London Road - Geheime Leidenschaft
genauso impulsiv wie ihre Schwester. Ellie hatte mir von dem Abend erzählt, an dem sie sich Adam an den Hals geworfen hatte. Adam war Bradens bester Freund, und aus Respekt ihm gegenüber hatte er Ellie lange auf Abstand gehalten. Was Ellie ihm nicht gerade leichtgemacht hatte. »Und wie war’s?«
Hannah sah verschämt zu Boden. »Er hat den Kuss erwidert.«
»Jippie!« Ich reckte albern die Faust in die Luft.
»Nee.« Hannah schüttelte den Kopf. »Dann hat er mich weggeschoben, ohne was zu sagen, und geht mir seit einem Monat aus dem Weg.«
Sie sah so geknickt aus, dass es mir in der Seele weh tat. Ich legte ihr den Arm um die Schultern und zog sie an mich. »Hannah, du bist wunderhübsch und lustig und klug, und es wird noch Unmengen an Jungs geben, die dich nicht wegschieben.«
Mir war klar, wie hohl das in ihren Ohren klingen musste. Es gab keine Worte, die den Schmerz unerwiderter Jugendliebe lindern konnten. Trotzdem wusste Hannah meinen Versuch zu schätzen, denn sie erwiderte meine Umarmung.
»Was ist denn mit euch los?« Beim Klang von Ellies Stimme schnellten unsere Köpfe in die Höhe. Sie stand mit vor der Brust verschränkten Armen und argwöhnischer Miene in der Tür. Ihre blonden Haare waren jetzt viel kürzer als früher. Nach der OP hatte sie wochenlang Kopftücher getragen, um die rasierte Stelle zu verdecken. Als die Haare ausreichend nachgewachsen waren, hatte sie sich einen Pixie-Cut schneiden lassen, der richtig sexy aussah, den sie aber trotzdem nicht ausstehen konnte. Inzwischen war ihr Haar wieder kinnlang und ihre Frisur genauso todschick wie die von Hannah.
Ich spürte, wie Hannah sich versteifte. Offenbar fürchtete sie, dass ich ihre Schwärmerei für den geheimnisvollen Marco ausplaudern würde. Ich konnte ihre Gefühle nachvollziehen. Er schien wirklich ein faszinierender Typ zu sein, und es war schlimm genug, sich nach einem attraktiven, rätselhaften Afro-Italo-Amerikaner mit schottischen Wurzeln zu verzehren, ohne dass die nervtötende Familie über alles Bescheid wusste. »Ich habe Hannah nur gerade davon erzählt, wie meine erste Liebe John mir das Herz gebrochen hat. Sie hat mich in den Arm genommen, weil ich ihr so leidtat.«
Als stummes Dankeschön verstärkte Hannah den Griff um meine Taille. Ellie riss die Augen auf. »Mir hast du nie was von John erzählt.«
Da ich das Thema nicht vertiefen wollte, stand ich auf und zog Hannah mit hoch. »Ein andermal. Es riecht so gut, bestimmt ist das Essen bald fertig. Lass uns zu den anderen gehen.«
Ellie machte ein langes Gesicht, als sie mit uns zusammen das Zimmer verließ. »Ich hab’s! Wir machen diesen Monat irgendwann mal einen Mädelsabend, und dann muss jede von ihrer ersten großen Liebe erzählen.«
»Seid du und Joss nicht mit eurer ersten großen Liebe zusammen?«
Ellies Mundwinkel verzogen sich nach unten. »Dann erzählst du eben von deiner?«
Ich schürzte angewidert die Lippen. »Klingt nach einem unglaublich lustigen Abend.«
»Wenn du mit Hannah zusammen bist, wirst du immer so sarkastisch. Ich verbiete dir, in Zukunft Zeit mit ihr zu verbringen.«
Hannah feixte bei der Vorstellung, Einfluss auf mich zu haben. Ich musste lachen, und mir wurde ganz warm ums Herz. »Das hättest du wohl gern, Ellie. Das könnte dir so passen.«
Als wir am Tisch saßen, wuselte Elodie noch eine Weile um uns herum, um sicherzugehen, dass wir mit allem Nötigen versorgt waren.
»Bist du sicher, dass du nicht noch ein bisschen Soße möchtest, Jo?«, fragte sie mich und balancierte die Sauciere in den Fingern, so dass sie bedenklich schwankte.
Ich lächelte trotz des Kartoffelstücks in meinem Mund und schüttelte den Kopf.
»Cole?«
»Nein, danke, Mrs Nichols.«
Seine Manieren waren so perfekt, dass es fast weh tat, und ich knuffte ihn anerkennend mit dem Ellbogen in die Seite. Cole warf mir lediglich einen Blick zu, der so viel wie »Du bist so was von peinlich« heißen sollte, und aß weiter.
»Worüber habt Hannah und du euch eigentlich so lange in ihrem Zimmer unterhalten?«, wollte Elodie wissen, nachdem sie am Kopfende der Tafel Platz genommen hatte. Clark saß am anderen Ende. Ellie, Adam, Joss und Braden saßen an der einen Längsseite, und ich hatte meinen Platz zwischen Cole und Hannah auf der anderen. Neben Cole saß noch Declan. Man merkte Elodie an, dass sie den Eindruck zu erwecken versuchte, als sei es ihr nicht weiter wichtig, worüber wir gesprochen hatten, obwohl es sie in Wirklichkeit brennend
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