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Lohn des Todes

Titel: Lohn des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Renk
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er an dem Schnitt
     durch die Kehle.«
    »Durch die Kehle, das ist die Wiederholung seiner ersten Tat, des Mordes an Gerda Hoffmann.«
    Überrascht sah Martin mich an. »Richtig, daran habe ich noch gar nicht gedacht.«
    »Bei der Hoffmann schneidet er die Kehle durch. Arterielles Blut spritzt aus der großen Wunde, besudelt alles. Möglicherweise
     hat er sich davor geekelt. Er hat das Opfer erst nach ihrem Tod vergewaltigt und vermutlich nur einmal. Es hat ihn angewidert.
     Das passiert ihm nicht noch mal. Bevor er wieder tötet, lässt er das Opfer ausbluten, langsam aber stetig.«
    »Das klingt schlüssig.« Robert hatte uns anscheinend zugehört.
    »Die Positionierung ist ungewöhnlich.« Ich nahm wieder das erste Bild vom Parkplatz zur Hand. »Das Opfer wurde anal missbraucht.«
     Es war keine Frage, es war deutlich zu sehen. Der After war aufgerissen, blaue Flecke bedeckten das Gesäß, ebenso Striemen.
    »Nicht nur anal. Wir haben auch Spermaspuren in der Mundhöhle gefunden.«
    »Vergewaltigt. Auf brutale Art und Weise.« Da war etwas, ein Gedanke, den ich einmal wieder nicht fassen konnte. »Die Positionierung
     erniedrigt das Opfer. Wie wurde Sonja gefunden?«
    »Bist du dir sicher, dass du die Bilder sehen willst? Du kanntest Sonja, hast weniger Distanz zum Opfer …«
    »Nun mach schon, Martin.«
    Er seufzte tief, nahm dann die andere Mappe hervor, schlug sie auf. »Auch Sonja wurde auf einem einfachen Rastplatz positioniert.
     Auch auf einer Bank.«
    Das nackte Mädchen starrte mit toten Augen in die Kamera. Doch die Augen waren mit Geldstücken belegt. Auf jedem Auge eines.
     Das ließ ihr Gesicht wie eine Fratze erscheinen, eine seltsame Maske. Die Züge waren vom Todeskampf verzerrt. |121| Auch ihr war die Kehle durchgeschnitten worden. Vielleicht war die Wiederholung der ersten Tat vom Täter ritualisiert worden.
    Ihre Beine waren gespreizt, die Knie fielen locker nach außen. Irgendetwas sah seltsam aus. Ich nahm das Foto in die Hand,
     schaute genauer hin.
    »Es ist ein kleines Kissen, Conny. Der Täter hat es ihr unter das Gesäß geschoben, so dass die Scham direkt und deutlich zu
     sehen ist.«
    »Wieder eine sexualisierte Positionierung. Die Taten müssen etwas mit Sex zu tun haben.«
    »Ein alter Mann, eine alte Frau und ein junges Mädchen?« Robert schüttelte den Kopf. »Das ergibt doch keinen Sinn. Er ist
     kein Triebtäter.«
    »Das habe ich auch nicht gesagt. Vielleicht hat es etwas mit Vergeltung zu tun?«
    In diesem Moment klingelte Roberts Handy. Er nahm das Gespräch an, lauschte, legte dann auf.
    »In Mueskens Haus ist eine große Münzsammlung gefunden worden.«

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    Kapitel 14
    »Münzen?« Ich sog die Luft ein. War da die Verbindung zum Täter? Hatte vielleicht die Frau aus Flensburg auch Münzen gesammelt?
     Sonja oder ihr Vater? Mir fiel ein, dass Sonjas Vater mich zurückrufen wollte. Wann hatte ich mit ihm gesprochen? Am Samstag,
     heute war Montag, und er hatte sich bisher nicht gemeldet. »Ihr müsst überprüfen, ob die anderen Opfer auch …«
    »Ja, ja«, unterbrach Robert mich. »Schon klar und schon veranlasst. Das könnte die Spur sein.« Er sah mich an, zog die Stirn
     in Falten. »Was sagtest du? Vergeltung? Habgier ist auch ein starkes Motiv. Vielleicht hatten sie etwas, was er |122| nicht hatte. Und dafür hat er sie bestraft. Das würde auch das unterschiedliche Alter und Geschlecht der Opfer erklären.«
    Martin sah mich fragend an.
    »Ja«, sagte ich. »Das könnte einen Sinn ergeben. Ein fanatischer Sammler. Die Geldstücke in den Opfern symbolisieren seine
     Begierde. Auch der Ort, wo er sie versteckt hat, ist ein Zeichen. Bei Mueskens im Darm: ›Steck dir die Münzen sonst wohin.‹
     Bei Sonja auf den Augen – ›jetzt siehst du nichts mehr.‹ Oder: ›Du siehst, was es wert war.‹ Die steigende Brutalität und
     die schweren Verletzungen der Opfer, Overkill und Ausbluten, könnten auf eine schwache Persönlichkeit des Täters hindeuten.
     Er definiert sich über seine Sammlung, erreicht nicht, was er will, will sich rächen, und seine Rache ist gnadenlos. Er wurde
     abgewiesen, vielleicht verhöhnt. Möglicherweise hat er zudem noch eine sexuelle Persönlichkeitsstörung. Bei seinen Opfern
     kann er sich austoben. Herabgesetzte Impulskontrolle, jedes Mal stärker. Er ist ja erfolgreich, überwindet in der Situation
     mit den gefangenen Opfern seine Frustration, sein mangelndes Selbstwertgefühl. Durch die tagelangen Quälereien wertet er sich
    

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