London
wurde von den Burbages gebaut. Es gehört ihnen, Balken für Balken.« Das war der schwache Punkt in dem Pachtvertrag, den er voll Raffinesse entdeckt hatte.
»Er wird Euch vor Gericht bringen«, protestierte Ducket.
»Ihr habt recht. Aber ich glaube, wir werden gewinnen.«
»Ich werde dem ein Ende machen«, schnaubte Ducket wütend.
»Mit welcher Befugnis?«
»Als Alderman von London!« schrie Ducket.
»Aber, Sir«, wandte Edmund ein. »Hier ist Shoreditch, nicht London. Ihr habt hier keine Amtsbefugnis.«
Gegen Mittag war die Hälfte der oberen Galerie abgebaut, die Bühne hatte man bereits auf Karren verladen. Ducket kehrte mit ein paar Helfern zurück, um die Arbeiten aufzuhalten, doch Meredith zwang sie zum Rückzug, indem er drohte, sie anzuzeigen, weil sie eine Rauferei anzettelten und den Frieden des Königs störten. Als er dämmerte, begannen die Zimmerer mit der unteren Galerie, und niemand belästigte sie. Vorsichtshalber jedoch hielten die Männer die ganze Nacht hindurch abwechselnd Wache am Eingang.
Am Neujahrstag war das Theater von Shoreditch in seine Teile zerlegt. Dieses Unternehmen war nicht nur wagemutig, es war auch notwendig. Selbst ohne die finanziellen Probleme, die durch das Scheitern in Blackfriars verursacht worden waren, sahen sich potentielle Theaterbauer einem riesigen Problem gegenüber: dem Holzpreis. In weniger als einem Jahrhundert hatte sich Londons Bevölkerung verdoppelt, die Nachfrage nach Bauholz war riesig. Und vor allem die wuchtigen Balken der langsam wachsenden Eiche, die man für ein Gebäude brauchte, das eine ausgelassene Menschenmenge aushalten sollte, standen hoch im Kurs. Die Eichenfachwerkbauten der Elisabethaner waren ein Symbol ihres Reichtums. Die riesige Eichenladung, die die Burbages nun aus Shoreditch davonkarrten, war ein Vermögen wert.
Das Gelände, das die Burbages für das neue Theater ausgewählt hatten, war ausgezeichnet. Ein unbebautes Grundstück auf der Bankside, das zum Freibezirk des Clink gehörte, von den nahen Bordellen aber abgetrennt war. Es hatte Zugang zum Fluß, so daß respektable Bürger mit der Barke an den Uferstufen anlegen konnten, ohne etwas Anstößiges sehen zu müssen. Aber obwohl die Verhandlungen mit dem Landbesitzer fast abgeschlossen waren, war der Vertrag noch nicht unterzeichnet, so daß man das Holz noch ein oder zwei Wochen lang irgendwo lagern mußte.
Alderman Ducket hatte umsichtig Rat eingeholt, bevor er seine Falle legte. Das Dokument, das er als seine Befugnis verwenden wollte, war von mehreren Aldermen unterzeichnet worden. Die zwanzig Männer, die die Wagen übernehmen sollten, hielten sich diskret verborgen. Seine Spione hatten herausgefunden, daß die Burbages die schwersten und wertvollsten Eichenbalken auf zehn großen gemieteten Wagen transportierten.
»Wenn sie an der Brücke ankommen, müssen sie stehenbleiben, um den Zoll zu bezahlen. Dann schlagen wir zu«, erklärte er den übrigen Aldermen. »Niemand kann unsere Befugnis anzweifeln, solange sie noch im Stadtgebiet sind. Meine Männer werden die Wagen übernehmen, wir werden das ganze Holz wegen Verdacht auf Diebstahl beschlagnahmen.« Er grinste. »Wenn Giles Allen zurückkommt, kann die Sache vor Gericht gehen.«
»Und wenn Meredith recht hat und sie gewinnen?« fragte einer der Aldermen.
»Das macht nichts. Der Fall kann sich Jahre hinziehen«, betonte Ducket. »In der Zwischenzeit gibt es kein Holz, also kein Theater. Sie werden ruiniert sein.« Nun wartete er geduldig an der Brücke. Es war Vormittag, und die Wagen waren unterwegs.
Die Prozession der Wagen näherte sich dem Bishopsgate in mäßigem Tempo. Edmund saß im ersten. Als er suchend über die Straße vor sich blickte, sah er nichts Verdächtiges; sogar das alte befestigte Stadttor schien unbesetzt. Von dort aus würde die Straße sie zur Brücke führen. Er lächelte.
Kurz vor dem Tor bog der erste Wagen unerwartet nach links ab und folgte der Straße, die um die Stadtmauer und den Graben herumführte, und die übrigen Wagen fuhren ihm nach. Fünf Minuten später, als der Tower ein paar hundert Meter zu ihrer Rechten lag, rumpelten sie über einen gefrorenen Weg, der über offenes Gelände zum Fluß führte.
Vom Eingang zur London Bridge aus bot die zugefrorene Themse einen fröhlichen Anblick. Flußaufwärts hatten ein paar unternehmungslustige Kaufleute auf dem Eis Stände zu einem kleinen Markt aufgebaut. Man röstete Nüsse und andere Süßigkeiten, und dahinter hatte man
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