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Lohn des Todes

Titel: Lohn des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Renk
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Plötzlich merkte ich, wie hungrig ich war.
    »Nein, ich koche.« Er drehte sich zu mir um und lachte. »Wirklich. Pizza und Pommes sind ja praktisch, und Lieferdienste retten
     manchmal Leben, wenn man in einer OFA ist, aber auf die Dauer mag ich Fastfood nicht. Ich weiß vom Staatsanwalt, dass du eine
     hervorragende Köchin bist. Sei nicht zu streng mit mir.«
    Er hatte den Tisch im Esszimmer gedeckt, schlichtes Geschirr, schöne Gläser, Kerzen. Mein Glas war mit kaltem Weißwein gefüllt,
     Kondenstropfen verzierten das Glas wie Perlen. Sie funkelten im Kerzenschein. Es sah toll aus, eine Spur zu romantisch für
     meine Stimmung. Meine Zweifel wuchsen. Hatte Robert gar andere Intentionen, als nur einer Kollegin eine Unterkunft zu bieten?
    Zögernd setzte ich mich, wies Charlie an den Platz, er legte sich mir zu Füßen. Inzwischen kannte ich den Hund genau, hatte
     mit ihm trainiert. Er gehorchte auf Handzeichen und würde mich beschützen. Das gab mir Sicherheit. Ich nahm das Glas, trank
     einen kleinen Schluck.
    |128| »Essen kommt sofort«, rief Robert aus der Küche.
    »Kann ich helfen?«, fragte ich, doch er antwortete nicht.
    Kurze Zeit später trug er das Essen auf, es roch verführerisch. Dorade in Rosmarin-Speckmantel zu kleinen Kartoffeln in einer
     Kräutersoße und Salat.
    »Wahnsinn.« Ich starrte auf meinen Teller und traute kaum meinen Augen. »Wo kommt das denn so schnell her?«
    »Die Vorratskammer und das Eisfach meiner Tante sind gut gefüllt, und außerdem war ich heute Morgen einkaufen. Das war, bevor
     der Anruf aus dem Polizeipräsidium kam.« Er schaute sich um, verzog plötzlich das Gesicht. »Herrje. Entschuldige.«
    »Was?«
    »Ich habe ja maßlos übertrieben. Das sieht ja aus, als würde ich mich für das ›Perfekte Dinner‹ bewerben.«
    Ich lachte, es brach aus mir heraus. Robert sah mich an, Röte überzog sein Gesicht, dann senkte er den Kopf.
    »Es ist mir entsetzlich peinlich. Bitte denk nicht falsch von mir. Ich koche gerne, ich habe gerne Gäste. Dazu war viel zu
     wenig Zeit in den letzten Wochen. Ich wollte mich einfach austoben.«
    »Ich bin also quasi dein Opfer?«, fragte ich ihn und zwinkerte ihm zu, dann nahm ich das Besteck und aß. Es war köstlich.
    »Lecker«, sagte ich und schob den Teller beiseite. Nur noch die Haut des Fisches, einige Gräten und ein Rosmarinzweig hatte
     ich übrig gelassen. »Opfer. Der Gedanke an die Opfer lässt mich nicht los.«
    Überrascht sah Robert auf. »Opfer und lecker?«
    »Das Essen war hervorragend, die Opfer kann ich aber nicht vergessen. Es irritiert mich, dass wir nicht näher an den Täter
     herankommen. Bisher ist er so schwammig, schwer vorstellbar, eine vage Gestalt. Dabei haben wir einige Anhaltspunkte.«
    »Was glaubst du, wie alt der Täter ist?«
    »Dazu haben wir überhaupt keine Hinweise. Wenn wir nach den ersten beiden Opfern gehen und annehmen, dass es einen |129| persönlichen Hintergrund, ein privates Motiv gibt, dann muss er schon älter sein. Opfer eins war fast siebzig, Opfer zwei
     fast achtzig. Den Täter würde ich spontan in diese Altersgruppe einordnen.« Ich sah Roberts gerunzelte Stirn und hob den Zeigefinger.
     »Aber nur, wenn das mein einziger Beweis wäre. Und Sonja bricht das Schema. Zwei alte Menschen, eine junge Frau. Das macht
     das ganze Szenario fragil. Also spielt das Alter vermutlich keine Rolle, wenn Sonja sich nicht in Kreisen bewegt hat, in denen
     ältere Menschen vorherrschten.« Ich senkte den Kopf. Sonja war der Knackpunkt, bei Sonja kamen wir dem Täter nahe, eben weil
     er hier das Muster durchbrach. Dass, was Sonja mit den anderen Opfern verband, führte zum Täter. Davon war ich überzeugt.
    »Wir müssen mehr über Sonja herausfinden«, sagte ich leise, »wie auch immer.«
    »Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein älterer Mann diese Taten verübt hat, nur weil die Opfer nicht mehr jung waren.«
    Darüber dachte ich nach. »Wieso?«
    »Wegen der Brutalität, mit der er vorgegangen ist.«
    »Die Brutalität spricht für seine Wut, er hat ja die Opfer überwältigt, vielleicht sogar betäubt, dann gefesselt und gefangen
     gehalten. Sie konnten sich nicht wehren. Dadurch, dass er sie hat ausbluten, hungern, und dürsten lassen, waren sie geschwächt.
     Da musste er keine großen Kräfte anwenden.«
    »Er hat sie geschlagen, misshandelt.« Robert verzog das Gesicht.
    »Ja, aber um eine Zigarette auf jemanden auszudrücken, oder mit einer Peitsche, einem Stock oder Ähnlichem

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