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Lokale Erschuetterung

Lokale Erschuetterung

Titel: Lokale Erschuetterung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Gerlof
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und sucht halbherzig, um etwas über Synergie Consulting zu erfahren. Arbeitet sich durch die ganze Webseite von dem Laden und hat danach noch immer keinen Schimmer, wovon Markus Schiffer eigentlich lebt und seine Angestellten bezahlt.
    Beratung an sich ist ja noch kein Wert, murmelt sie und schaut sich die Seite mit den Referenzen an. Alles Callcenterunternehmen. Kommunikationsdienstleister. Dieses Wort macht, dass es nicht mehr komisch riecht, wenn man von der Branche redet. Markus Schiffer berät also Kommunikationsdienstleister. Aber worin? Prozessoptimierung, Change Management, Outsourcing, Service-Center-Optimierung, Cross selling. Veronika sitzt vor dem Computer und weiß, dass sie überfordert ist. Sie wird Schaum schlagen müssen, weil sie es mit einem Schaumschläger zu tun hat. Aber heute ist ihr nicht danach. Es sei denn, sie schafft es, sich jetzt in die Allesegalstimmung zu steigern. Dann könnte es funktionieren. Aufstehen. Aufstehen, ins Bad gehen. Aufstehen, ins Bad gehen, im Giftschrank wühlen. Tatsächlich. Da liegen noch die Restbestände von ihren Benzodiazepinpräparaten. Hat sie eine ganze Weile ausprobiert das Zeug, eins schlimmer als das andere. Vom letzten, irgendeine rosa Pille mit einem A-Namen, war sie derartig abhängig geworden, dass sie einen Entzug machen musste. Hat den Teufel mit dem Beelzebub ausgetrieben und Neuroleptika genommen, um keine Angstlöser mehr zu brauchen. Das war derart absurd, dass Hanns darüber lachen musste.
    Jetzt nimmst du Haldol, um deine Abhängigkeit loszuwerden. Vroni, merkst du nicht, wie verrückt das ist? |257| Geh in eine Klinik, mach einen ordentlichen Entzug und rühr das Zeug danach nie wieder an.
    Da war er noch Schlagzeilenkönig, als er das empfohlen hatte. Konnte sich ein bisschen Großspurigkeit leisten. Brachte mehr Geld nach Hause als sie, und in der Redaktion hofierten sie ihn, als sei er ein Sieger.
    War er ja auch, murmelt Veronika und dreht den Tablettenblister zwischen den Fingern hin und her. Der knistert leise und verführerisch. Wenn sie jetzt zwei von den Dingern einwirft, wird Markus Schiffer ihr nichts können. Kompromiss, sagt Veronika laut und schaut sich dabei im Badezimmerspiegel an. Dann nimmt sie eine Tablette und steckt sie in den Mund. Spült eine Handvoll lauwarmes Wasser hinterher und hat das Gefühl, sich sofort übergeben zu müssen. Aber sie hat noch nicht gefrühstückt. Also geht das nicht. Schminken geht. Veronika malt mit dem Konturenstift zwei dunkelbraune Linien und kramt einen hellbraunen Lidschatten vor, den sie lange nicht benutzt hat. Sie überlegt, was sie für Markus Schiffer, den aufgeblasenen Consulter, anziehen sollte. Vielleicht täuscht sie sich ja auch, und der Mann ist sympathisch. Auch das war ihr schon passiert. Inzwischen ist sie voller Vorurteile, da wachsen die Chancen, sich zu irren, ins Unermessliche.
    Veronika geht in ihr Zimmer. Stellt sich vor den alten Kleiderschrank und traut sich nicht, die Tür zu öffnen. Als Kind hatte sie immer Angst, dass sich jemand im Kleiderschrank versteckt hält, um sie zu holen. Wenn sie nur die Tür aufmacht. Noch vor fünf Jahren lagen ihre ganzen Klamotten deshalb in Regalen. Bis sie es endgültig leid war, immer eine erträgliche Ordnung halten zu müssen, damit es nicht richtig schlimm aussieht. Und staubig wurden die Sachen auch, egal, was man tat. Also ist sie mit Hanns durch die Antiquitätenläden gestiefelt und hat einen Kleiderschrank gekauft. Dessen Türen knarren, der |258| Spiegel ist an einigen Stellen blind, und der Holzwurm war auch schon drin. Aber die beiden Türen rechts und links haben ein Fenster, durch das sie sehen kann, ob sich jemand im Schrank versteckt. Das hat den Ausschlag gegeben. Nur jetzt hilft es nicht.
    Heut noch sind wir hier zu Haus, morgen geht’s zum Tor hinaus, und wir müssen wandern, keiner weiß vom andern. Lange wandern wir umher durch die Länder kreuz und quer, wandern auf und nieder, nieder, keiner sieht uns wieder. Und so wander ich immerzu, fände gerne Rast und Ruh, muss doch weiter gehen, gehen, Kält und Hitz ausstehen.
    Veronika dreht den Schrankschlüssel langsam im Schloss und öffnet vorsichtig die Tür. Zwischen ihren Kleidern und Blusen steht niemand. Sie hätte es wissen können. Doch wozu sich von alten Gewohnheiten trennen? Sie nimmt das hellbraune Sommerkleid. Züchtig genug, ausreichend elegant, nicht zu aufgedonnert, teurer aussehend, als es war. Dafür hat sie einen Blick beim Einkaufen. Dinge

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