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London

London

Titel: London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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Kathedrale mit ihrem Turm noch einmal sehen wollte. Außer einem Angestellten fand er das Büro leer. Er erklärte, daß er für Gibbons arbeite, und fragte, ob er die Pläne sehen könne.
    »Die Pläne sind nicht hier«, erwiderte der Angestellte. »Sir Christopher hat sie alle mitgenommen.«
    »Es muß doch irgend etwas dasein«, wandte O Be Joyful ein.
    »Ich weiß, es ist seltsam, aber hier ist nichts. Wir haben nur einen Grundriß. Alles, was Wren bringt, sind Entwürfe der Abschnitte, an denen wir gerade arbeiten. Ich nehme an, er hat alles im Kopf.«
    Die Zeichen am Himmel begannen im nächsten Frühjahr. Zweimal gab es eine Mondfinsternis, dreimal eine Sonnenfinsternis. Zusätzlich zu diesen schrecklichen Zeichen bestätigte Titus Oates O Be Joyfuls schlimmste Befürchtungen. Es gab ein papistisches Komplott, und Sir Christopher Wren war daran beteiligt.
    Am meisten wurde O Be Joyful durch Meredith verwirrt. Ein- oder zweimal erinnerte er den Geistlichen an seine Befürchtungen wegen Wrens papistischer Kathedrale, aber selbst nachdem Oates die Verschwörung aufgedeckt hatte, weigerte sich Meredith, sich Sorgen zu machen. Seltsam war auch seine Reaktion auf die Mond- und Sonnenfinsternisse. »Ich begrüße sie sehr«, erklärte er. »Diese Vorgänge helfen uns, die Himmelsbewegungen genau zu messen.«
    »Sind sie nicht ein Zeichen Gottes?« fragte O Be Joyful ängstlich.
    Meredith lächelte. »Sie sind ein Zeichen dafür, wie wundervoll Er das Universum erschaffen hat.« Und er erklärte dem Handwerker, wie das Sonnensystem funktionierte. »All diese Finsternisse können exakt vorhergesehen werden. Selbst die Planeten und Kometen laufen auf Bahnen, die wir entdecken werden.« Das zumindest dachte ein Mitglied der Royal Society, Edmond Halley, der gerade von einer Reise in die südliche Hemisphäre, wo er die Sterne des südlichen Himmels aufgezeichnet hatte, nach London zurückgekehrt war. »Finsternisse, Kometen und alle Bewegungen des Himmels werden von ungeheuren physikalischen Ursachen bestimmt, nicht durch das unbedeutende Handeln der Menschen.« Doch O Be Joyful war ganz und gar nicht getröstet. Das Universum, wie Meredith es beschrieb, klang wie eine Maschine, ganz ohne Gott. Ich frage mich, dachte er, ob seine Wissenschaft, seine Royal Society und sein Observatorium nicht auch alles Teufelswerk sind. Schließlich war Wren Astronom. Der Gedanke, daß Meredith unwissentlich auf dem Pfad zur Hölle sein könnte, schmerzte ihn.
    Erst im Sommer 1679 begriff O Be Joyful, wie listig Sir Christopher Wren war. Er arbeitete an einer Kanzel für die alte Kirche St. Clement-Danes, die Wren neu errichtete, und kam auf dem Heimweg oft an der Kathedrale vorbei. Eines Abends plauderte er mit einem Maurer auf der Ostseite, als er bemerkte, daß nicht nur das ganze Fundament errichtet worden war, sondern auch die Mauern gleichmäßig in die Höhe gezogen wurden. »Abgesehen vom äußersten östlichen Ende will er die ganze Kathedrale an einem Stück errichten«, bestätigte der Maurer. »Ich weiß nicht, warum.«
    O Be Joyful begriff plötzlich. »Er baut sie so«, meinte er bitter, »damit es zu spät ist, wenn die Leute bemerken, was er wirklich tut. Sie werden ihn entweder auf seine Art weiterbauen lassen oder alles abreißen und neu anfangen müssen.«
    Es kam nicht überraschend für O Be Joyful, daß in diesem Herbst, als das Parlament zusammentrat und das House of Commons für eine Änderung der Thronfolge stimmte, um den katholischen Jakob auszuschließen, das House of Lords das Gesetz ablehnte und zugunsten Jakobs entschied. Er wußte, daß der neu erhobene Earl of St. James während der grimmigen Debatte führend für den König und seinen Bruder eingetreten war. Die Verschwörung hatte tiefe Wurzeln. Die leuchtende Stadt auf einem Hügel wurde direkt vor seinen Augen für die Herrschaft des Bösen errichtet.
    1685
    Der kommandierende Offizier der Dragoner sah Eugene mit kühler Unverschämtheit an. »Wir werden alle drei Schlafzimmer brauchen.«
    »Und wo sollen wir schlafen?« fragte Eugenes Frau.
    »Da steht die Scheune, Madame«, meinte der Offizier achselzuckend und blickte auf die beiden kleinen Mädchen. »Wie alt?«
    »Noch nicht sieben, Monsieur le Capitaine«, erwiderte Eugene. Wäre er nur nie zurückgekehrt.
    Trotz des Schutzes durch das Edikt von Nantes wurde Ihre allerkatholischste Majestät den protestantischen Hugenotten gegenüber von Jahr zu Jahr weniger tolerant. Man verbot ihre

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