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Lokalderby

Titel: Lokalderby Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Beinßen
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als Todesursache bescheinigt hätte, wäre die Sache längst erledigt. So aber können wir davon ausgehen, dass eine Obduktion mit anschließender toxikologischer Analyse der Körperflüssigkeiten und Organe stattgefunden hat. Dabei werden neben Blut, Urin und Mageninhalt je nach Sachlage auch Teile von Leber, Lunge, Niere, Darm, Gallenblase mit Inhalt, Muskulatur, Gehirn sowie Haare untersucht. Sie können sich selbst denken, dass das eine gewisse Zeit in Anspruch nimmt. Und noch viel wichtiger: Giftmord kann nie ausschließlich durch die wissenschaftliche Analyse festgestellt werden.«
    »Soll heißen?«
    »Zusätzlich ist der Nachweis der Fremdbeibringung erforderlich: Die Kripo muss dem Täter oder der Täterin beweisen, dass er dem Opfer tatsächlich Gift eingeflößt hat.«
    »Was die Angelegenheit nicht einfacher macht«, meinte Paul.
    Keller nickte. »Aber Teil eins dieser Herkulesaufgabe ist schon schwierig genug: Denn durch die Fortschritte der modernen Chemie hat sich das Arsenal heutiger Giftmischer enorm vergrößert. Täter können auf Konzentrationen von Putz – und Reinigungsmitteln, Lack-, Holzschutz – und Pflanzenschutzpräparaten zurückgreifen, von Medikamenten ganz zu schweigen. Wir Polizisten befinden uns in einem Wettrüsten mit dem Verbrechen und müssen ständig in neueste Geräte und Apparaturen investieren, um nicht ins Hintertreffen zu geraten: Infrarotspektroskope, Kernresonanz – und Atomabsorptionsspektrometer, Röntgenfluoreszenzanalyzer – am Ende meiner Karriere kam ich mir zeitweise wie ein Chemieoder Biologielaborant vor, so sehr nahmen uns die neuen Ermittlungsverfahren in Beschlag.«
    »Wenn ich Sie richtig interpretiere, spricht alles dafür, dass Buggi definitiv keines natürlichen Todes gestorben ist und die Polizei einen Giftmörder jagt, richtig?«, versuchte Paul den Ex-Kommissar festzunageln.
    Doch dieser wich aus: »Sie können meine Worte auslegen, wie Sie mögen. Aber bedenken Sie, dass ich nicht mehr im Rennen bin. Ich muss mich auf die dünnen Informationen stützen, die ich der Zeitung entnehme. Daraus ziehe ich meine Rückschlüsse. Ja, ich vermute, dass Buggi Weinfurther vergiftet worden ist. Aber das ist eine rein persönliche Meinung. Denn genauso gut kann es möglich sein, dass er unter einer tödlichen Krankheit gelitten hat, die bis dato nicht diagnostiziert worden ist. Wenn das zutrifft, können Sie sich Ihre Mördersuche sparen.«
    »Was empfehlen Sie?«, fragte Paul und ahnte bereits, dass ihm die Antwort nicht passen würde.
    »Abwarten und Tee trinken«, sagte Keller und lächelte seiner Frau zu, die ein Tablett mit Teekanne und drei Porzellantassen ins Wohnzimmer trug. »Ich hoffe, Sie mögen Earl Grey?«
    Er hatte sich mehr erhofft vom Treffen mit dem pensionierten Kommissar, von dessen profunden Kenntnissen und Ermittlungsmethoden Jasmin in höchsten Tonen schwärmte. Zumindest einen deutlichen Fingerzeig in Richtung »Ja, bleiben Sie dran an dem Fall, es lohnt sich!«, hätte sich Paul von der alten Spürnase gewünscht. Doch nun wusste er zwar einiges über Gift und die Schwierigkeit, dessen Einsatz nachzuweisen, doch eine Art inoffiziellen Auftrag für weitere Nachforschungen hatte er nicht bekommen. Wäre wohl auch zu viel verlangt gewesen, räumte Paul im Stillen ein, während er zurück zur Haltestelle ging.
    Sein Drang, sich als Nächstes Club-Vorstand Bronski vorzunehmen, hatte inzwischen spürbar nachgelassen. Und überhaupt schwand seine Lust, weiter Zeit für diesen Fall zu verschwenden, der womöglich keiner war und ihm – wenn es schlecht lief – nur noch mehr Ärger mit Fans und Funktionären bescheren würde. Am besten wäre es, wenn Paul seine Konzentration auf das bündeln würde, womit er sein Geld verdiente.
    Ab ins Atelier!, zwang er sich selbst zur Räson und stieg in den Bus. Er würde seine Kartei durchgehen und einige alte Kunden anrufen, ob es etwas für ihn zu tun gäbe. Für den Bauernverband ein paar Aufnahmen von der Ernte im Knoblauchsland schießen, im Auftrag der Schlösserverwaltung die Fortschritte der Kaiserburgsanierung anfertigen oder Werkfotos fürs Magazin der Industrie – und Handelskammer beisteuern. Vielleicht hatte auch die Messe einen Job für ihn, was meistens besonders lukrativ war. Notfalls könnte er auch bei Victor Blohfeld durchläuten, obwohl er wenig Lust hatte, für den Polizeireporter zu oft nachtschlafender Zeit Unfallfotos zu schießen.
    Seine Planungen wurden wenig später über den

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