt und gestoßen, wo man es an allen vier Beinen anpflockte.
    Es war gefangen!
    Zunächst war es so überrascht, daß es kaum begriff, was mit ihm geschehen war.
    Etwas Schreckliches jedenfalls! Es tobte, brummte und brüllte, aber vergeblich. Drei Männer, die in grobe graubraune Tücher gehüllt waren, unrasierte Kerle mit weißen Bartstoppeln auf der dunklen Haut, hieben mit Knüppeln auf es ein und zwängten ihm einen Maulkorb über.
    Und als sie es endlich so fest angebunden hatten, daß es sich nicht befreien konnte, als sie es allein ließen, da fiel ihm mit Schrecken ein, daß es dem Sultan hinterlassen hatte, er möge nicht auf es warten, denn es würde lange, sehr lange Spazierengehen!
    Sein Leidensweg begann!

Keine Lebensrettung

    Noch schlief der Sultan tief und fest. Niemand wagte, ihn zu wecken.
    So können wir rasch noch Lord Pampelmouse und seinen Butler John begleiten.

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