London Killing - Harris, O: London Killing - Belsey Bottoms Out
nach.
»Sie war traurig. Mr Devereux hat sie verändert. Er war freundlich, und er war wohlhabend. Sie wollten durchbrennen und zusammenleben.«
Er war wohlhabend. Nichts, was Belsey nicht schon wusste. Es gibt Leute, die werden reich genannt, und es gibt Leute, die werden wohlhabend genannt. Leute dieser Sorte, die auch freundlich genannt werden, gibt es nicht so viele.
»Warum machen Sie das?«
»Was?«
»Auf den Strich gehen.«
»Ich brauche das Geld.«
Belsey musste lachen. Er konnte nichts dagegen machen, auch wenn er sich mies dabei fühlte.
»Wofür?«, sagte er.
»Für die Uni.«
Belsey hörte Schritte. Zwei Personen kamen die Treppe hoch.
»Und was wollen Sie wirklich?« Er schaute sie an. Er sah nur ein junges Mädchen, das eine Freundin verloren hatte, oder zumindest jemanden, der einer Freundin sehr nahekam. Er sah ein Mädchen, das allein auf der Welt war, in einem schönen Haus, mit zu vielen Klamotten und einem endlosen Nachschub an Männern, die mit ihr ins Bett wollten. »Wohin wollten sie durchbrennen?«, fragte er.
»Keine Ahnung. Weit weg, hat Jess gesagt. Aber sie konnte sich nicht entscheiden.«
»Konnte was nicht entscheiden?«
»Ob sie mit ihm gehen sollte.«
Belsey fiel der Brief in der Handtasche ein. Sie hatte sich entschieden. Die Frage war, warum Devereux es nicht zum Rendezvous geschafft hatte, um es herauszufinden. Lucy fing an zu weinen. Sie griff nach einer Packung Papiertaschentücher, die neben dem Kopfkissen lag. Dann öffnete ihr Vater die Tür.
»Was ist hier los?«, fragte er. Neben ihm erschien Lucys Mutter, die einen kleinen weißen Hund im Arm hielt.
»Lucy?«, sagte sie. »Schätzchen?«
Die Mutter hatte gute Zähne. Die ganze Famile hatte gute Zähne.
44
Belsey fuhr zu seinem Treffen mit Max Kovar im Ritz. In der Charing Cross Road hielt er kurz an und ging in einen Sexshop, dessen Erdgeschoss als normaler Buchladen getarnt war. Die meisten Leute würdigten die verblassenden Taschenbücher keines Blicks und gingen gleich in die Kellerräume. Belsey fand eine Hochglanzmonografie mit dem Bild eines Pferdes auf dem Umschlag, riss das Sicherungsetikett ab, ließ es auf den Boden fallen und ging wieder. Im Pub nebenan bat er den Barkeeper um einen Kugelschreiber, schrieb auf die erste Seite »Für Max Kovar« und unterzeichnete mit Devereux’ Namen.
Feinheiten. Der Hochstapler achtet auf die Feinheiten. Auf das Unterbewusste.
Belsey erreichte das Hotel gerade rechtzeitig. Im Rivoli war gerade Schichtwechsel: Die Touristen beendeten ihr Abendessen, die Nachtschwärmer und Thekenhaie übernahmen. Die Bar war so herrlich geschmacklos, wie er sie in Erinnerung hatte. Er rief vom Telefon an der Bar Charlottes Handynummer an.
»Hey, Charlotte.«
»Ich dachte schon, du hättest mich vergessen.«
»Wie sollte ich?«, sagte Belsey. »Ich hab ein Geschenk für dich. Der Typ hieß Pierce Buckingham und ist heute Abend in EC4 verstorben.«
»Das wär doch nicht nötig gewesen.«
»Die Sache wird kleingehalten, du kannst dir also was drauf einbilden.«
»Von der Schießerei in der City hab ich gehört. Aber sie haben keinen Namen genannt, auch sonst habe ich nichts mehr erfahren.«
»Das wirst du wohl auch nicht, es sei denn, von mir. Pierce Buckingham, das ist dein Mann. Aber du musst dich beeilen, sie werden sicher versuchen, die Geschichte unter Verschluss zu halten. Buckingham hatte Verbindungen zu einem In vestor namens Hong Kong Gaming Consortium. Vorletzten Mittwoch hat er Devereux getroffen.«
»Wo soll ich anfangen?«
»Versuch’s mit der Detektei PS Security. Mit einem von denen warst du ja schon auf Tuchfühlung. Nimm die Arbeitsverhältnisse mit noch aktiven Polizeibeamten aus dem Umfeld von Chief Superintendent Northwood unter die Lupe. Das könnte zumindest ein Hebel sein.« Belsey sah Kovar in die Bar kommen. »Tu mir einen Gefallen, Charlotte«, sagte er. »Ruf mich in drei Minuten unter der gleichen Nummer zurück und melde dich mit Alexei Devereux.«
»Was?«
»Bitte, es ist wichtig, ich muss jetzt Schluss machen«, sagte Belsey.
»Moment noch …«
Belsey legte auf und sagte dem Barkeeper, dass er in Kürze einen Anruf erwarte. Kovar hatte sich an einen Tisch im hinteren Teil gesetzt. Belsey ging zu ihm.
»Auf die Minute«, sagte er. Sie gaben sich die Hand. Belsey sah in der Lobby einige dunkle Anzüge herumstehen. Möglicherweise Sicherheitsleute, möglicherweise Kovars Leute. In die Bar war er jedoch allein gekommen. »Das soll ich
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