London Boulevard - Kriminalroman
Holland Park.«
Der Vordersitz schwamm in Blut. Jordan warf eine Decke über die beiden. Ich fragte:
»Was ist mit dem Jungen?«
»Er kann uns graben helfen.«
Heftiger Regen setzte ein und erschwerte den Blick von draußen auf den zusammengesunkenen Haufen auf dem Vordersitz. Blut schwappte mir über die Schuhe und das Bremspedal.
Als wir in Holland Park eintrafen, hatte sich der Regen zur Sturzflut ausgewachsen. Ich fragte:
»Was ist mit der Schauspielerin?«
»Sie wird bis mittags schlafen.«
»Sicher?«
»Ich habe dafür gesorgt. Fahren Sie vor die Garage.«
Das tat ich.
Wir stiegen aus und gingen rein. Jordan holte Regenjacken und sagte:
»Holen Sie die Schubkarre.«
Damit karrten wir Kerrkovian und den Punk in die Garage.
Allmählich kam der Punk wieder zu sich. Jordan sagte:
»Leeren Sie Ihre Taschen.«
Kerrkovian erleichterte ich um
eine Sig Sauer .45
eine Brieftasche
Zigaretten
ein Stilett
und einen Zettel mit einer Telefonnummer.
Die von Gant.
Dem Punk nahm ich ab:
eine Browning
ein dickes Bündel Geldscheine
Pfefferminzbonbons
Kondome
Koks.
Jordan ließ einen Eimer mit Wasser volllaufen und schüttete es dem Punk über den Kopf. Der prustete, schnappte nach Luft und öffnete langsam die Augen. Muss ein Alptraum gewesen sein. Zwei Gestalten in langen Wachsmänteln, das Gewitter und eine Leiche. Er sagte:
»Ihr habt mir die Nase gebrochen.«
Jordan sagte: »Steh auf, du hast Arbeit.«
Unsicher kam er auf die Füße, jammerte:
»Was ist los?«
Jordan sagte: »Halt die Klappe, dann hast du eine Überlebenschance.«
Er hielt die Klappe.
Ich fragte: »Wo verbuddeln wir Kerrkovian?«
»Unter der Ulme, an die er Ihren Freund gehängt hat.«
Jordan griff hinter das Regal, zog eine Flasche Brandy hervor, reichte sie mir. Ich nahm einen tiefen Schluck und bot sie dem Punk an.
Er zitterte so heftig, dass er sie kaum halten konnte. Der Brandy rann ihm über Kinn und Brust. Ich sagte:
»Nimm beide Hände.«
Er musste würgen, aber er behielt den Brandy bei sich. Ich gab Jordan die Flasche zurück, er nippte einmal kurz. Der Punk sah mich an, sagte:
»Lassen Sie nicht zu, dass der mich umbringt, Mr. Mitchell.«
Mister!
Ich sagte: »Natürlich nicht.«
Jordan sagte: »Hilf mir, ihm den Draht aus dem Hals zu ziehen.«
Wir drehten Kerrkovian um, sein Kopf kugelte herum, er hatte sich die Unterlippe durchgebissen. Der Punk machte:
»Uarg...h...h«
und kotzte.
An dem Draht waren zwei Holzgriffe befestigt. Sie sahen ziemlich abgenutzt aus. Darüber wollte ich lieber nicht nachdenken. Wir nahmen jeder einen Griff und zogen. Der Draht löste sich und Jordan wischte ihn am Anzug des Toten sauber. Dann richtete er sich auf, räusperte sich und spuckte ihn an. Er sagte:
»Hoch damit.«
Und wir warfen die Leiche auf die Schubkarre. Jordan nahm die Sig Sauer, wog sie in der Hand. Ich sagte:
»Näher kommt man an eine Vollautomatische kaum ran.«
Er zielte auf den Punk, sagte:
»Schieb die Karre.«
Der Sturm hatte zugelegt. Ich spürte den Regen sogar durch die wasserdichte Jacke. Der Punk hatte es nicht leicht mit der Schubkarre, aber schließlich erreichten wir die Ulme. Jordan warf ihm eine Schaufel vor die Füße, sagte:
»Fang an zu graben.«
Der Punk wischte sich Blut und Rotz von der demolierten Nase und fragte:
»Ganz alleine?«
»Mach schon.«
Der Regen hatte ihm die Aufgabe erleichtert, nur dass er im Matsch immer wieder ausrutschte.
Jordan reichte mir den Flachmann, ich trank wie ein Verrückter.
Endlich war das Grab geschaufelt. Jordan beugte sich über die Karre, zog eine Zange aus der Manteltasche und schnitt Kerrkovian den kleinen Finger ab.
Der Punk wimmerte und ich sagte:
»Herrgott!«
Das Brechen des Knochens klang wie ein Pistolenschuss. Dann kippte er die Karre, und die Leiche fiel ins Loch. Sie kam mit einem höllischen Platschen unten auf. Jordan reichte mir die Sig Sauer.
Ich sagte:
»Was?«
Jordan sah mir direkt in die Augen, sagte:
»Mir ist aufgefallen, dass Ihre Sprache mit Amerikanismen durchsetzt ist ... also bitte, it’s your call.«
Der Punk kapierte, was los war, flehte:
»Oh Gott, Mr. Mitchell, ich sag nix.«
Ich schoss ihm in die Stirn. Er schwankte einen Augenblick, fiel dann ebenfalls ins Loch. Jordan nahm die Schaufel, fing an, das Grab aufzuschütten. Ich bewegte mich nicht, stand einfach nur da, der Regen strömte auf mich herab, die Sig baumelte locker an meiner Seite.
Jordan richtete sich auf, sagte:
»Zeit für eine
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