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Lokale Erschuetterung

Lokale Erschuetterung

Titel: Lokale Erschuetterung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Gerlof
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geh mich schlaumachen.
    Die Verkäuferin verschwindet. Veronika sieht noch, wie sie mit einer Kollegin redet, die Konserven einräumt. Die schüttelt den Kopf, zeigt nach hinten. Rein, raus, weg, flüstert Veronika und lächelt. Stellt sich vor, was die nette Verkäuferin jetzt hinten im Raucherkabuff erzählt. Dass da draußen eine traurig aussehende Frau steht, nicht mehr ganz jung, aber hübsch und nach einem Daniel fragt, der sie wohl sitzenlassen habe. Um nicht ganz dumm hier vor dem Kühlregal zu stehen, packt Veronika zwei Liter Milch in den Einkaufswagen und eine Packung Mozzarella. Vielleicht lädt sie doch den Polizisten zum Essen ein. Wo sie Hanns nun schon betrogen hat, käme es darauf nicht mehr an. Sie packt noch ein Viertelpfund |264| Hüttenkäse in den Wagen. Könnte diese Gemüsesuppe machen, mit Hüttenkäse und Olivenöl. Eine gute Suppe für Martin Wagemut.
    Hier hat mal ein Daniel jearbeitet, erklärt die Verkäuferin plötzlich hinter Veronikas Rücken. Bis vor einem Monat. So ein Jungscher. Veronika sieht, dass die Frau unschlüssig ist, ob sie das nun komisch oder gut finden soll.
    Wie sieht er denn aus, Ihr Daniel?
    Schlank, rät Veronika. Dunkle Haare.
    Wenn er mein Sohn ist, hat er bestimmt meine Haarfarbe. Sie kommt sich völlig verrückt vor.
    Aber blaue Augen, glaub ich.
    Könnte er sein, sagt die Verkäuferin. Ick bin ja noch nich lange hier, aber die Kollegin hat jesagt, schlank und dunkelhaarig war er. Daniel Leutert hat er jeheißen. Mehr weeß die och nich. Hat jekündigt und nich jesacht, wo er hinjeht. Hilft nich, wa, schiebt die Verkäuferin noch hinterher und schaut Veronika fragend an. Die schüttelt den Kopf, legt eine Hand auf den Oberarm der Verkäuferin.
    Trotzdem danke, das ist lieb von Ihnen.
    Die Frau sieht gerührt aus und wendet sich ab. Schon jut, wie jesagt, ick kenne ja die Männer. Viel Glück beim Weitersuchen.
    Veronika fegt mit dem Einkaufswagen noch einmal durch die Regale. Packt alles ein, was sie für ein Abendessen zu zweit braucht, auch wenn sie nicht entschieden ist. Zahlt und geht. Bringt die Sachen nach Hause, macht sich fit für den nächsten Termin und denkt die ganze Zeit an Daniel. Mit dem vollständigen Namen und dem Geburtsdatum könnte Martin Wagemut etwas anfangen. Sicher könnte er das.
    Um fünf Uhr nachmittags ist Veronika mürbe und weich. Sie ruft bei Martin an. Ich habe einen Namen, sagt sie. Kannst du für mich suchen?

|265| 22. Kapitel
    Bosshagen zwei Mal klingeln, steht am Schild. Hanns fällt erst jetzt auf, dass er nicht gefragt hat, ob Bosse wirklich Bosse heißt. Oder eben Bosshagen, was wahrscheinlich ist. Noch vor einer Stunde war er entschlossen, nicht hierherzukommen, um sich das Geschwätz rechter Möchtegerne anzuhören. Nun steht er vor der Tür und klingelt. Zwei Mal, wie ihm befohlen wird. Wer mag wohl mit Bosse und ein Mal klingeln auskommen, fragt Hanns sich und glaubt, es gleich zu erfahren. Wahrscheinlich so eine blonde BDM-Schnepfe mit kleinen goldenen Steckern im Ohr und einem fruchtbaren Schoß. Hanns setzt sich ein Bild in den Kopf von der BDM-Schnepfe, malt ihr große Titten und einen nicht minder großen Mund. Dreht sie um und denkt sich einen Apfelhintern unterm blau-weiß karierten Fredperrykleid.
    Das könnt nicht nur ihr Windeier, euch ein Bild vom anderen machen. Wenn ich nur will, mach ich euch platt, ohne einen Finger zu rühren, ihr Saftärsche, ihr Dunkelbumser, Ich-leck-Haider-den-Schwanz-Boches, Kotzbrockensammler, Wackeldackelbesitzer. Hanns drückt drei Mal auf die Klingel. Mal sehen, welches rechte Sumpfhuhn sich nun angesprochen fühlt. Es dauert fünf Sekunden, bis die Tür geöffnet wird. Bosse steht im zweiten Stock an der Wohnungstür und lächelt, als er Hanns erblickt. Nicht schlecht, sagt er. War mir nicht sicher, ob du dich traust.
    Was gibt es wohl zu trauen?
    |266| Bosse schüttelt den Kopf. Nichts, wenn man ein offener Mensch ist. Und das bist du ja wohl.
    Hanns denkt an die morgendliche Redaktionsrunde, wie sie es großkotzig nennen, wenn sie alle am papierbeladenen Schreibtisch sitzen, ein Redakteur, ein Praktikant, ein ältliches Mädchen für alles und hin wieder einer von den Freien, wenn gerade mal größere Sachen am Laufen sind. Heute Morgen ging es nicht um größere Sachen. Die mordende Krankenschwester war Chefsache, und die dicken Arbeitslosen gehörten dem Praktikanten. Der war am vergangenen Mittwoch brav ins größte Fitnessstudio der Stadt gegangen und hatte gefragt, ob

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