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London Hades

London Hades

Titel: London Hades Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Dettmers
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waren zu ihm gekommen, hatten ihn gefesselt und fortgebracht, in einen Raum im Erdgeschoss dieses Hauses. Viele Stunden war das jetzt schon her. Er hatte das Licht einer Stra ß enlaterne durch ein Fenster gesehen, bevor sie die Fensterl ä den geschlossen hatten und das neue Schauspiel begann.
    Als es endlich endete, das M ä dchen still gewesen war, tot, so hoffte er, hatten sie eine Trennwand vor die Szenerie der blutbesprengten Fliesen des Baderaums gezogen und ihn mit Papier und Stift zur ü ckgelassen.
    Eine Ewigkeit hatte er auf das Papier hinabgestarrt. Er war dankbar gewesen, als Haggerty irgendwann zur ü ckkehrte, ihm die Augen verband und ihn wieder fesselte. Er hatte nicht ahnen k ö nnen, dass das Tuch, wie zuvor schon die h ö lzerne Abtrennung, eine perfekte Leinwand f ü r die Bilder in seinem Kopf abgeben w ü rde. Nur … der Stoff sperrte ihn mit seinen Erinnerungen ein.
    Jetzt, nach Stunden, gab es keine einzige Regung mehr in ihm, war da nur noch Leere. Er hatte sich nur deshalb auf die Knie hochgerappelt, um irgendetwas zu f ü hlen, wenigstens Schmerz. Seitdem wartete er.
    Vielleicht h ä tte er Angst haben sollen. Vielleicht w ü rden sie ihn bestrafen, weil er wieder nicht ihr Schreibzeug benutzt hatte. Es war ihm egal. Er war m ü rbe geworden. Jedes noch so leise Ger ä usch um ihn herum lie ß ihn auffahren. Was real war, was er sich einbildete, konnte er nicht mit Sicherheit sagen. Er glaubte, auch jetzt wieder Schritte zu h ö ren, entfernt, leise. Und Stimmen, die im Fl ü sterton sprachen. Sie machten ihm nur allzu eindringlich klar, dass dies vielleicht seine letzten sicheren Momente waren. Als er sich bem ü hte, ihnen zuzuh ö ren, wurde aus dem Gemurmel Fetzen einer Unterhaltung. Sie wurde gerade laut genug gef ü hrt, dass er sie verstehen konnte, so als ob jemand genau dies beabsichtigte.
    »… ihr sie gefunden? «
    » Ja, Mylord. Sie ist nach Bedlam gegangen. « Matthew glaubte, Haggertys Stimme auszumachen.
    Leises Lachen. » Verr ü ckt ist sie ganz sicher! Wisst ihr, was sie dort wollte? «
    » Nein, Sir. «
    » Sie wird jetzt ganz sicher zu ihrem Freund Nicholls in den Coral Court laufen. Fangt sie ab und bringt sie her. Sie wird lernen, was es bedeutet, sich auf die falsche Seite zu schlagen. – Die Kleine gestern Abend war zu schnell aufgezehrt, vielleicht h ä lt sie ja l ä nger durch? Und dann will ich diesen Hund Nicholls heulen sehen, wenn ich ihm ihre Ü berreste auf die Schwelle speie. «
    » Alles wird zu Eurer Zufriedenheit geschehen, Mylord. «
    » Dann kann ich mich auf den H ö hepunkt dieses Abends konzentrieren? «
    » Nat ü rlich, Mylord! Euer Gast wartete sicher schon darauf. «
    Schritte huschten hinfort und lie ß en Matthew vollkommen in sich zusammensinken. Er wollte nicht wissen, von wem sie geredet hatten. Er wollte kein weiteres Schauspiel mehr sehen! Wenn sie ihm die Fesseln das n ä chste Mal l ö sten, w ü rde er sich die Augen eigenh ä ndig auskratzen. Vielleicht w ü rden sie ihm diesen Gefallen wenigstens tun und ihn gew ä hren lassen.

    » Henri? Da ist Besuch f ü r dich. «
    M ü de hob Henry den Kopf von der Sessellehne. » Verschwinde, Josephine. « Er ä rgerte sich, dass sie ihn in seiner Lethargie gest ö rt hatte, dass sie ihn nicht einfach hier sitzen und verenden lassen konnte.
    » Er machte es dringend. «
    » Wer ist es denn? «
    » Ich wei ß nicht. Er hat seinen Namen nicht genannt und seinen Hut tief ins Gesicht gezogen. Au ß erdem sprach er sehr undeutlich. Schick ihn selbst weg, mir ist er unheimlich. «
    Gro ß artig. Ein unheimlicher Vermummter also? Henry stand auf und stie ß dabei seine letzte Flasche Gin um. Sie war schon viel zu lange leer, als dass ihre Wirkung ihn ann ä hernd stark genug h ä tte machen k ö nnen, um auch nur irgendeiner Bedrohung entgegenzutreten.
    Als er sich zur Zimmert ü r geschleppt hatte, war Josephine bereits fort. Nur ihr Rosenparfum hing noch im Treppenhaus. Henry atmete es tief ein und stieg die Stufen hinunter. Der Flur im Erdgeschoss empfing ihn mit einem warmen Luftzug, der aus der ge ö ffneten Kellert ü r drang. Ein wenig Licht sickerte aus dem tiefen Treppenschacht, kroch ein St ü ck weit ü ber den Boden und vereinte sich auf halbem Wege mit dem der Laterne, die im Hausflur brannte.
    Josephine hatte die Haust ü r wieder geschlossen, um ihn zu holen. Drau ß en wurde mehrfach laut der Klopfer bet ä tigt. Henry starrte auf den T ü rgriff. Als er endlich ö ffnete, hatte

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