Lohn des Todes
in den Waldweg!«
|236| Sie setzte sich neben mich. »Sie sollten ins Krankenhaus für einen Schädel in zwei Ebenen, und meine Jacke sagt mir, dass
Sie eine fette Gehirnerschütterung haben.« Grinsend nahm sie ihre Erkennungsmarke ab, fischte aus der Beintasche ein Dienstgradabzeichen,
durch welches sie die Kette der Marke fädelte, und zog sie wieder über den Kopf.
»Ja, eine Gehirnerschütterung kann gut sein.« Ich tastete meinen Kopf ab, fühlte eine Beule an der linken Seite, vermutlich
dort, wo ich am Fenster aufgeschlagen war. »Aber meinem Schädel fehlt nichts.«
Monika Kappl reichte mir eine Flasche Wasser. Ich trank und spülte den sauren Geschmack des Erbrochenen weg.
»Was zum Teufel ist ein KrKw ?«, fragte ich.
Sie lachte. »Das ist ein Krankenkraftwagen. Dieser ist ein GL, also die Geländeausführung. Nichts anderes als ein großer und
schwerer Unimog.«
»Nicht zu fassen. Um ein Haar hätte mich ein Krankenwagen plattgemacht.« Wieder wurde mir die Situationskomik bewusst. Ich
grinste. »Was wiegt so ein Teil?«
»Ohne meinen HG und meine vollgekotzte Jacke, etwas mehr als sechs Tonnen.« Sie stand auf. »Denken Sie nicht zu viel darüber
nach, was hätte passieren können. Sie haben einen achtsamen Schutzengel gehabt.« Der weibliche Oberfeldwebel lächelte freundlich.
»Ich geh mal meinem Landser helfen.«
Ich sah zu, wie der LKW an meinem Golf vorbei den Berg hinaufzog. Kappl trat vor den Wagen, wies ihren Fahrer ein gutes Stück
rückwärts in den Waldweg. Jens zog die Feststellbremse, die laut aufzischte, stellte den Motor ab und sprang aus dem Führerhaus.
»Fahr den Golf auch in den Waldweg«, wies die Soldatin ihn an. »Ich sammele derweil den Warnkrempel ein, nicht dass wir wieder
Fehlbestände in der Bordausstattung haben.« Sie stapfte los, drehte sich noch einmal zu ihrem Landser um. »Ach, und vergiss
die Tücher und meine Jacke nicht. Müllbeutel sind unter dem Beifahrersitz.«
Jens verzog angeekelt das Gesicht, peinliche Röte stieg mir |237| warm den Hals hoch, überzog mein Gesicht. Ich fühlte mich wie eine Tomate, die mit heißem Wasser übergossen worden war, um
ihr die Haut abzuziehen.
Der HG wischte mit seinem Stiefel über den Schweller meines Golfes, vermutlich war dort noch ein Rest Erbrochenes. Dann stieg
er ein, fuhr meinen Wagen rumpelnd in den Waldweg.
»Wenn Sie ein Ersatzrad haben, mach ich Ihnen das drauf«, rief er mir zu. »Das sollte fix gehen.«
Dankbar nickte ich ihm zu. Ich stand auf. Diesmal ging es schon besser, der Schwindel war gewichen. Hinter der linken Schläfe
pochte ein dumpfer Schmerz. Der würde mich noch ein paar Tage begleiten und an den Unfall erinnern, dachte ich missmutig.
Langsam ging ich zu meinem Wagen und nahm meine Handtasche heraus. Ich suchte das Handy, fand es schließlich in der Seitentasche.
Ob sich Robert oder Martin gemeldet hatten? Ich schaute auf das Telefon, der Akku war leer. Fluchend steckte ich es in die
Tasche zurück. Noch einmal fühlte ich in mich hinein. Bis auf den Kopf verspürte ich keine Schmerzen, auch das Zittern und
die Kältewelle des Schocks waren verschwunden. Sollte ich die Fahrt fortsetzen? Bis zu dem Kinderheim konnten es nur noch
wenige hundert Meter sein. Dort oben, auf der anderen Seite des Berges, musste es sein. So kurz vor dem Ziel wollte ich nicht
aufgeben, und von dort aus würde ich sicher jemanden der OFA erreichen können.
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Kapitel 26
Der Oberfeldwebel hatte das Warndreieck und die Warnlampe am Bundeswehrfahrzeug verstaut. Sie kam wieder zu mir, sah mich
nachdenklich und fragend an.
»Wie geht es Ihnen?«
»Besser. Sie haben recht, ich habe wirklich Glück gehabt.« |238| Ich sah zu HG Huhn, der sich fluchend bemühte, das beschädigte Rad abzumontieren.
»Alle Schrauben sind festgerostet. Wann hat dieser Wagen zuletzt eine Werkstatt gesehen? War er überhaupt schon mal in der
Inspektion?«, rief er mir zu.
»Inspektion? Wieso, er fährt doch«, murmelte ich.
Kappl lachte mir zu. »Sagen Sie das bloß nicht zu laut, sonst wird er in seinen Vorurteilen Frauen gegenüber noch bestärkt.«
»Sie haben es sicherlich nicht einfach bei der Truppe als Frau«, meinte ich. Wir setzten uns wieder in die Böschung. Inzwischen
stand die Sonne hoch am Himmel, die Luft war lau, nur wenige Wolken zogen weit über uns über den Himmel. Ein malerischer Tag.
»Ich musste mir den Respekt erkämpfen, aber inzwischen geht es. Ich habe es mir
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