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Loewenstern

Loewenstern

Titel: Loewenstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adolf Muschg
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und schrie so lange
uka-eh, uka-eh
, bis ein Matrose wieder rüstig genug war, die Herausforderung anzunehmen. Doch keiner kam zum Sprung, bevor er nicht sein Stück Alteisen unter das Kopfkissen der Schönen gesteckt hatte.
    Einmal ging ich zu einem Kontrollgang unter Deck, und da es hinter der Tür Tolstois auffallend rumorte, öffnete ich sie und stieß auf die ekelhafteste Szene. Unsere Japanesen beschäftigten sich mit der Äffin auf eine Weise, die ich nicht beschreiben mag; vor dem Grafen kniete einer, dem der Graf seine Männlichkeit in den Mund gestoßen hatte. Nur herein, Löwenstern, sagte er in aller Ruhe, ist das kein Bild? Genießen Sie es doch mit. Die Insulanerinnen lassen keinen Gelben drüber, doch am Ende sind es auch Männchen, und so hilft man sich, wie man kann.
    Ich warf die Tür zu, und danach kam mir das Treiben auf Deck fast wieder menschlich vor. Wenn sich die Aufregung erschöpft hatte, glich das Schiff einem Lazarett, nur die Frauen erhoben sich pudelmunter und hatten ihr Altmetall im Beutel, wenn sie über die Reling hüpften und wie Fischlein dem Ufer zuschwammen. Auf halbem Weg warteten schon die Männer auf sie, um ihnen den Tageslohn abzunehmen.
    Mit Resanow und seiner Entourage hatten wir auch beim Landgang nichts mehr zu schaffen, doch leider war sein Großmaul nicht zu überhören. Er wollte es nie unter einer Prinzessin getan haben, aber auch die Königinmutter mußte er nehmen, um die Gastlichkeit nicht zu verletzen. Was die Partei des Kapitäns betrifft, kann ich nur für Horner gutsagen. In Nukahiwa litt er Zahnweh, aber auch einBeinbruch hätte ihn nicht auf der
Nadeschda
zurückgehalten. Krusenstern beschränkte sich im allgemeinen darauf, seine jungen Neffen, die Kotzebues, an der Versuchung vorbeizuführen, doch einmal war ich Zeuge, wie sich eine Inselschöne auf ihn selbst kaprizierte. Er glaubte, sie schon verscheucht zu haben, als sie wieder auftauchte, diesmal von Kopf bis Fuß mit Kokosfett eingeölt, was sie für ein unfehlbares Liebesmittel zu halten schien. Ihr
Uka-eh!
wollte nicht verstummen, bis Krusenstern einem Bootsmann den Wink gab, der Frau zu Willen zu sein, und der zog sie hinter den nächsten Busch.
    Das Schicksal der Äffin ist noch weniger schön. Gewöhnlich war sie mit einem Panzer gefesselt, in dem sie der Graf zu führen beliebte – etwa zu Krusensterns Pult, wo er ihr zeigte, wie man ein Logbuch versaut; und zu seinem innigen Vergnügen riß sie einige Tagewerke der
Nadeschda
kurz und klein. Darauf sollten die Japanesen sie hüten, denen sie alsbald entwischte, und einen Versuch des Grafen, sie wieder einzufangen, beantwortete sie mit einem Biß. Darauf schmetterte er das Tier auf die Planken und mußte ihm den Schädel gebrochen haben, denn Blut lief aus Nase und Ohren, und so gab er der armen Kreatur fluchend den Gnadenstoß. Das Leben an Bord langweilte ihn, und er pöbelte an, wen er konnte. Gab dieser mit gleicher Münze zurück, folgte die übliche Forderung, mit der er diesmal nichts riskierte, da Krusenstern das Duellieren auf dem Schiff bei Todesstrafe verboten hatte. Er durfte jeden ungestraft ohrfeigen, und Kajütenarrest war ihm ein Vergnügen; dann hatte er Muße, seine schmutzigen Romane zu lesen.
    Nichts mehr von Tolstoi.
    Auch Otto und Moritz, die Kotzebue-Brüder, haben ihre Unschuld auf der Reise nicht gänzlich bewahrt – wohl eher die Unschuld sie. Ihr Glück, daß sie nicht ihrem Vater, dem großen Dichter, nachschlagen, sondern einer braven Mutter, die sie zu früh verloren haben. Sie war eine
von Essen
wie Minchen, meine Kinderbraut. Dieser Stammbaum ist solider als die Löwensterns.
    Der andere Lichtblick war Horner, auch wenn er, der so viel zu leiden hatte, dafür auch andere leiden ließ. Auf Nukahiwa verlangte er, das Gesicht vom Zahnweh verzerrt, mit seinem richtigen Namenangesprochen zu werden. Er heiße nicht
Iwan Gorner
. Auch Russen sei es zumutbar, ein «h» zu bilden und ihn
Herrn
Horner zu nennen. Den Doktor schenke er ihnen, da auf der
Nadeschda
jeder Passagier Doktor sein wolle, Professor gar, wie Langsdorff, oder Hofrat, wie Tilesius. Horner, als Schweizer, gewöhne sich nicht an diese Titelei. Aber auf dem «h» müsse er bestehen.
    Herr Horner, beschwichtigte ich, und was machen sich die Russen aus
meinem
Namen? Ermolai Levenshtern, ist das besser? und klingt auch noch jüdisch.
    Man darf sich immerhin ein «von» dazudenken, sagte Horner, Sie sind ein Edelmann wie Krusenstern, und hieße ich Ermolai

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