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London Hades

London Hades

Titel: London Hades Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Dettmers
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Dann war das Gerede ü ber ihn aufgekommen, es hatte sogar eine kleine Flugschrift gegeben. Binnen k ü rzester Zeit war sein Ruf ruiniert gewesen, und Ross ’ Name blinzelte immer ö fter aus dem dunklen Ort in seinem Kopf hervor, an dem er die alten Erinnerungen versiegelt hielt.
    » Hier bist du also angekommen, in einer verwanzten Absteige « , sagte Ross mit gespieltem Bedauern und blickte an der Fassade des Hauses hoch, die wie dessen Interieur bessere Zeiten gesehen hatte. » Ist das Zimmer teuer? Zeig her, hast du noch all deine Z ä hne? Deine Mahlzeiten d ü rften wohl jetzt nicht mehr ganz so nahrhaft ausfallen. Und dann diese Umgebung … Ist nicht zwei Stra ß en weiter vor ein paar Tagen ein Haus eingest ü rzt? Hat zehn Nutten in den Tod gerissen, so h ö rte man. «
    Im Coral Court brauchte der Tod keine einst ü rzenden H ä user. Er hatte ja Ross. Henry h ä tte dem Kerl gerne in die grinsende Visage gespuckt, aber danach w ä re er wohl keine f ü nf Schritte weit gekommen. Der Stock stach immer noch zwischen seine Beine, und er legte sehr viel Wert auf die Unversehrtheit seiner Eier. Au ß erdem gab es nur einen Weg aus der Sackgasse des Coral Court hinaus, und Henry war sicher, dass dort bereits einige unauff ä llige Gentleman auf sein ü berst ü rztes Erscheinen warteten.
    Ross sch ü rzte die Lippen, als Henry ihm keine Reaktion g ö nnte. Aber der City Marshall fand sehr schnell Nahrung f ü r eine neue Herausforderung. »Ü brigens m ö chte ich dir herzlich f ü r die Ü berlassung deiner Bibliothek danken « , stellte er fest. » Sie erg ä nzt meine Sammlung wirklich pr ä chtig. «
    » Du …« Henry biss sich auf die Lippe. Nichts hatte ihn so sehr geschmerzt, wie der Verlust seiner B ü cher. Er hatte sie zur ü ckgelassen, als er seine Appartements bei Mrs. O ’ Maddy r ä umen musste. Sie waren sein wundervollster Besitz gewesen, das sch ö nste Geschenk, das ihm sein G ö nner, der sp ä te Squire Ashe, hinterlassen hatte, und seine Zuflucht an den Abenden, an denen sein melancholisches Gem ü t verhinderte, dass er seiner Arbeit nachgehen konnte.
    Es war ihm egal, ob er noch Luft bekam. Henry ruckte gegen die Hand des Thief-Takers. Darauf hatte Ross gewartet. Der Stock schnellte hoch und traf Henrys Kinn, bevor der Thief-Taker ihn fest gegen seinen Hals presste. » Na, na « , tadelte er ihn, » sieh es als Anzahlung. «
    Lichtblitze zuckten vor Henrys Augen. Vorsichtig bewegte er seinen Kiefer, aber es schien nichts gebrochen zu sein. Noch nicht. » Als Anzahlung worauf? «
    » Auf deine Schulden bei mir. «
    » Ich habe keine Schulden bei dir! « Er musste sich auf die Zunge gebissen haben, denn er schmeckte Blut im Mund; der Druck auf seine Kehle wurde immer st ä rker.
    » Oh doch, das hast du. «
    Als h ä tte jemand an einer Vorhangkordel geruckt, wurde Henry schwarz vor Augen. Er klammerte die H ä nde fest um den Stock und versuchte, ohne gro ß en Erfolg, ihn von sich fortzudr ü cken. Ross lie ß keinen Fingerbreit nach.
    » Dass ich dich damals verpfiffen habe, ist l ä ngst abgegolten « , w ü rgte Henry hervor.
    » Glaubst du das wirklich, oder hoffst du es? Du bist daf ü r verantwortlich, dass ich Newgate Prison besser kennen gelernt habe als mein eigenes Haus. «
    » Das ist lange her. «
    Ross ’ pockennarbiges Gesicht kam Henrys nach Luft ringenden Lippen sehr nah. » Ja, aber nicht lange genug, als dass ich es vergessen h ä tte. Jetzt wartet Newgate auf dich, Henri. «
    » Ich habe nichts … nichts …«
    » Nichts getan? « , vollendete Ross seinen Satz. » Und wie willst du die f ü nfunddrei ß ig Pfund abbezahlen, mit denen du bei mir in der Kreide stehst? « Er lockerte den Druck auf Henrys Hals ein wenig und gestattete ihm drei, vier panische Atemz ü ge.
    Henrys Gedanken rasten. Der Rufmord durch Ross hatte seine Einnahmen so drastisch minimiert, dass er hatte Schulden machen m ü ssen. Zuletzt hatten nur noch wenige seiner alten Stammkunden den Weg zu ihm gefunden. Das lag auch an seinem Umzug in die Abgr ü nde seiner Profession, vor allem aber an den b ö sen Ger ü chten ü ber seinen Gesundheitszustand.
    Ja, er hatte sich viel Geld geliehen. Aber nie bei Ross oder jemandem, der f ü r ihn arbeitete, darauf hatte Henry sorgf ä ltig geachtet.
    » F ü nfunddrei ß ig Pfund, Henri, ich habe sie aufgekauft. Deine Gl ä ubiger waren begl ü ckt. «
    Das triumphierende L ä cheln h ä tte Henry gerne mit dem Stock von Ross ’ Lippen gepr ü gelt.

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