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London

London

Titel: London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
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und seine kleine Familie an Bord schmuggeln konnte, doch der Kaufmann war guten Mutes. »Fünf Fässer zwischen hundert. Wir werden euch mehr zur Mitte hinstellen.« In jeden Deckel hatten sie winzige Luftlöcher gebohrt, und sie hofften, daß der Kapitän sie herauslassen konnte, sobald sie auf hoher See waren. Die Schwiegermutter hatte jeden mit einer Flasche Wasser und zwei Laib Brot versorgt.
    Am Vormittag rumpelten die Karren mit den Weinfässern über den Kai zu dem englischen Schiff, und die Mannschaft begann sie zu verladen. Der junge Offizier, der die Truppen befehligte, kam herüber und beobachtete sie genau. Plötzlich bemerkte er, daß die Männer, die eines der Fässer trugen, ein wenig aus dem Gleichgewicht kamen. Er zog seinen Degen, befahl den Männern, das Faß abzusetzen, und stieß durch den Faßdeckel.
    1688
    Massiv und doch anmutig erhob sie sich auf dem westlichen Hügel; die Mauern standen bereits, und mit dem Dach hatte man begonnen. Obwohl über der Hauptvierung der Kathedrale bisher nur eine große, klaffende Höhlung zu sehen war, machte die Anordnung der Stützpfeiler deutlich, wie es weitergehen würde. König Jakob unterstützte das Projekt mit allem Einfluß, den er hatte. Sondersteuern wurden für den Bau erhoben, und auch wenn niemand bisher Entwürfe gesehen hatte, wußte jeder, daß Wrens Kathedrale bald von einer mächtigen, papistischen Kuppel gekrönt sein würde.
    Obwohl O Be Joyful zu seiner Beschämung weiterhin Grinling Gibbons' Anordnungen befolgte, versuchte er immer Arbeiten zu vermeiden, die ihm zu papistisch schienen. Seine Arbeit beim Wiederaufbau der Gildehalle der Mercer in Cheapside vor ein paar Jahren hatte ihm besondere Freude gemacht, und vor zwei Jahren hatte er es vermeiden können, am Fries für eine Statue des neuen katholischen Königs zu schnitzen. Im Augenblick war er im kleinen St. James's Palace beschäftigt.
    An diesem schönen Morgen des 9. Juni 1688 blieb O Be Joyful Carpenter bei St. Paul's stehen und fragte sich, ob der Rat, den er seinem Freund Penny gestern abend gegeben hatte, richtig war. Der Hugenotte, der vor kurzem aus Bristol angekommen war, war jedenfalls erstaunt gewesen. »Du, O Be Joyful, unterstützt nun einen papistischen König?«
    »Ja, das tue ich.« Nach den jüngsten Ereignissen erschien es O Be Joyful zwingend. Doch als er nun an das besorgte Gesicht des Hugenotten dachte, fragte er sich doch, ob nicht alles eine Falle sei.
    Es war zwölf Uhr mittags, als Eugene Penny Meredith gefunden hatte. Nach vergeblichen Versuchen in einer Reihe von Kaffeehäusern entdeckte der Hugenotte den Geistlichen schließlich bei Lloyd's, wo er bequem an einem Ecktisch saß und eine Pfeife rauchte. Überrascht, aber erfreut, ihn nach all den Jahren zu sehen, lud Meredith ihn ein, sich zu ihm zu setzen.
    »Mein lieber Mr. Penny! Einen Kaffee?« Von den vielen Annehmlichkeiten in der neuen Stadt gefielen Meredith die Kaffeehäuser am besten. Jeden Monat schien ein neues aus dem Boden zu schießen. Diese den ganzen Tag geöffneten Kaffeehäuser in der City und im West End, in denen heiße Schokolade und Kaffee serviert wurden, waren vornehmere Orte als die alten Wirtshäuser und entwickelten rasch ihre jeweils eigenen Charakteristika. Das eine wurde von Literaten frequentiert, das andere von Militärs, ein drittes von Rechtsgelehrten. Meredith besuchte gern jeden Tag ein anderes, obwohl er das Child's eher vermied, denn dort traf sich der Klerus. Die Klientel des neueröffneten Lloyd's bestand vor allem aus Kaufmännern und Versicherungsleuten. Lange schon hatte es unter den Kaufleuten Pläne gegeben, Schiffe und ihre Frachten zu versichern; Häuserversicherungen dagegen waren bis nach dem großen Brand unbekannt. Doch diese große Katastrophe, unterstützt von der Tatsache, daß die neuen Ziegel- und Steinbauten weit weniger wahrscheinlich niederbrennen würden, hatte dem gesamten Versicherungswesen ungeheuren Aufschwung gegeben. Viele der besseren Häuser und fast alle Schiffe waren nun umfassend versichert. Die Taxierung von Risiken und die Vorsorge für eine Schadensdeckung wurden zu einer Wissenschaft für sich. Meredith hatte sich mit Versicherungsmathematik befaßt und genoß es, so geheimnisvolle Themen wie die angemessene Prämie für ein Schiff nach Ostindien mit den Männern im Lloyd's zu diskutieren.
    Eugene Penny nahm einen Kaffee an und erkundigte sich dann schüchtern: »Ich habe mich gefragt – könnt Ihr mir helfen, meine Stelle wieder

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