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Lohn des Todes

Titel: Lohn des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Renk
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Gewaltpotenzial, die brutale Art der Vorgehensweise und die für uns |89| nicht ersichtliche Auswahl der Opfer machten es nicht einfacher. Auch wenn wir es nicht aussprachen, gingen wir alle davon
     aus, dass der Täter wieder zuschlagen würde.
    »Es ist kurz vor zwölf, wir beenden den Abend hiermit. Morgen früh möchte ich alles bisher Gesammelte noch einmal zusammenfassen.
     Wenn wir keine neuen Ansätze finden, müssen wir abwarten, ob die weiteren Ermittlungen und Analysen aussagekräftige Ergebnisse
     bringen. Dann können wir uns wieder treffen. Ich danke euch allen schon einmal.« Robert stand auf, streckte sich.
     
    Ich räumte die Gläser und das Geschirr in die Küche, spülte ab, ließ meine Gedanken schweifen. Ich hatte mehrfach mein Handy
     kontrolliert, aber mein Vater hatte nicht wieder angerufen. Falls wir morgen die OFA unterbrechen würden, könnte ich zu ihm
     fahren und ihn unterstützen. Ich hatte im Moment keine anderen, wichtigen Termine. Nachdem ich die Küche aufgeräumt hatte,
     ging ich langsam nach oben. Bisher hatte ich kein persönliches Wort mehr mit Martin gewechselt. Wie würde es nun weitergehen?
     Ich konnte mir kaum vorstellen, neben ihm einzuschlafen, so als wäre nichts gewesen.
    Die ganzen Gedanken um die OFA und den Unfall meiner Mutter hatten mich davon abgehalten, über Martin und mich nachzudenken.
     Nun traf mich die Wucht der Erkenntnis, dass unsere Beziehung so gut wie vorbei war. Martin hatte sich in eine andere Frau
     verliebt und mich betrogen. Selbst wenn er sich doch noch gegen Maria und für mich entschied, würde ich mit dem Vertrauensbruch
     klarkommen? Ich wusste es nicht.
    Unter der Schlafzimmertür schien Licht. Ich öffnete befangen die Tür. Martin saß auf dem Bettrand, der Hund lag zu seinen
     Füßen. Ich holte tief Luft, wusste nicht, was ich sagen wollte.
    »Ich kann Robert verstehen«, begann Martin leise. »Du bist tatsächlich eine Bereicherung für die OFA. Du hast klare Gedanken,
     bringst neue Aspekte in die Überlegungen mit ein.«
    |90| Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Danke? Geh zum Teufel?
    »Trotzdem war es keine so gute Idee von dir, hierher zu kommen«, fuhr er fort.
    »Warum nicht? Weil Maria eurer Liebesnest verlassen musste?«
    »Nun sei nicht ungerecht, Conny.«
    »Ungerecht? Was ist daran ungerecht?« Da war es, das Gefühl, auf das ich die ganze Zeit gewartet hatte. Wie das Zersplittern
     von Eis, das mich umgeben hatte. Es dauert nur einen Moment, doch dann schlug die Woge der Wut über mir zusammen. »Was glaubst
     du eigentlich, wer du bist? Und was glaubst du, mir unterstellen zu können? Wieso hätte ich nicht hierher kommen sollen? Es
     war schon saublöd von mir, heute Morgen zurückzufahren. Ich hätte dein Flittchen direkt rausschmeißen sollen. Wenn ich mich
     recht erinnere, ist dies auch mein Haus.«
    »Ich zahle dich aus.«
    »Ist das zu fassen? Soweit bist du schon mit deinen Plänen?« Martin senkte den Kopf. Ich schaute mich um, suchte nach etwas,
     was ich zerschmeißen konnte.
    »Das ist mir so rausgerutscht. Nein, ich habe noch nicht so weit gedacht. Ich weiß überhaupt nicht, was ich denken soll.«
     Er stöhnte leise. »Mir geht es verdammt schlecht.«
    »Mein Mitleid hast du nicht.« Ich lehnte mich gegen die Tür, verschränkte die Arme vor der Brust und versuchte, meinen hektischen
     Atem in den Griff zu bekommen.
    »Wirklich, Conny. Es ist nicht einfach. Ich weiß, ich habe eine Dummheit gemacht. Ich weiß aber nicht, wie ich da wieder rauskomme.
     Egal, was ich mache, ich verletze euch beide.«
    »Na, schönen Dank. Mir wäre es lieb, wenn du mich nicht auf eine Stufe mit dieser Person stellst.«
    Martin knetete seine Hände, sah mich dann an. »Maria ist nicht ›eine Person‹.«
    Den Kommentar dazu schluckte ich herunter, es wäre ein nicht jugendfreier Fluch gewesen.
    |91| »Wie soll es denn jetzt weitergehen?«, fragte Martin.
    »Ich habe nicht den blassesten Schimmer einer Ahnung. Du hast die Suppe eingebrockt, also löffele sie schön brav wieder aus.«
     Er tat mir leid, aber ich würde den Teufel tun und es ihm zeigen. »Ich bin jedenfalls müde.«
    Martin schüttelte den Kopf. »Und du willst jetzt einfach so ins Bett gehen?«
    »Hast du eine andere Idee? Ich fahre ganz sicher heute Nacht nicht bis nach Aachen.«
    »Ja, aber …«
    »Martin, reiß dich am Riemen. So ein potenter Mann wie du, der seine Freundin im Nebenzimmer vögeln kann, während seine Partnerin
     im Schlafzimmer liegt,

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