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London 1666

London 1666

Titel: London 1666 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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auf das gejagte Wild gestoßen waren!
    Nach Tobias suchte Lilith vergeblich. Vermutlich war er ihr nicht ins Ungewisse gefolgt.
    Aber unmittelbar bei ihr lag - ein Gerippe am Boden!
    Ein menschliches Skelett!
    Und während der ersten Atemzüge, die Lilith - umgeben von mächtigen Mauern - tat, hielt sie es für möglich, daß es sich dabei entweder um die sterblichen Überreste von Beth oder von Tobias handelte .
    Die Knochen, obwohl bleich und morsch, konnten noch nicht lange hier liegen, denn die Kirche machte ansonsten einen sehr sauberen und gepflegten Eindruck.
    Als Lilith merkte, daß sie auf dem Altar zu sich gekommen war, schwang sie die Beine zum Boden und kniete neben dem Skelett nieder. Es war umflockt von schwärzlicher Schlacke, bei der es sich um die Überbleibsel verbrannter Kleidung handeln konnte.
    Aber verbrannt wovon? Was war hier geschehen, und - Ein Geräusch ließ sie erstarren. Aber nur den Bruchteil einer Sekunde. Dann schnellte sie in den Stand und orientierte sich in die Richtung, aus der das Geräusch gedrungen war.
    Plötzlich glaubte sie zu wissen, wer den Skelettierten umgebracht hatte.
    In ihrer Blickrichtung lag ein Beichtstuhl, dessen beide Türen verschlossen waren. Hinter der einen hielt sich normalerweise der Beichtvater auf, hinter der anderen der um Vergebung bittende Sünder.
    Lilith war überzeugt, daß sich dort momentan nur einer verbergen konnte: der Schrecken, dem sie bis hierher - wo immer hier auch sein mochte - gefolgt war!
    Die von ihr aus gesehen linke Tür war nicht ganz verschlossen, wie sie im Näherkommen bemerkte. Aber bevor Lilith sie erreichte, wurde sie von der Hand abgelenkt, der sie auf dieser Seite des Abgrunds noch keinerlei Beachtung geschenkt hatte.
    Nun also erwachte die vierfingrige Monstrosität, zerrte Lilith nicht auf die linke, sondern auf die rechte Tür zu, riß sie auf - und packte ohne Zögern das Mädchen, das dort verängstigt kauerte, bei der Kehle. Sie drückte so vehement zu, daß Lilith meinte, den Knorpel knirschen zu hören!
    *
    Ruby hatte Einlaß in die Kirche am Rand der Fish Street gefunden. Nicht über den gewöhnlichen Weg, sondern indem sie das Fenster der Küsterei eingeschlagen hatte und dort hineingeklettert war.
    Die widernatürliche Helligkeit, die sie schon durch die farbigen Mosaike der Scheiben hatte sehen können, durchdrang auch ungehindert die Wohnung des Mesners, weil die Verbindungstür zur Kirche weit offengestanden hatte. Ohne zunächst zu ahnen, daß sie nur wenige Minuten hinter dem Kirchendiener folgte, hatte sich Ruby der Anziehungskraft dieses düsterglühenden Lichtes ergeben. Aber den auf allen vieren zum Altar kriechenden Küster hatte sie erst bemerkt, als dessen Gestöhn aufgeklungen war. Und dann war das nackte Grauen über Ruby gekommen.
    Der Alte, der sich über den Steinboden der Kirche schleppte, war nicht einfach nur hochbetagt, er war uralt, und noch während Ruby ihn ansah, schien er weiterzuwelken - sichtbar!
    Fast hatte es den Anschein, als würde er inmitten seiner verzweifelt anmutenden Vorwärtsbewegung schrumpfen.
    Aber das lag nur daran, daß sein Körpergewebe wie unter enormer Hitze eintrocknete, regelrecht verdorrte und einfiel, als würde die Luft aus einem aufgeblähten Sack entweichen!
    Wenige Schritte vom Altar entfernt brach der Kirchendiener endgültig zusammen. Ein paar letzte Zuckungen, und er blieb reglos liegen, die Arme fast flehend nach vorn gestreckt.
    Der grausige Verfall hörte aber auch dann noch nicht auf. Selbst die mumienhaften Hautreste, die das Skelett überspannten, lösten sich von den Knochen - und das erst dunkle Gerippe samt Totenschädel darunter bleichte mit unfaßbarer Geschwindigkeit aus!
    Irgendwann griff ein vom Altar herüberzuckender Blitz nach der Kleidung des Toten und setzte sie in Brand. Ebenso wie der sonstige Spuk fraß das Feuer das Nachthemd des Kirchendieners in einer jeder Erfahrung spottenden Weise: rauchlos und unter Freisetzung eines untypischen, schwefligen Gestanks!
    All dies ereignete sich inmitten des gespenstischen Schimmers, der seinen Ausgangspunkt beim Altartisch zu haben schien. Und als Ruby ihre Blicke von den weiß gebleichten Gebeinen endlich dorthin lenkte, vermutete sie zunächst eine weitere Sinnestäuschung (denn auch das, was mit dem Küster geschehen war, konnte nur ein Traum sein, oder?), weil sich dort aus dem wabernden Licht die Umrisse einer festen Gestalt herauszuschälen begannen. Rasend schnell gewann die Erscheinung

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