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Lohn des Todes

Titel: Lohn des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Renk
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auf.« Ich holte tief Luft.
    »Das ist eine gute Analyse, Conny. Vielleicht können wir damit etwas anfangen. Es wird dauern, bis wir herausgefunden haben,
     ob die anderen Opfer auch Münzen gesammelt haben und in der Hinsicht aktiv waren. Aber irgendwie glaube ich daran. Vielleicht
     möchte ich es auch einfach nur glauben, damit wir endlich eine Spur haben, etwas, wo wir ansetzen können.« Er grinste schief,
     schaute dann auf seine Uhr. »Die Kollegen werden die Nacht durcharbeiten und recherchieren. Wir sollten uns bis morgen vertagen.«
     Er nickte uns zu, strich sich müde über das Gesicht.
    Du wirst, dachte ich, sicherlich nicht nach Hause und zu Bett gehen. Du bleibst hier und verfolgst die Ermittlungen. Was war
     mit mir? Was sollte ich machen? Zweifelnd sah ich aus dem Fenster. Es war inzwischen dunkel geworden, und |123| ich fuhr ungerne nachts. Doch ich hatte vermutlich keine andere Wahl, als nach Aachen zurückzufahren.
    Leise seufzend stand ich auf, Charlie hob den Kopf.
    »Conny?« Martin sah mich an. Schmerz lag in seinen Augen. »Du kannst bei mir schlafen.«
    Ich dachte darüber nach, eine Sekunde, vielleicht zwei, aber es fühlte sich nicht gut an.
    »Nein.« Ich schüttelte den Kopf.
    »Ich nehme das Sofa.«
    »Nein. Wir würden uns nicht guttun, nicht jetzt.« Ich merkte, wie die ganzen Anklagen, die ich verdrängt hatte, in mir hochstiegen.
     Meine Wut auf ihn, auf Maria.
    »Es ist deine Entscheidung, du weißt, wo die Wohnung ist.« Er stand auf und ging zur Tür, sein Gang war seltsam steif, fast
     hölzern, als würde er sich nur unter Anstrengung aufrecht halten. Ich biss die Zähne so fest zusammen, dass mein Kiefer schmerzte.
    »Constanze?« Robert berührte mich leicht am Arm. Er lächelte verlegen. »Ich habe dich schon wieder in eine schwierige Situation
     gebracht.«
    »Ich fahre nicht gerne im Dunkeln.«
    »Meine Tante wohnt in Köln, ich bin bei ihr untergekommen. Du könntest dort auch übernachten.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Das geht doch nicht.«
    »Warum?«
    Ja, warum eigentlich nicht, dachte ich, aber ich sagte: »Ich kann doch nicht einfach mit zu deiner Tante kommen, das gehört
     sich nicht.«
    »Deine Eltern haben dir Manieren beigebracht, ich schätze so etwas. Aber hier geht es nicht um ›bitte‹ und ›danke‹, sondern
     um eine schwierige Situation während einer OFA.« Er lächelte.
    »Aber …«
    »Lass mich ausreden. Das Haus ist groß genug, es gibt ein Gästezimmer. Außerdem ist meine Tante verreist.«
    »Ich weiß nicht«, sagte ich unschlüssig.
    |124| »Conny, das ist hier nicht so eine Frage wie: Gehen wir zu dir oder zu mir? Wir sind Kollegen, und ich verspreche, ich werde
     ein vollendeter Gentleman sein.«
    Ich lachte, die Anspannung löste sich ein wenig. »Na gut, wenn du dir sicher bist, dass deine Tante nichts dagegen hätte …«
    »Nein, sie ist ein großherziger Mensch, meine absolute Lieblingstante. Und selbst wenn, sie bräuchte es gar nicht zu erfahren.«
     Er zwinkerte mir zu. »Ich muss nur eben noch etwas abklären, dann können wir fahren.«
    Eben noch etwas abklären, das kannte ich von Martin. Bei ihm dauerte »eben« schon mal eine Stunde oder länger. Seufzend ließ
     ich mich wieder auf den Stuhl fallen, rief den Hund zu mir. Charlie legte den Kopf auf meinen Schoß, ließ sich von mir hinter
     den Ohren kraulen.
    »Wir sind in einer verzwickten Situation«, flüsterte ich ihm zu. »Aber auch das werden wir überstehen. Irgendwie.«
    Keine fünf Minuten später stand Robert vor mir. »Wir können fahren.«
    Überrascht stand ich auf, griff nach meinem Rucksack. Robert suchte die Akten zusammen, nahm sie mit.
    »Ich hätte darauf gewettet«, sagte ich lächelnd zu ihm, als wir in seinem Wagen saßen, »dass du im Präsidium bleibst und die
     Ermittlungen verfolgst.«
    Für einen Moment schwieg er. »Du hättest die Wette gewonnen«, sagte er dann leise.
    »Und warum?«
    »Ich kann dich doch unmöglich jetzt hängen lassen. Irgendwie fühle ich mich für dich verantwortlich.«
    »Verantwortlich? Ich bin schon eine ganze Weile erwachsen.«
    »Ja, aber ich habe dich angerufen und dich hierher gebeten.«
    »Der Fall interessiert mich.«
    »Das ist sicher ein guter Grund, um zu kommen.«
    »Der beste.« Ich grinste und war froh, dass es zu dunkel war, als dass er mich sehen konnte.
    |125| »Und trotzdem hat es dich in eine unangenehme Lage gebracht.« Er stockte. »Dass du nicht mit Martin gegangen bist, kann ich
     gut

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