London Killing - Harris, O: London Killing - Belsey Bottoms Out
Magazin namens Smile .
»Ich schau eben nach, ob sie da ist.«
Der Vater ging nach oben und kam ein paar Sekunden später wieder herunter.
»Sie ist im Bad.«
»Okay, dann warte ich. Hätten Sie wohl eine Tasse Tee für mich?«, sagte Belsey. »Ich bin schon den ganzen Tag auf den Beinen.«
»Natürlich.«
Belsey wartete, bis der Mann in die blitzende Küche verschwunden war, und ging dann schnell in den ersten Stock. Unter der Badezimmertür drang ein Streifen Licht in den Gang. Ihr Zimmer lag daneben. Fotos an der Wand, Plüschtiere auf dem Bett, in einem Regal Schulbücher für die Abschlussprüfung, Klamotten auf dem Boden. Er warf einen Blick in den Kleiderschrank und öffnete dann die Nachttischschublade, in der er eine Packung Antibabypillen, ein Adressbuch, ein Röhrchen Diazepam-Tabletten und zwei Broschüren von Kliniken fand, die Brustvergrößerungen durchführten. Belsey blätterte in dem Adressbuch und legte es zurück.
Er ging wieder nach unten ins Wohnzimmer, Sekunden später kam sein Tee.
»Furchtbar, diese Geschichte«, sagte der Mann.
»Ja«, sagte Belsey.
»Lucys Mutter ist ganz krank vor Sorge.«
Belsey lehnte sich auf dem rosa Sofa zurück. Er betrachtete die Weichzeichnerfotos, die die Tochter des Zahnarztes in Ballettkleid und Abendgarderobe zeigten. Niemand kommt auf die Idee, dass die Gefahr jemals das eigene Haus erreichen könnte. Auch wenn sie in der eigenen Familie lauert. Auch wenn bereits die engsten Familienmitglieder zu Tode geknüppelt werden.
»Wir werden den Schuldigen finden«, sagte Belsey.
»Wie kann ein Mensch mit so einer Tat weiterleben?«
Lucy kam die Treppe herunter. Sie war frisch geschminkt, trug Rock und kniehohe Stiefel und hatte eine Kunstpelzjacke über dem Arm. Es sah nicht so aus, als wollte sie sich bald schlafen legen. Sie schaute Belsey an, dann ihren Vater, dann wieder Belsey.
»Er ist von der Polizei«, sagte ihr Vater.
Sie runzelte die Stirn. »Ich habe schon alles gesagt.«
»Ich glaube, ein paar Details haben Sie vergessen«, sagte Belsey. »Ich interessiere mich für den Umgang, den Jessica gepflegt hat. Sie wissen schon – Sweethearts, in die Richtung.« Ihr Gesichtsausdruck veränderte sich schlagartig. Er drückte jetzt Panik aus. Sie schaute wieder ihren Vater an, aber aus dessen Gesicht sprach nur selige Unwissenheit. »Kön nen wir irgendwo ungestört reden?«, fragte Belsey.
Der Vorschlag schien ihr zuzusagen. Sie gingen nach oben in ihr Zimmer.
»Was wollen Sie?«, fragte sie.
»Setzen Sie sich.« Belsey machte die Tür zu. Sie setzte sich auf die Bettkante. »Ich will reden. Haben Sie manchmal Kunden, die auch nichts anderes wollen? Einfach reden?«
»Ich weiß nicht, was Sie meinen.«
»Warum haben Sie die Polizei angelogen?«
»Was haben Sie meinem Vater erzählt?«
»Dass Sie eine zynische kleine Hure sind. Was haben Sie Sky erzählt?«
»Verpissen Sie sich. Jessica ist Ihnen doch scheißegal.«
»Ach, meinen Sie? Vielleicht ist es mir auch scheißegal, dass Sie im Augenblick in ziemlich großer Gefahr schweben?«
»Sie sind doch alle unfähig.« Sie wandte sich ab, hatte seine letzten Worte aber sehr wohl verstanden. Er setzte sich neben sie aufs Bett und gab ihr das Foto aus dem Casino. »Ich möchte mehr darüber wissen – über diesen Abend und über diesen Mann. Ich glaube, je mehr ich darüber weiß, desto sicherer kann sich jeder fühlen.« Sie schaute das Foto ziemlich lange an. Sie schien sich zu fragen, ob es echt ist. Dann hatte Belsey das Gefühl, als versuchte sie sich seine Bedeutung auszumalen.
»Er heißt Pierce«, sagte sie schließlich.
»Was macht dieser Pierce?«
»Er ist Geschäftsmann. Ein sehr reicher.«
»Woher kennen Sie ihn?«
»Ich habe ihn nur einmal getroffen, an diesem Abend.«
»Erzählen Sie mir, was passiert ist.«
»Wir waren in diesem Club, einem Casino.«
»Wer ist wir?«
»Ich, Jess, Alexei.«
Er brauchte einen Moment, um das zu verarbeiten.
»Sie haben Alexei Devereux getroffen?«, fragte Belsey.
»Ja.«
Es war ein bizarres Gefühl, ausgerechnet im Zimmer eines Teenagers endlich auf jemanden zu treffen, der ihn mit eigenen Augen gesehen hatte, der direkt neben dem Menschen gesessen hatte, an dessen Existenz er schon fast nicht mehr geglaubt hatte.
»Wann war das?«
»Vorletzten Mittwoch.«
»Wie war er?«, fragte Belsey.
»Still.«
»Hatte er gern zwei Mädchen um sich?«
»Nein. Keine Ahnung, warum er mich dabeihaben wollte. Als dann Pierce dazugekommen ist,
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