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Lohn des Todes

Titel: Lohn des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Renk
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einmal durch meinen Körper.
    »Was ist passiert?« Ich wollte mich aufrichten, doch die Frau hielt mich zurück.
    »Bleiben Sie bitte noch sitzen. Schauen Sie auf meinen Finger. Können Sie ihm mit den Augen folgen?«
    Langsam bewegte sich der Finger einer sonnengebräunten Hand vor meiner Nasenspitze hin und her.
    »Alles in Ordnung«, sagte ich. »Mir geht es gut.« Ich wandte mich zu der Frau. Plötzlich wurde mir schlecht. Eine Woge der
     Übelkeit schwappte über mir zusammen. Ich schaffte es gerade noch, mich vorzubeugen, und erbrach mich schwallartig. Die junge
     Frau, die neben dem Fahrersitz gehockt hatte, wich zurück, verlor das Gleichgewicht und kam breitbeinig auf die Straße zu
     sitzen. Für einen Moment starrte sie fassungslos an |234| sich herab, dann öffnete sie mit spitzen Fingern den Reißverschluss ihrer Jacke, schlug sie nach hinten auf und wand sich
     aus den Ärmeln.
    »Jens, ich brauche Wasser und Feuchttücher. Sofort!«, brüllte sie in Richtung LKW.
    »Das tut mir leid. Das wollte ich nicht …« Ich sah die junge Soldatin an, wischte mir einen Speichelfaden vom Kinn und fing
     an zu kichern. Das war der Schock, wusste ich, konnte jedoch nichts daran ändern, dass ich die Situation auf einmal zum Schreien
     komisch fand. Ich hatte mich auf meine Retterin erbrochen. Wahrscheinlich würde sie nie wieder so neben einem Unfallopfer
     hocken. Langsam, immer noch leise lachend, stieg ich aus dem Wagen. Meine Beine schienen aus Gummi zu sein, sie wollten mir
     nicht recht gehorchen. Ich lehnte mich an das Auto, versuchte mich zu beruhigen. Atmen, Conny!
    Ein Soldat in Warnweste trat zu uns, reichte mir Feuchttücher und half seiner Kameradin auf. Ich wischte mir das Gesicht und
     die Hände ab, mein Atem fing sich. »Es tut mir wirklich leid.«
    »Ich bin froh, dass es Ihnen gut geht«, sagte die Soldatin schmunzelnd und reinigte sich mit den Tüchern, die ihr Kamerad
     ihr hinhielt.
    Er drehte sich zu mir um. »Sie haben wirklich den Papst in der Tasche«, sagte er. »Um ein Haar hätte ich Sie unter der Haube
     gehabt.«
    »Ich habe was?«, fragte ich.
    »Glück, Sie haben mächtig Glück gehabt«, sagte die Soldatin. »Wir kamen mit reichlich Kawumm die Straße hinauf. Ihr Wagen
     stand mitten in der Kurve. Mein HG musste ganz schön in die Eisen gehen, um einen Zusammenstoß zu verhindern. Haarscharf war
     das.« Sie wies auf die beiden Fahrzeuge.
    Erst jetzt wurde mir bewusst, dass ich gerade eben einer Katastrophe entgangen war. Ich fing an zu zittern.
    »Mir ist plötzlich das Heck ausgebrochen«, murmelte ich. »Mehr weiß ich nicht.«
    |235| »Ihnen ist der Reifen geplatzt.« Der Soldat war um meinen Wagen herumgegangen und begutachtete den Schaden. »Deshalb haben
     Sie eine formschöne Pirouette hingelegt. Sonst scheint der Wagen aber nichts abbekommen zu haben.«
    »Scheiß Reifen. Ich wollte sie schon längst erneuert haben.« Ich schüttelte den Kopf. »Verdammt.«
    »Es ist ja alles noch einmal gut gegangen«, tröstete die Soldatin mich. »Kommen Sie, wir müssen die Straße frei machen.« Sie
     reichte mir die Hand, die nach der Babylotion der Feuchttücher duftete. »Monika Kappl, Oberfeldwebel der Sanitätstruppe, und
     der Heizer dort drüben ist mein Hauptgefreiter Jens Huhn.«
    »Constanze van Aken«, stellte ich mich immer noch zittrig vor.
    »Wir setzen uns am besten dort in die Böschung des Waldweges. Können Sie die paar Schritte laufen?« Besorgt nahm sie meinen
     Arm.
    »Das geht schon, denke ich. Mein Hund …« Ich drehte mich um, rief Charlie. Er sprang aus dem Wagen, lief zu mir, schnüffelte
     an meiner Hose. Er schien wirklich nicht verletzt zu sein. »Komm, Charlie.«
    Die Soldatin führte mich von der Straße, ich ließ mich in das Gras sinken. Charlie lief zum nächsten Baum, markierte ihn,
     drehte sich, markierte wieder. Dann kam er zu mir. Er blieb neben mir stehen, den Kopf erhoben, die Ohren aufgerichtet, und
     hielt die Nase in den Wind, er hob die rechte Vorderpfote, fiepte leise. Er hatte eine Fährte gerochen. Ein toter Hase oder
     anderes Aas, beruhigte ich mich und verdrängte den Gedanken an den letzten Herbst, als Charlie eine Leiche im Wald gefunden
     hatte.
    »Was hat Ihr Hund?«
    »Er wird ein totes Tier wittern«, sagte ich und verschwieg seine Karriere als Leichenspürhund. »Charlie, Platz.« Gehorsam
     legte mein Hund sich hin, schaute mich bedauernd an.
    »Davon gibt es hier sicherlich genug.« Sie wandte sich um. »Jens, zieh den KrKw

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