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Lohn des Todes

Titel: Lohn des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Renk
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zuzuschlagen, braucht
     man nicht viel Kraft. Doch ich verstehe schon, was du meinst.« Ich nahm mein Glas, drehte es zwischen den Fingern. »Es sieht
     nach Bestrafung aus und Vergeltung. Ein älterer Mann würde einen Gleichaltrigen vermutlich anders bestrafen. Außerdem ist
     da noch die sexuelle Komponente, die auch für einen jüngeren Täter spricht.«
    »Ältere Männer sind sexuell nicht mehr aktiv?« Robert zog die Augenbrauen hoch.
    |130| »Doch.« Ich lachte. »Aber jemanden mehrfach zu vergewaltigen zeugt von einer starken Frustration in diesem Bereich. Das Hauptmotiv
     von Vergewaltigern ist Macht und Wut.«
    »Du meinst, es war keine triebbedingte Handlung? Dass er sich daran aufgegeilt hat, wehrlose Opfer missbrauchen zu können?«
    »Natürlich hat er dadurch Bedürfnisse befriedigt. Es stellt sich nur die Frage, welche. Ich glaube kaum, dass er Lust damit
     verbunden hat. Macht eher. Gerade, dass er den Mann anal so stark verletzt hat. Aber uns fehlt immer noch das Motiv. Wenn
     er sich rächen wollte, wieso dann so heftig? Da steckt weitaus mehr dahinter, als nur Wut und die Lust zu töten.«
    »Was ist, wenn die Verbindung tatsächlich das Münzsammeln ist. Fällt dir da ein Motiv ein?« Robert schenkte uns noch mal nach.
    Ich überlegte. »Von Sammlern und ihren Leidenschaften habe ich zu wenig Ahnung, da kann ich nur spekulieren. Es könnte sein,
     dass er sehr gekränkt wurde und lange Zeit auf Rache gesonnen hat. Oder er wollte unbedingt irgendetwas haben. Etwas, was
     die anderen hatten und er nicht. Das zu besitzen hätte ihn aufgewertet, aber er hat es nicht bekommen. Also hat er es sich
     genommen und sich blutig gerächt.« Ich unterdrückte ein Gähnen.
    »Ich lasse überprüfen, ob bei der Hoffmann und bei dem Mueskens etwas gestohlen wurde. Soweit ich weiß, war das in Flensburg
     nicht der Fall, aber vielleicht haben wir da etwas übersehen. Falls die Kollegen nicht gewusst haben, dass sie zum Beispiel
     Münzen sammelt, wäre es ihnen auch nicht aufgefallen, wenn die Sammlung fehlt.« Er sah mich nachdenklich an. »Der Tag war
     lang. Soll ich dir das Gästezimmer zeigen?«
    Gemeinsam räumten wir den Tisch ab, dann führte Robert mich nach oben, bestand darauf, meinen Rucksack zu tragen. Gentleman,
     ich schmunzelte. Die obere Etage war mit einem dicken, flauschigen blauen Teppich ausgelegt. Das Gästezimmer |131| war schlicht, aber funktionell eingerichtet. Das Badezimmer verschlug mir die Sprache. Die Badewanne war in ein Podest eingelassen,
     es gab eine Dusche, mit Massagestrahlern und Dampffunktion.
    »Du kannst dich hier gerne austoben. Da vorne sind Handtücher.« Robert lächelte, als er mein Gesicht sah. »So wie du habe
     ich auch geguckt, als ich das erste Mal hier war. Seitdem komme ich immer gerne wieder nach Köln.«
    »Und es ist wirklich okay?«
    »Vertrau mir, das ist es. Also genieß es. Ich bin noch eine Weile unten und sehe mir die Akten an. Vielleicht habe ich etwas
     übersehen.«
    Ich entschied mich für die Dusche, stellte die Strahler auf hart und heiß und ließ meinen Rücken und die Schultern von dem
     prasselnden Wasser massieren. Als ich im Bett lag, Charlie vor mir auf dem Boden, war ich mir sicher, nicht einschlafen zu
     können. Fünf Minuten später schlief ich tief und fest.

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    Kapitel 15
    Ich schrak hoch, kalter Schweiß stand mir auf der Stirn. Um mich herum war es finster. Angst packte mich, schnürte mir die
     Kehle zu. Wo war ich? Es roch fremd, irgendwo knackte es, wie aus der Ferne hörte ich leise Stimmen. Mir war kalt, und ich
     zitterte, ein widerlicher Geschmack breitete sich in meinem trockenen Mund aus. Ich lag starr auf dem Rücken, traute mich
     nicht, mich zu rühren. War ich wieder gefangen, oder war dies ein grausamer Traum? Plötzlich atmete jemand neben mir tief
     ein. Ich biss die Zähne zusammen, aber dann wurde mir klar, dass es Charlie war. Ein Geräusch ertönte, es war das Geräusch,
     welches mich geweckt hatte. Wieder brauchte ich einen Augenblick, bis ich erkannte, was es war. Mein Handy vibrierte und rutschte
     dadurch über den kleinen Nachttisch. |132| Endlich hatten sich meine Augen an das Dunkel gewöhnt. Ein kleiner Lichtstrahl kroch unter der Türritze in das Zimmer. Ich
     war in Köln, im Haus von Roberts jugendlicher Tante. Schnell hatte ich den Lichtschalter der Nachttischlampe gefunden und
     schaltete sie ein. Eine Pfütze warmen Lichts ergoss sich und schuf eine kleine warme Insel. Meine Decke war

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