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Lohn der Angst

Lohn der Angst

Titel: Lohn der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Arnaud
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sprang es ihnen in die Augen, wie es im Mondschein dalag, ein böser runder Schatten, scharf umrissen. Gérard zog den Fuß zurück, der den Gashebel kaum berührt hatte, und setzte ihn behutsam auf die Bremse. Der Wagen lief, fast ohne Motor, mit seiner eigenen Beschleunigung bis an den Rand des Loches. Dann mußte man ihn abgebremst hineingleiten lassen, ohne daß der Motor wegblieb. Das Rad drehte sich knirschend, noch ein wenig, noch etwas, noch ... War der tiefste Punkt erreicht, gab es keine Zeit, zu verschnaufen: wieder aufs Gas und heraus aus dem Loch. Das verzerrte Chassis des Wagens stöhnte. Und während dieser ganzen Zeit hatten die beiden Angst; sie hielten den Atem an, bis das schwere Fahrzeug wieder auf ebener Fläche stand. Aber kaum eine Minute verging: da war schon das nächste Loch.
    Der Schweiß stand auf ihren Gesichtern, als hätte es geregnet. Die Schweißtropfen liefen schnell über die blinkende Haut, zögerten einen Augenblick bei den Bartstoppeln, entschlossen sich dann plötzlich und fielen direkt auf die durchnäßten Hemden nieder. Von Zeit zu Zeit trocknete Johnny sich mit einem großen Taschentuch Hals und Gesicht ab.
    Zweimal machte Gérard sich eine gute Wegstelle von einigen Metern zunutze, hielt den Wagen an, ließ sich gegen das Rückenpolster fallen und atmete tief ein. Er schaltete die Scheinwerfer ab.
    »Zigarette.«
    Das Zündholz beleuchtete zwei ernste Profile. Gérards Gesicht hatte sich entspannt. Mit schnellen Zügen zog er an dem weißen Röllchen, und der Widerschein der Glut unterstrich die Bitterkeit seines Mundes. Johnny rauchte auch. Eine tiefe Falte an seinem Mundwinkel zitterte. Beide Male fuhren sie weiter, ohne miteinander gesprochen zu haben.
    Unmerklich zuerst, dann immer auffälliger wurde der Weg besser. Der Streckenplan, der über ihren Köpfen hing wie ein Betthimmel, gab für das Wegstück, das jetzt zu Ende ging, eine Durchschnittsgeschwindigkeit von vier Kilometern an. Sie hatten dreieinhalb Stunden für sechzehn Kilometer gebraucht, hatten also eher einen kleinen Vorsprung.
    Die Löcher wurden immer seltener. In einer Viertelstunde, so Gott wollte, würden sie das »Wellblech« erreichen. So nennt man in den Tropenländern die Straßen mit festem Unterbau; die Regenzeit gräbt Tausende von kleinen Rillen in sie ein, ganz flach nur, kaum ein paar Zentimeter tief, und dicht nebeneinander. Diese Straßen muß man mit verhältnismäßig hoher Geschwindigkeit angehen, wenigstens mit achtzig Kilometern. Dann fliegt der Wagen über die Furchen hinweg, ohne darin hängenzubleiben, und man rollt wie auf einer Straße erster Ordnung. Die Schwierigkeit bestand für sie darin, auf die genügende Geschwindigkeit zu kommen, ohne Bruch zu machen. Dazu würden sie zweihundert Meter ebenes Gelände brauchen. Würden sie die finden?
    »Nimm du jetzt das Steuer, Johnny, ich kann nicht mehr.«
    Der Wagen hielt, nachdem er durch ein letztes Loch gefahren war. Sie stiegen beide aus. Gérard war am Ende seiner Kräfte. Seine Augen waren überanstrengt, die Lider brannten. Der Finger, den er sich geklemmt hatte, tat ihm weh, und die anderen Finger waren verkrampft von der Umklammerung des Steuerrades, Er wischte sich die feuchten Handflächen an der Hose ab. Eine leichte Brise hatte sich erhoben und klatschte ihnen die nassen Hemden an den Rücken. Ein kalter Schauer überlief sie. Gérard zog sein Hemd aus und nahm ein frisches aus dem Beutel. Aber er wartete, bis er trocken war, bevor er es anzog; auf der nackten Haut empfand er den Wind als warm. So stand er eine Weile da, das Hemd in der Hand, und reckte sich.
    Johnny fuhr an wie ein Fahrschüler. Um ein Haar hätte er mit einem zu hastigen Tritt auf die Kupplung die ganze Kutsche ins Schwanken gebracht. Die Pedale schienen wie Flugsand unter seinen Füßen zu liegen; er faßte die Gangschaltung an, als glühe sie. Die Straße, die sie erwartete, lief schnurgerade in die Weite, sehr schmal zwar, aber sonst verführerisch wie eine Autobahn, wenn nicht die Rillen gewesen wären. Die Scheinwerfer leuchteten zweihundert Meter voraus. Die Nadel am Tachometer schwankte zwischen fünfzehn und zwanzig Stundenkilometern. Die beiden ersten Gänge waren geschaltet, es blieben noch drei...
    Auf sandiger Strecke. Sie schien völlig eben. Man mußte wirklich sehr ungeschickt sein, um hier ins Schleudern zu kommen, in ein Abrutschen, das einen eigentlich nur in Kurven bedroht. Aber die Straße lief geradeaus bis an den Horizont. Selbst

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