Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
London

London

Titel: London Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edward Rutherfurd
Vom Netzwerk:
zu bekommen? Ich würde gerne wieder nach London ziehen.«
    Bis vor kurzem war die Vorsehung auf seiner Seite gewesen. Drei Jahre war es her, als der Kapitän des englischen Schiffes den Deckel seines Fasses aufgebrochen hatte, um ihm zu sagen, sie seien nun sicher auf offener See. Als er erfahr, ein Offizier habe das Faß direkt neben ihm – das glücklicherweise Wein enthielt – mit seinem Degen durchbohrt, glaubte er daran, daß Gott wohl die Absicht habe, ihn überleben zu lassen. Auch ihr Empfang in Bristol war ermutigend gewesen. In dieser westlichen Hafenstadt gab es bereits eine Hugenottengemeinde, die in den folgenden Monaten weiter wuchs. Die Engländer waren gastfreundlich. Selbst in London, wo besonders in Spitalfields viele Einwanderer aus Frankreich lebten, gab es kaum Ressentiments gegen die hart arbeitenden Fremden. Die Geschichte ihrer Verfolgung bestürzte die englischen Protestanten, und als sie hörten, daß hugenottische Pastoren in Frankreich aufs Rad geflochten wurden, war die Empörung groß. Tausende von Hugenotten kamen in diesen Jahren nach England. Die Gesamtzahl der Franzosen im Land stieg auf über zweihunderttausend – was bewirkte, daß nach entsprechender Zeit schließlich drei Viertel der Engländer irgendwo einen hugenottischen Vorfahren aufweisen konnten. Penny war in Bristol geblieben, hatte Arbeit gefunden und war in bescheidenem Maße vorangekommen.
    Doch er vermißte es, für Tompion zu arbeiten. Daher war er vor zwei Tagen in die Hauptstadt gekommen, hatte seinen alten Freund Carpenter aufgesucht und sich aufgemacht, seinen früheren Meister um eine Stelle zu bitten. Doch der große Uhrmacher war verärgert, weil Penny ihn damals so plötzlich verlassen hatte, und war nun nicht gesinnt, ihm zu verzeihen. Für Penny war es ein bitterer Schlag. Er machte sich auf die Suche nach Meredith, um ihn um Fürsprache zu bitten. »Ja, ich kenne Tompion«, stimmte Meredith zu, doch er hatte den Eindruck, daß Penny noch mehr auf dem Herzen hatte, und auf seine sanfte Nachfrage hin holte Penny tief Atem.
    Penny lebte schon fast ein Jahr in Bristol, bevor er von irgendwelchen Schwierigkeiten hörte. Der König, der mehr Toleranz für seine katholischen Glaubensbrüder erreichen wollte, hatte begonnen, eine Reihe katholischer Offiziere für die Armee zu ernennen, und hatte einige Katholiken in seinen Geheimen Kronrat aufgenommen. Die Gerichte hatten bestätigt, daß er dazu berechtigt war, doch viele Leute waren empört. »Was ist mit der Test-Akte?« riefen die Puritaner. Der Bischof von London weigerte sich, seinem Klerus zu verbieten, öffentlich gegen das Vorgehen des Königs zu predigen, und wurde abgesetzt. Im folgenden Frühjahr war ganz England verblüfft über eine neue Entwicklung.
    »Eine Indulgenzerklärung«, teilte Penny seiner Familie eines Tages im April mit. »Jeder hat die Freiheit, seine Andacht so zu verrichten, wie er will.« Der katholische König Jakob, verärgert über die Opposition der Kirche, hatte keinen geringeren Protestanten als William Penn, den Patron der Quäker, hinzugezogen und mit seiner Hilfe dieses Edikt ausgearbeitet. »Es bedeutet, daß Katholiken ihre Religion frei ausüben und öffentliche Ämter einnehmen können, aber auch alle anderen – Calvinisten, Baptisten und sogar Quäker«, erklärte Penny. Eine solche religiöse Toleranz war in Europa nicht unbekannt. Im protestantischen Holland etwa konnten Katholiken und Juden unbehelligt von Wilhelm von Oranien ihrer Religion anhängen. Diese Erklärung hob die Test-Akte auf, und das Parlament widerrief sie daher.
    In Bristol begrüßten die meisten nonkonformistischen Protestanten die Neuigkeit. Es waren eine kleine Zahl von Katholiken, die Vorteile davon hatten, doch sehr viel mehr Protestanten. Penny war vorsichtig. Er las Flugschriften, stellte Fragen. Er erfuhr, daß der päpstliche Nuntius mit großem Zeremoniell nach Windsor gekommen war; in allen Grafschaften ersetzte der König die Vertreter der Krone und die Friedensrichter durch Katholiken. Aus Oxford kam die Neuigkeit, daß König Jakob versuchte, eines der Colleges in ein katholisches Seminar umzuwandeln. Ende des Jahres wurde bekannt, daß die Königin wieder schwanger war – worüber allerdings niemand besonders besorgt war, da sie seit fünfzehn Jahren immer nur Fehlgeburten gehabt hatte. Doch zusammengenommen beunruhigten all diese Dinge Penny zutiefst. Selbst als König Jakob erklärte, er werde ein Parlament einberufen, um

Weitere Kostenlose Bücher