Lohn der Angst
hier wieder fortzukommen.
Am Lagertor der Crude hing ein Stellenangebot:
Hervorragende Truck-Fahrer gesucht.
Gefährliche Arbeit. Hohe Bezahlung.
Näheres im Personalbüro.
Am Morgen hatte eine Konferenz im Bungalow des Bosses stattgefunden; zwischen ihm, dem Spezialisten, den man aus Dallas, Texas, geschickt hatte – er war soeben in einem Flugzeug der Gesellschaft eingetroffen –, sowie den Chefs des Transportwesens und der Materialverwaltung.
»Noch ein Glück, daß wir das Nitroglyzerin hier haben«, brummte O’B. Er drückte seinen Zigarrenstummel auf dem Fensterbrett aus, gegen das er sich gelehnt hatte, spuckte aus dem Fenster und kam an den Tisch zurück, wo die Ingenieure saßen.
»Noch ein Glück«, wiederholte er. »Aber die Leute ... seht zu, woher ihr die bekommt, mir ist das egal. Ich weiß nur, daß man das Öl nicht ewig brennen lassen kann. Wenn wir nicht sofort etwas unternehmen, müssen wir warten, bis der Passat umschlägt.«
»Was sagt der Wetterdienst?« fragte der Mann aus Dallas. »Wann?«
O’Brien zuckte die Achseln und stieß einen Fluch aus. Der Wetterdienst! Niemand in diesem verdammten Land konnte das Umschlagen des Windes voraussagen. Jedes Jahr gingen deswegen ein oder zwei Schoner verloren. Es konnte in einem Monat sein, aber wahrscheinlich noch in acht Tagen.
Der Chef des Transportwesens leerte sein volles Glas Whisky mit einem Zuge.
»Wie mir scheint, wird jetzt hier eine Entscheidung zur Diskussion gestellt, die längst gefällt worden ist, und zwar ohne daß man uns angehört hat. Der Zettel, auf dem die Chauffeure gesucht werden, hängt bereits seit heute früh am Tor.«
Seine Stimme klang gereizt. Es war ihm gerade recht, daß er vor dem Vertreter der Hauptverwaltung die Art anprangern konnte, mit welcher der Ire seine Mitarbeiter behandelte.
»Ja, und gerade weil der Zettel schon draußen hängt, scheint mir das alles hier Zeitverschwendung«, schnitt ihm O’B das Wort ab. »Fassen wir zusammen: Es ist unsinnig, aus den Staaten Spezialchauffeure kommen zu lassen. Überhaupt bei den Fahrzeugen, die wir ihnen zu bieten haben: sind doch lauter Himmelfahrtskutschen, nicht wahr, Humphrey?«
Bei der Nennung seines Vornamens zuckte der Chef des Transportwesens zusammen, als habe ihn etwas gestochen. Der alte Bulle schlägt zurück, sagten sich der Materialchef und der Sprengungsspezialist.
»Allerdings, unter dem Gesichtspunkt der Sicherheit lassen sie zu wünschen übrig«, stotterte der »gestochene« Humphrey. »Wenn man auf mich gehört hätte...«
»Auf mich werden Sie jetzt hören. Wenn wir Chauffeure aus den Staaten kommen lassen, dann gibt es zwei Möglichkeiten: entweder sie weigern sich, das Nitroglyzerin auf Fahrzeugen zu transportieren, die keinerlei Sicherheitsvorrichtungen haben, oder sie akzeptieren es. Wenn sie sich weigern, müssen wir Spezialtrucks aus Dallas kommen lassen. Das kostet viel Geld und dauert lange. Und wenn wir dann die Burschen wieder heimschicken und, um auf meine Lösung zurückzukommen, Leute von hier einstellen, dann könnt ihr aber mal die Gewerkschaft schreien hören.«
»Die Gewerkschaft schreien hören« war von jeher der dauernde Alpdruck aller Direktoren amerikanischer Nutzungsgesellschaften: O’B konnte einen Punkt für sich buchen.
»Natürlich wird es einige Scherben geben«, fuhr der Ire fort. »Bei den schwierigen Wegen, bei der Bodenbeschaffenheit fliegt mindestens jeder zweite Wagen in die Luft. Die Burschen laden ja keine Schlagsahne, sondern Ni-tro-gly-ze-rin!«
Er trennte die Silben mit starker Betonung. Das Angerufene stand drohend im Raum. Gespanntes Schweigen herrschte.
»Und was weiter?« fragte schließlich der Feuerwerker.
»Sie rechnen mit einer Ladung von wieviel Litern auf wieviel Wagen?«
»Etwa anderthalb Tonnen auf fünf bis sechs Fahrten verteilt. Das Risiko muß so klein wie möglich sein. Sie haben nur zwei Tonnen hier. Wenn wir nicht genügend davon heranbringen und zuviel unterwegs verlieren, ist die ganze Sache nutzlos.«
»Wieviel kosten die Spezialtrucks?« fragte O’B den Transportchef.
Dieser kramte in seiner Aktenmappe nach den Listen. Der Ingenieur von der Hauptverwaltung antwortete vor ihm:
»Siebentausendfünfhundert Dollar das Stück.«
»Plus tausend Packs Transportkosten. Plus Versicherungsprämie, und was für eine Prämie! Plus...«
Seine Stimme überschlug sich, er schöpfte neu Atem und schloß: »Zu teuer.«
Wieder war das Schweigen spürbar. O’B
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