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Lolita (German)

Lolita (German)

Titel: Lolita (German) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vladimir Nabokov
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und ich kam zu dem Schluß, daß das Schlangestehen in der Préfecture und die anderen Formalitäten sie so lustlos gemacht hatten - obwohl ich mich geduldig mühte, ihr Amerika als ein Land der rosigen Kinder und der hohen Bäume zu schildern, wo das Leben sehr viel angenehmer sei als in dem trübseligen, schmuddeligen Paris.
    Wir kamen eines Morgens aus einem der Ämter - ihre Papiere waren beinahe in Ordnung -, als Valeria, während sie an meiner Seite watschelte, plötzlich ohne ein Wort energisch ihren Pudelkopf schüttelte. Ich ließ sie eine Weile gewähren und fragte dann, ob sie glaube, sie habe was darin. Sie antwortete (ich übersetze aus ihrem Französisch, was wahrscheinlich seinerseits die Übersetzung irgendeiner slawischen Platitüde war): «Ein anderer Mann ist in mein Leben getreten. »
    Nun, das sind häßliche Worte fürs Ohr eines Ehemannes. Ich gestehe, sie versetzten mir einen Schlag. Sie dort auf der Straße auf der Stelle zu versohlen, wie ein ordentlicher Kleinbürger es getan hätte, ging nicht an, Jahre geheimer Leiden hatten mich übermenschliche Selbstbeherrschung gelehrt. So schob ich sie in ein Taxi, das seit geraumer Zeit einladend an der Bordschwelle entlanggekrochen war, und schlug ihr in dieser relativen Abgeschiedenheit vor, ihr wirres Gerede zu erläutern. Eine aufsteigende Wut würgte mich - nicht, weil ich diese Schießbudenfigur namens Mme Humbert besonders gern gehabt hätte, sondern weil ich es war, dem in Fragen legaler und illegaler Bindungen allein die Entscheidung zukam; und jetzt saß sie da, Valeria, die Lustspielgattin, und schickte sich unverfroren an, nach ihrem eigenen Ermessen über meine Bequemlichkeit und mein Schicksal zu verfügen. Ich verlangte den Namen ihres Liebhabers. Ich wiederholte meine Frage; aber sie blieb bei ihrem grotesken Geschwätz über unsere unglückliche Ehe und ihre Absicht, sich sofort scheiden zu lassen. «Mais qui est-ce?» schrie ich endlich und schlug ihr mit der Faust aufs Knie; und sie starrte mich an, ohne mit der Wimper zu zucken, als wäre die Antwort zu einfach für Worte, zuckte schnell mit den Achseln und zeigte auf den feisten Nacken des Taxifahrers. Er hielt vor einem kleinen Café und stellte sich vor. Ich erinnere mich nicht an seinen lächerlichen Namen, aber nach all den Jahren sehe ich ihn noch ganz deutlich vor mir - ein stämmiger weißrussischer Ex-Oberst mit buschigem Schnurrbart und militärisch kurzem Haarschnitt; in Paris gab es Tausende seinesgleichen, die demselben eselhaften Gewerbe nachgingen. Wir setzten uns an einen Tisch; der Zarist bestellte Wein, und Valeria, die eine nasse Serviette auf ihr Knie gelegt hatte, redete weiter, mehr in mich hinein als zu mir; sie goß ihre Worte mit einer Redegewandtheit, die ich ihr nie zugetraut hätte, in dieses würdige Gefäß. Und ab und zu feuerte sie eine slawische Salve auf ihren unerschütterlichen Liebhaber ab. Die Situation war grotesk und wurde es noch mehr, als der Taxioberst Valeria mit einem Besitzerlächeln Einhalt gebot und anfing, seine Ansichten und Pläne darzulegen. Mit einem scheußlichen Akzent in seinem gewählten Französisch umriß er die Welt der Liebe und Arbeit, in die er Hand in Hand mit seinem kindhaften Weibe Valeria einzutreten gedachte. Zwischen ihm und mir sitzend, widmete sie  sich in der Zwischenzeit ihrem Äußeren, legte ihren gespitzten Lippen Rot auf, verdreifachte ihr Kinn, um an ihrem Blusenbusen zu zupfen, und so fort, und er sprach von ihr, als säße sie gar nicht dabei, als wäre sie ein Waisenkind, das zu seinem eigenen Besten von einem weisen Vormund einem noch weiseren anvertraut wird. Und obwohl mein ohnmächtiger Zorn gewisse Eindrücke übertrieben und entstellt haben mag, kann ich doch schwören, daß er mich allen Ernstes nach Dingen fragte wie ihrer Diät, ihrer Periode, ihrer Garderobe und den Büchern, die sie gelesen hatte oder le sen sollte. «Ich glaube», sagte er, «Jean-Christophe   würde ihr gefallen, oder?» Herr Taxowitsch war nämlich ein gebildeter Mann. ' Ich machte dem Gewäsch mit dem Vorschlag ein  Ende, Valeria möge sofort ihre paar Sachen zusammenpacken, worauf der Banause von einem Oberst galant anbot, sie in seinem Wagen zu befördern. Er kehrte zu ' seinen Berufspflichten zurück und chauffierte die Humberts nach Hause, und Valeria sprach die ganze Zeit, und Humbert der Schreckliche beriet sich mit Humbert dem Kleinen, wen Humbert Humbert ermorden solle, sie oder ihren Liebhaber oder

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