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Lohn der Angst

Lohn der Angst

Titel: Lohn der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Arnaud
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einzigen Basars am Orte. Beide trieben mit Stürmers Vorschlägen und Hoffnungen ihr Spiel. Gérard hatte von Anfang an begriffen, daß die zwei Guatemalteken ihn tatkräftig unterstützen würden, wenn er persönlich einiges Geld in die erste Expedition stecken könnte. Auch wollten sie ihm Geld vorstrecken, sobald er ein eigenes Schiff besaß. Unter dieser Voraussetzung hatten sie ihm zehntausend Packs zugesichert.
    Nun wußte er, daß ein Kneipenwirt an der Küste einen kleinen Schoner verkaufen wollte, der seetüchtig war; doch mußte das Fahrzeug erst überholt werden, was zweitausend Dollar kostete. Wer die Reparaturen machen ließ, konnte es sicherlich auf Kredit kaufen. Es war aus Teakholz, der Rumpf mit Kupfer ausgeschlagen. Das war der Mühe wert: einmal überholt, würde es leicht seine fünfzehntausend Packs wert sein. Aber Gérard hatte die zweitausend Dollar nicht, und es war für ihn genauso schwer, sie sich zu beschaffen, als wenn er das Zehnfache gesucht hätte. Das war das Problem. Mit zweitausend Dollar würde er zehntausend flüssig machen, die Sache ankurbeln und viel Geld verdienen.
    So lagen die Dinge seit bald elf Monaten. Zweimal in der Woche besuchte der Franzose seine eventuellen Teilhaber, um sie bei guter Stimmung zu halten. Die übrige Zeit lebte er so dahin. Manchmal ging er auch seinen zukünftigen Schoner inspizieren. Und außerdem war da noch Linda.
    Nicht nur Stürmer war dieser Totenstadt auf den Leim gegangen. Joseph Smerloff – bald Russe, dann Pole, Litauer oder Deutscher, je nach dem Gesprächspartner und dem letzten Stand der internationalen Politik – war ehemals Polizeichef in Honduras gewesen, bis er eines Tages fort mußte, und zwar im Laufschritt. Seine Leidensgenossen hielten sich an ihm schadlos.
    »Was, Joseph, da hattest du dir den feinsten General ausgesucht, und nachher war es der falsche?«
    »Blöde Affen«, antwortete Smerloff achselzuckend.
    Wenn man ihn nach seinen Plänen fragte, wurde sein Gesicht kalt und streng.
    »Was ich mache? Ich stelle eine Armee von ausgehungerten Mördern auf, die an dem Tag, an dem ich an ihrer Spitze in Tegucigalpa einrücke, in der Hauptstadt nicht einen Stein auf dem andern lassen werden.«
    Der Spaß bestand darin, ihn zu dem Geständnis zu bringen, daß er keinen Heller zum Ankauf der nötigen Waffen besaß. Er gestand das mit so verdrießlichem Gesicht ein, daß alle lachen mußten.
    Da war auch Bernardo Salvini, der Italiener, der aussah wie ein Chorknabe, dazu seine fünf Sinne nicht mehr ganz beisammen hatte. Er behauptete, daß er ein Visum für die USA hätte. Vielleicht stimmte das, vielleicht auch nicht. Sobald ein neuer Gast im Corsario auftauchte, setzte sich Bernardo zu ihm und fing sofort ein Gespräch an.
    »Sie sind noch fremd in der Stadt, Señor? Kommen Sie vielleicht aus den Staaten?«
    »Nein«, antwortete der Befragte, nachdem er in dies ängstliche Kindergesicht geschaut hatte.
    »Haben Sie jemals dort gelebt?« fuhr Bernardo fort.
    Und ohne eine Antwort abzuwarten, rasselte er seine Litanei herunter: »Denken Sie nur, Señor, wie furchtbar! Ich habe ein Visum für die Staaten, aber kein Geld; und mein Visum läuft in drei Monaten ab. In so kurzer Zeit werde ich nicht so viel verdienen können: die Fahrt kostet hundert Dollar. Ich bitte um Verzeihung, Señor, würden Sie vielleicht die Güte haben, mir das Geld zu leihen?«
    Natürlich hieß die Antwort immer: »Nein.«
    Und dann Johnny. Johnny hieß nicht wirklich so, er war Rumäne und war hierher geflohen, nachdem er seinen besten Freund mit einem Messerstich getötet hatte. Eines Abends, bei einer Sauferei. Er kam aus Tegucigalpa, wie Joseph. Das war eine dumme Geschichte gewesen; die Messerstechereien unter Freunden sind immer dumm. Aber jetzt, da Johnny in Gérard einen neuen besten Freund gefunden hatte, begann er den Verlust jenes Freundes, den er getötet hatte, weniger hart zu empfinden.
    Die anderen: Lewis, ein Engländer, der es nur mit Negern hatte und dessen Erscheinung die ganze Würde puritanischer Achtbarkeit ausdrückte; Juan Bimba, ein ehemaliger Dynamitero aus dem spanischen Bürgerkrieg, aus Mexiko ausgewiesen, wo Landsleute herausgefunden hatten, daß seine politischen Ideen nicht genügend mit den ihren übereinstimmten. Cacahuete, dessen Herkunft niemand kannte, Pedro, der Amerikaner, Deloffre, ehemals französischer Gesandter in Caracas, Steewes aus Bogota... zusammen waren es etwa zwanzig Männer, die nur einen Wunsch hatten: von

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