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Lohn des Todes

Titel: Lohn des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Renk
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endlich wieder aktiv zu werden. Viel zu lange hatte |229| ich mich eingeigelt und dem Leben entzogen. Ich schaltete meinen Computer ein, suchte noch einmal nach dem freien Kinderheim
     in Aremberg. Wieder fand ich nur eine Notiz dazu mit Adresse und Telefonnummer. Was soll es, dachte ich und wählte die Nummer.
     Es klingelte, doch keiner ging dran. Ich wollte gerade auflegen, als abgehoben wurde.
    »Ja?« Die Stimme des jungen Mannes klang mürrisch.
    »Van Aken. Entschuldigen Sie, wenn ich störe. Mit wem spreche ich?«
    Er räusperte sich. »Was wollen Sie?«
    »Im Moment möchte ich wissen, mit wem ich spreche«, sagte ich freundlich.
    »Langenfeld.« Mehr sagte er nicht. Ich lächelte belustigt.
    »Die Nummer, die ich gewählt habe, gehört zu einem Kinderheim?«, fragte ich.
    »Nein.«
    »Ich habe Ihre Privatnummer angerufen?«
    Er schwieg, ich hörte, dass er an einer Zigarette zog.
    »Hören Sie, ich will Sie nicht belästigen, sondern nur etwas über dieses Kinderheim herausfinden«, versuchte ich zu erklären.
    »Was wollen Sie denn herausfinden?«
    »Das weiß ich gar nicht so genau. Seit wann es geschlossen ist, zum Beispiel.«
    »Ja, hier war mal ein Heim.« Er stockte. »Wieso ist das wichtig? Wie heißen Sie noch mal?«
    »Constanze van Aken. Was ist denn jetzt da?« Dieses Gespräch verlief merkwürdig.
    »Das Gebäude steht leer. Also, nicht ganz. Aber es wird im Moment nicht benutzt. Ich bin so eine Art Hausmeister.« Das war
     die bisher längste Aussage des jungen Mannes.
    »Sie hüten quasi das Gebäude?«
    »So in der Art. Hier gibt es einen Glasanbau, wie eine Veranda nur mit Glas, verstehen Sie? Der war undicht. Ich soll die
     Schäden beseitigen und dafür sorgen, dass alles trocknet und so.« Langsam schien er aufzutauen.
    |230| »Wissen Sie, wie lange das Haus als Heim genutzt wurde?«
    »Es steht schon lange leer. Mindestens zehn Jahre. Eine Weile war es wohl auch Jugendherberge oder so.«
    Ich überlegte, ob mich das irgendwie weiterbrachte. Dies schien jedoch die nächste Sackgasse zu sein.
    »Wieso wollen Sie das eigentlich wissen?«, fragte Langenfeld.
    »Wahrscheinlich ist das unwichtig, aber der Name des Kinderheims fiel im Rahmen einer Ermittlung.«
    »Sind Sie von der Polizei? Hat das mit dem alten Mann zu tun, der von dem Gasthof?«
    »Ich bin nicht wirklich bei der Polizei. Ich bin Psychiaterin, arbeite aber mit der Ermittlungsbehörde zusammen. Ich bin eher
     zufällig auf diese Nummer gestoßen.«
    »Und hat das jetzt mit dem Alten zu tun?« Nun wurde er neugierig. Ich konnte es ihm nicht verübeln.
    »Indirekt. Eine Frau wurde ermordet, vor ein paar Jahren schon. Die Fälle hängen zusammen. Diese Frau war mit dem Leiter des
     Heims verheiratet. Wahrscheinlich ist es nur ein Zufall, dass sie früher in Aremberg gewohnt hat.«
    »Und jetzt forscht die Polizei? Kommen sie hierher?« Plötzlich klang er nervös.
    »Das denke ich nicht. Ich glaube kaum, dass dort nach all den Jahren relevante Spuren zu finden sind. Der Anruf war auch nur
     eine Idee von mir.«
    »Also kommt die Polizei nicht hierher?« Er räusperte sich. »Hier sieht es nämlich ziemlich chaotisch aus. Durch den Wasserschaden
     sind auch einige Akten nass geworden. Ich sollte sie schon längst entsorgt haben. Dazu bin ich aber noch nicht gekommen.«
    »Es gibt noch die alten Akten?« Ich dachte an die Notiz vom Jugendamt. Vielleicht gab es ja doch eine Verbindung. »Meinen
     Sie, ich könnte mir die einmal ansehen?«
    Wieder zögerte er, zog an der Zigarette, atmete hörbar aus.
    »Ich schaue mich auch nicht um, mir ist es egal, wie es aussieht«, versuchte ich ihn zu beruhigen.
    |231| »Na, wenn Sie wollen«, sagte er schließlich. Er gab mir die Adresse, ich bedankte mich und legte auf.
    Vermutlich war dies eine Schnapsidee. Außerdem war dies sicher nicht der richtige Weg, ohne Beschluss und Einverständnis der
     Staatsanwaltschaft. Aber ich wollte nicht die ganze Bürokratie für eine vage Idee in Gang setzen, die wahrscheinlich eh zu
     nichts führte. Trotzdem lockte mich der Gedanke. Nach Aremberg zu fahren war auf jeden Fall besser, als hier weiterhin Löcher
     in die Luft zu starren. Auf dem Rückweg konnte ich nach Hechelscheid fahren.
    Ich versuchte erneut Robert und Martin zu erreichen, doch wieder nahm keiner ab. Robert hinterließ ich eine kurze Nachricht,
     dass ich nach Aremberg fahren würde, dann machte ich mich auf den Weg. Dienstagvormittag, ich hatte keine Lust, mich hinter
     die ganzen LKW

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