Lokalderby
sitzt, mit allem, was dazugehört: nachlassende Kraft, verblassender Ruhm, unsichere finanzielle Zukunft.«
»Ja, den Modzig hatten wir auch schon im Auge.«
»Es könnte aber auch jemand ganz anderes dahinter stecken«, meinte Bäcker. »Warum den Übeltäter nur in Spielerkreisen suchen? Aus welchem Grund recherchieren Sie nicht auch im Präsidium und beim Vorstand?«
Paul dachte unwillkürlich an Ivonne Wagners Andeutungen und seinen alles andere als guten Eindruck von Max Bronski. Doch musste er sich eingestehen, dass er weder gegen einen der Spieler noch gegen ein Mitglied der Verwaltung auch nur den geringsten Beweis ins Feld fuhren konnte. Gegen Sakowsky oder Modzig ebenso wenig wie gegen Bronski. Er hantierte lediglich mit sehr vagen Verdachtsmomenten.
Bäcker sah ihm seine Unsicherheit offenbar an, denn er fragte: »Wie verlässlich ist eigentlich die Nachricht, dass der Busfahrer ermordet wurde? Die offiziellen Meldungen dazu sind bisher ja reichlich schwammig.«
Paul musste einräumen, dass es für eine verbindliche Aussage zu diesem Thema zu früh war. »Es ist wohl ziemlich kompliziert«, sagte er ausweichend und nahm sich vor, bei nächster Gelegenheit Jasmin Stahl zu behelligen und sich von ihr erklären zu lassen, weshalb die Bestimmung der Todesursache bei Buggi so lange dauerte.
»Hmm«, brummte Bäcker, klopfte ihm auf die Schultern und raunte: »Wenn Ihnen an meinem Rat gelegen ist: Fühlen Sie Bronski auf den Zahn, statt sich mit dem Kader aufzuhalten. Bronski weiß so gut wie kein anderer, was beim Club läuft. Und wenn es tatsächlich Ungereimtheiten im Umfeld des Busfahrers gegeben haben sollte, dann sind sie Bronski nicht verborgen geblieben. Der hört in seinem Verein das Gras wachsen. Außerdem ist der alte Haudegen mit allen Wassern gewaschen. Könnte mir vorstellen, dass er selbst auf irgendeine Weise in die Sache verwickelt ist. Vorbehaltlich, dass es überhaupt eine › Sache ‹ gibt.«
Paul bedankte sich herzlich für den sportgeschichtlichen Exkurs und Bäckers Einschätzung, woraufhin der Sportreporter noch einmal betonte, dass »alles vertraulich und nicht zitierfähig ist. Ich kann gut darauf verzichten, eines Tages als Zeuge in einem Mordfall Buggi Weinfurther vorgeladen zu werden.« Dann rief er ihm noch nach: »Grüßen Sie Blohfeld von mir!«
12
Bevor sich Paul näher mit Bronski befassen würde, wollte er endlich Gewissheit über Buggis Todesursache erlangen. Doch beim Frühstück am nächsten Morgen ließ sich Katinka kein noch so kleines Detail entlocken. Sie wich seinen Fragen aus, indem sie gebetsmühlenartig wiederholte, dass ihr die Pathologen nach wie vor eine klare Ansage schuldig blieben und die Leiche deshalb noch immer nicht zur Beerdigung freigegeben sei.
»Was heißt das denn?«, bohrte Paul. »War es Mord oder nicht?«
»Wir ermitteln in alle Richtungen«, antwortete Katinka, küsste ihn auf die Stirn und ließ ihn mit seinem kalten Kaffee und unbeantworteten Fragen allein, um im Oberlandesgericht ihren Job zu machen.
Auch er sollte eigentlich seiner richtigen Arbeit nachgehen, meldete sich Pauls schlechtes Gewissen. Schließlich musste er sich dringend um neue Aufträge kümmern, wenn er verhindern wollte, dass Katinka ihren gemeinsamen Haushalt finanziell allein bestritt.
Andererseits konnte er sein Interesse an den Hintergründen von Buggis Tod nicht einfach ignorieren und darauf warten, dass sich letztlich alles in Wohlgefallen auflösen würde. Unter Umständen, so kam ihm nach einem Bissen in den Marmeladentoast der Gedanke, würde sich ein Kompromiss finden lassen: Er könnte zusätzliche Gespräche führen, den Fall danach neu bewerten und anschließend entscheiden, ob sich weitere Nachforschungen lohnten oder nicht. Jasmin könnte ihm dabei vielleicht helfen, vielleicht auch nicht. Besser wäre ein Experte, der sich mit Todesursachen auskannte, die nicht an rein äußerlichen Merkmalen abzulesen waren. Jemand, der wusste, wie man töten kann, ohne verräterische Spuren zu hinterlassen, ja, wie man den perfekten Mord begeht.
Nach einem weiteren Toast fiel ihm der geeignete Kandidat dafür ein: Jasmins früherer Boss, Ex-Kripochef Konrad Keller. Paul hatte mitbekommen, dass Keller seinen Nachfolger Winfried Schnelleisen nicht ausstehen konnte und er allein schon aus diesem Grund bereitwillig mit Paul kooperieren würde.
Während er den Rest des Frühstücks verputzte, wog Paul ab, ob er Jasmin als Türöffner bei Keller einsetzen sollte,
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