London Killing - Harris, O: London Killing - Belsey Bottoms Out
habe ich die meiste Zeit mit dem geredet. Alexei hat sich um Jessica gekümmert.«
»Devereux und Jessica standen sich sehr nahe, oder?«
»Sie haben sich geliebt.« Lucy senkte den Blick, als sie das sagte. Plötzlich, ohne ihren Schutzpanzer, war sie wieder sehr jung.
»Was ist mit Alexei und Pierce? Kannten sie sich gut?«
»Nein. Sie haben sich an dem Abend erst kennengelernt. Sie sind irgendwie ins Gespräch gekommen.«
»Wirklich?«
»Wirklich was?«
»Sie haben sich zufällig getroffen und dann einfach so angefangen, sich zu unterhalten?«
»Ja, glaube schon.«
»Worüber?«
»Geschäfte. Aber so, dass wir nichts hören konnten.«
»Glauben Sie, dass Devereux vielleicht wusste, dass er Pierce da treffen würde?«
»Möglich. Pierce hat gesagt, dass er oft in dem Casino ist. Er sagte, dass er gern Blackjack und Craps spielt.«
»Also hat nicht er euch bezahlt.«
»Nein, Mr Devereux.«
»Hat Pierce gewusst, dass Sie und Jessica bei der Arbeit waren?«
Sie zuckte mit den Achseln. Belsey nahm an, dass es Situationen gab, wo jeder auf die eine oder andere Art bei der Arbeit war.
»Woran können Sie sich im Zusammenhang mit Pierce Buckingham noch erinnern?«
»Er hatte kalte Hände.« Sie sah jetzt sehr jung und sehr verloren aus. Belsey stand vom Bett auf und zog den Stuhl unter der Frisierkommode hervor. Er setzte sich und beugte sich zu ihr vor, aber nicht zu nah.
»Ich glaube, ich kann herausfinden, was mit Ihrer Freundin passiert ist. Ich kann dafür sorgen, dass Sie nichts zu befürchten haben. Aber nur, wenn Sie mir alles sagen, was Sie wissen.«
Sie griff unter die Matratze und zog eine Speisekarte hervor: ein einzelnes, bedrucktes Blatt Papier, auf dem oben Villa Bianca stand. Sie gab es ihm.
»Waren Sie da?«
»Nein, Jessica und Alexei. Sie hat mir das gegeben.«
»Eine Speisekarte?«
»Schauen Sie auf die Rückseite.«
Belsey drehte sie um. Auf die Rückseite hatte jemand mit einem teuren Federhalter ein paar Zeilen notiert. Sie waren in der gleichen eleganten Handschrift geschrieben wie der Abschiedsbrief.
»Liebe Jessie. Du hast mich sehr glücklich gemacht. Ich weiß, es macht Dich wütend, dass ich Dir nicht alles erzählen kann. Du sagst, wir kennen uns nicht. Aber muss Liebe denn bedeuten, dass man sich kennt? Vielleicht kannst Du ja jemanden lieben, den Du nicht so gut kennst. Ist das möglich? Was immer geschieht – Du bist mein Schneetiger, meine kleine Kämpferin und Träumerin. Egal, was passiert – ich glaube, jetzt kennen wir uns.«
Unterzeichnet waren die Zeilen mit »Kuss, A.«. Belsey las den Text noch einmal durch. Schneetiger. Das war anrührend. Und es war seltsam. Während Belsey über diesen neuen, rührenden Zug an Devereux nachdachte, wurde sein Bild von ihm noch einmal komplizierter.
»Wann hat sie Ihnen das gegeben?«
»Am Abend vor ihrem Tod.«
»Und warum?«
»Für den Fall, dass irgendwas Schlimmes passiert.«
Belsey drehte die Speisekarte wieder um. Sie war datiert auf Sonntag, den 8. Februar. Die Empfehlung des Tages waren Lachstortellini. Das passte zur Quittung in Devereux’ Brieftasche. Anscheinend war kurz danach etwas Schlimmes passiert, dachte Belsey.
»Ich glaube, sie wollte, dass Sie uns dabei helfen, ihren Mörder zu finden«, sagte er.
»Das ist alles, was ich weiß.«
»Wie hat Devereux sich angehört? Hatte er einen Akzent?«
»Ja, einen ausländischen. Schwer zu sagen, er hat ziemlich leise gesprochen. Er hat nicht gerne geredet. Er meinte, sein Englisch sei zu schlecht.«
»Hier in dem Text ist es gut.«
»Tja, stimmt wohl.« Sie dachte darüber nach.
»Hat Devereux irgendein Projekt erwähnt?«
»Was meinen Sie?«
»Irgendeine Sache, an der er gearbeitet hat.«
»Weiß ich nicht. Aber sie waren wegen irgendwas ganz aufgeregt. Sie haben Champagner bestellt.«
»Warum?«
»Irgendwas hatte sich ergeben. Eine Möglichkeit.«
»Glauben Sie, dass diese Möglichkeit der Grund für Jessicas Tod sein könnte?«
»Sie machte sich Sorgen, dass irgendwas passieren könnte. Sie wusste es.«
»Was wusste sie?« Lucy schüttelte den Kopf. Sie war so durcheinander, dass sie keinen klaren Gedanken fassen konnte. »Sie hat zu Ihnen aufgeschaut. Sie hat sogar die gleichen Klamotten wie Sie getragen«, sagte Belsey.
»Ja, das stimmt.«
»Sie war ein stilles Mädchen. Dann taucht Devereux auf und sieht in ihr all das, was sie immer sein wollte.«
»Sie war nicht still. Nicht in ihrem Innern.«
»Wie war sie dann?«
Lucy dachte
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