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London 1666

London 1666

Titel: London 1666 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
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hielt er sich nirgends auf. Er fühlte, wohin er zu gehen hatte.
    Und dann öffnete er die Tür, hinter der sie sich verschanzt hatte.
    Ruby sah ihm entgegen, ruhig und gefaßt.
    Und grauenvoll verändert.
    *
    Donnerstag, 30. August 1666
    Evelyn war fasziniert von der Hand und spielte damit, was Lilith mehr als eine Gänsehaut verursachte. Sie war überzeugt gewesen, die Verbote, die auch die monströse Prothese betrafen, klar formuliert und in den Bewohnern des Wight-Hauses verankert zu haben.
    Bei Evelyn hatte dieses Tabu jedoch von Anfang an nicht gefruchtet. Denn Evelyn war gerade einmal drei Jahre alt.
    Liliths hatte keinerlei Erfahrung mit hypnotischer Einflußnahme auf Kinder, die noch mitten in ihrer Entwicklung steckten. Sie hoffte aber inständig, keinen unverzeihlichen Schaden in den Wight-Kin-dern anzurichten.
    Helen, Evelyns Schwester, war schon sechs und interessierte sich kaum für ihren Gast. Und die hübsche Deborah Wight ...
    Von dem Augenblick an, da ihr Mann William Lilith in sein Haus geführt und mit seiner Familie bekannt gemacht hatte, war Lilith klar gewesen, daß sie nichts tun würde, was diese Gemeinschaft in irgendeiner Weise gefährdete. Zu amourösen Abenteuern stand ihr ohnehin nicht der Sinn. Vielmehr fragte sie sich, wie es weitergehen sollte. Nicht nur aktuell im London dieser Zeit, sondern auch län-gerfristig.
    Salvats Auftrag, dem Satan nachzujagen und dessen Genesung zu verhindern, brannte immer noch wie ein grelles Fanal in ihrem Bewußtsein. Es schien unauslöschlich. Vielleicht würde es sie noch in ferner Zukunft an ihre Mission gemahnen ...
    Und an ihr Versagen?
    Lilith war jedenfalls nur noch verhalten optimistisch, die Kreatur, die das Urböse in sich zu tragen schien, ausfindig machen und besiegen zu können. Zu unsicher war der Weg, auf dem sie ihr gefolgt war. Der Zeitstrom hatte zahllose Abzweigungen. Wer konnte schon sicher sagen, an welcher der Teufel ihn verlassen hatte? Dort in der Kirche St. Magnus - den Namen hatte William ihr genannt - schien er jedenfalls nicht aufgetaucht zu sein, auch wenn das Schicksal des Küsters vielleicht ein Indiz dafür war. Aber dessen Dahinscheiden und Zerfall konnte auch gänzlich andere Ursachen haben. Vielleicht war er einfach dem Sog des von Beth erzeugten »Risses« zu nahe gekommen .
    Vieles schien möglich.
    Lilith hoffte, daß auch ihre Rückkehr in den eigenen Körper irgendwann möglich sein würde. Sie hatte die Hoffnung noch nicht aufgegeben, ihn eines Tages wiederzubeseelen . falls ihre Hülle überhaupt noch existierte und von Leben erfüllt war.
    »William kommt.«
    Lilith fielen die Schritte draußen vor der Tür erst um einiges später auf als Deborah, die sie darauf hingewiesen hatte. Alle im Haus waren sehr freundlich. Lilith verzichtete auf entwürdigenden Gehorsam. Sie wandte nur soviel Einflußnahme wie unbedingt nötig an.
    Im Aufstehen setzte sie Evelyn, die auf ihrem Schoß gesessen hatte, auf den Fußboden. Sofort verfiel das Mädchen mit dem goldblonden, zu Zöpfen geflochtenen Haar in quengelnden Protest, bis ihre Mutter, die mit einer Stickerei beschäftigt war, es zu sich rief.
    Helen spielte abseits mit einer Puppe und achtete auch nicht auf die Heimkehr ihres Vaters. Sie war völlig in ihr Spiel vertieft.
    »Und?« bestürmte Lilith den Heimkehrer, kaum daß er die Tür hinter sich ins Schloß gezogen hatte. »Gibt es Neuigkeiten?«
    Sie hatte ihn losgeschickt, um sich nach ungewöhnlichen Vorkommnissen in der Stadt umzuhören.
    William Wight hob bedauernd die Schultern.
    »Alles scheint ruhig«, sagte er mit seiner volltönenden Stimme. »Es ist ein gutes Jahr. Allenthalben herrscht Zufriedenheit. Die Pestfälle werden immer weniger. Es heißt, unsere Flotte habe einen großen Sieg über die Holländer errungen, aber sonst ...«
    Lilith trat enttäuscht einen Schritt zurück. Natürlich wünschte sie nicht, daß den Menschen etwas zustieß, aber sie wußte auch nicht, wie sie ohne Kunde von außergewöhnlichen Vorkommnissen die verlorene Fährte wieder aufnehmen sollte.
    Sie überlegte, ob es überhaupt Sinn machte, sich auf William und sein Gespür für Spektakuläres zu verlassen.
    »Keine Verbrechen, die sich durch besondere Grausamkeit oder Außergewöhnlichkeit auszeichnen? Keine Unruhe unter der Bevölkerung, weil ein Mörder ungesühnt sein Unwesen treibt, Leute verschwinden . oder irgend etwas in dieser Art?«
    William Wight schüttelte den Kopf. »Nur die Sache mit Ned Joyce erregt einige

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