Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
London 1666

London 1666

Titel: London 1666 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vampira VA
Vom Netzwerk:
verriegelt war, so daß sich einige besorgte Bürger zusammengerottet hatten, um nach dem rechten zu sehen. Offenbar hatten sie einen Weg gefunden, um das Hauptportal unversehrt zu lassen und dennoch ins Innere zu gelangen.
    »Wer bist du?« hörte Lilith einen Zuruf. »Rede! Und wo ist der Küster?«
    Lilith bewahrte Ruhe, obwohl sie sich nicht wohl fühlte. Sie trat den Männern entgegen. Die meisten trugen knielange Hosen, Strümpfe, Schnürschuhe mit hohen Absätzen, eine Bluse und einen Hut. Ihr Haare darunter war lang; manches fiel bis zu den Schulterblättern.
    »Wo bin ich?«
    Sie war immer noch in der Lage, ein magisches Verhör durchzuführen.
    Sofort verfielen alle Anwesenden in eine Art Trance.
    Lilith griff sich den ihr am nächsten Stehenden, einen Schnurrbartträger, heraus. »Antworte!«
    Der sehr ansehnliche Mann zögerte keine Sekunde. »In der Kirche St. Magnus.«
    »In welcher Stadt?«
    Die Hypnose ließ keine Irritation zu. »In London.«
    »London .«
    Wie kam sie von Frankreich nach London? Und wenn sich schon der Ort so radikal geändert hatte, war es dann nicht auch möglich, daß .?
    »Welches Datum schreiben wir?«
    »Den neunundzwanzigsten August.«
    »August?«
    Anfang Oktober hatte sie das Heerlager der Franzosen erreicht. War sie in der Zeit rückwärts gegangen?
    Es gab noch eine Alternative, die fast noch haarsträubendere Gefühle in Lilith weckte.
    »Welches Jahr?« fragte sie.
    »Sechzehnhundertsechsundsechzig.«
    Einen Moment wünschte Lilith, sie hätte die Frage nie gestellt. Dann faßte sie sich wieder. Es hatte keinen Sinn, sich etwas vorzumachen. Ihr Informant konnte sie nicht belügen.
    Der Spalt, den Beth ihr und dem Teuflischen offengehalten hatte, hatte sie tatsächlich um gut dreißig Jahre in die Zukunft versetzt und von der gerade erst wiedergefundenen Beth entfernt. Es war nicht nur ein Riß in der Realität gewesen, in den sie sich gestürzt hatte, sondern ein Tunnel durch die Zeit!
    Aber wo war dann der Schreckliche, der ihr vorausgeeilt war? So einen großen Vorsprung hatte er nicht gehabt .
    Falls das überhaupt eine Rolle bei dieser Art der »Fortbewegung« spielt, dachte Lilith.
    Wenn er nicht hier war, konnte er dann nicht auch unterwegs irgendwo . irgendwann . verlorengegangen sein?
    Lilith war nicht bereit, sich auf das dünne Eis solcher Hoffnung zu verlassen.
    »Warum seid ihr gekommen?« fragte sie.
    »Das Tor war zu. Ned gab keine Antwort ...«, bestätigte der Gefragte die Vermutung, die sie schon selbst angestellt hatte.
    »Schon gut.« Sie schwankte, suchte und fand Halt an dem Mann. Ihre Rechte klammerte sich an ihm fest.
    Dann war die sonderbare Anwandlung, deren Ursache Lilith auf den magischen Transfer durch die Zeit schob, auch schon wieder vorbei.
    Lilith ließ los.
    »Habt ihr das Mädchen gesehen?« fragte sie und gab der Gruppe eine möglichst genaue Beschreibung der Gestalt, die sich im Beichtstuhl versteckt gehalten hatte.
    Alle verneinten.
    »Sonst etwas Ungewöhnliches?« Sie spielte auf das Satanswesen an, bekam aber wiederum ein entschiedenes Nein zur Antwort.
    Ende August 1666, sinnierte sie daraufhin. Wie hat Beth das gemacht? Wer hat ihr die Macht verliehen, die Zeit zu manipulieren? Und wo mag sie jetzt sein? Ob sie noch am Leben ist?
    Aber was für eine Art Leben wäre das gewesen?
    Lilith hatte schon einmal Umgang mit einem Freund gehabt, der, wenn auch unter gänzlich anderen Umständen, von den Toten zurückgekehrt war: mit Duncan Luther. 4
    Sie schüttelte den Kopf. Vielleicht würde sie nie Näheres über Beth' Mysterium erfahren und sie so wenig wiedersehen wie Tobias Stifter, den sie gestern - vor drei Jahrzehnten - aus den Augen ver-loren hatte .
    Sie stoppte ihre düsteren Gedanken. Denn in diesem Moment nahm sie eine Bewegung am Rand ihres Gesichtsfelds, ganz am entgegengesetzten Ende des länglichen Kirchenschiffs, wahr.
    Sie fuhr herum und sah gerade noch den Schemen eines Mannes hinter einer Säule verschwinden.
    Offenbar hatte sie es versäumt, wirklich alle Bürger, die nach dem Befinden des Küsters hatten forschen wollen, unter ihre Kontrolle zu bringen.
    Aber als sie ihre magischen Fühler aussandte, fand sie keinen Widerhall. Neugierig ließ sie die Gruppe stehen und lief zu der Säule, hinter die der Unbekannte gehuscht war.
    Dort war niemand mehr, obwohl es keine Tür und keinen abzweigenden Gang in diesem Bereich gab - überhaupt keine Flucht- oder Versteckmöglichkeit!
    Wirklich nicht?
    Eher zufällig

Weitere Kostenlose Bücher