Londons Albtraum-Nächte
Pelz und dazu einen sehr kurzen Rock. Sie lehnte an der Wand. Ihre langen Beine hatte sie durch Leggins geschützt, deren Farbe so rosa war wie die Haut eines Schweinchens. Den kleinen Mund hatte sie rot geschminkt. Am rechten Winkel verqualmte eine Zigarette, und sie war damit beschäftigt, ihre Nägel zu lackieren.
Wir fielen ihr durch unsere Schrittgeräusche auf. Die Kleine schaute hoch. Jetzt war zu sehen, dass sie eine blonde Lockenperücke trug. Ihr echtes Haar war dunkel.
Kurz nur schaute sie uns an. »He, ihr kommt zu früh. Meine Schicht beginnt erst später.«
»Das wissen wir«, sagte Suko. »Du könntest uns trotzdem ein paar Fragen beantworten.«
»Hä. Warum sollte ich das?«
»Weil es zu deiner eigenen Sicherheit ist.«
»Ich kann auf mich selbst aufpassen. Oder seid ihr die neuen Loddels, die abkassieren wollen?«
»Bestimmt nicht. Nur wollten wir dich fragen, ob du weißt, was mit Linda Perth passiert ist.«
Sie schraubte den Verschluss des Lackflakons zu und fragte dabei: »Wer ist das denn?«
»Sie ist nicht mehr, sie war.«
Jetzt ging ihr ein Licht auf. »Ach, die Tote.«
»Genau.«
»Nein, Schiss habe ich nicht. Ich bin sowieso nicht im Haus. Und draußen trauen sich die Typen nicht. Ist zwar Scheiße, im Winter anzuschaffen, aber immer noch besser, als von so einem Irren gekillt zu werden. So, und was noch?«
»Das war’s eigentlich.«
»Gut.« Sie bückte sich und hob ihr Lacktäschchen an, das sie zwischen den Füßen abgestellt hatte. Mit einem lockenden Blick verabschiedete sie sich und stöckelte den Flur hinab.
»Ganz schön abgebrüht, die Kleine.«
Ich zuckte die Achseln. »Der Job macht hart. Und die Zeiten sind auch nicht mehr so wie früher.«
»Das stimmt allerdings.«
Bisher war es uns noch nicht gelungen, die leere Wohnung zu finden, und auch der Hausmeister war uns nicht über den Weg gelaufen. So würden wir uns weiterhin umschauen müssen oder einfach das Glück haben, auf einen Menschen zu treffen, der uns half. Wir hatten schon welche gefragt und keine Antworten bekommen. Man kannte sich nicht aus und lebte nur in seinem eigenen Bereich. Diese Häuser waren einfach zu vielfältig, und es gab immer wieder neue Überraschungen, in die auch wir hineinstolperten.
Und da war noch die Geschichte von damals, die uns nicht aus dem Kopf ging. Die Untat irgendwelcher Menschen, die beim Errichten des Hauses jemand umgebracht hatten. Folgte jetzt die Rache? Hatten die Leute sich damals den Falschen ausgesucht?
Es konnte alles zutreffen. Bisher war es nur ein Hinweis gewesen, nicht mehr.
Suko schlug vor, das Haus zu verlassen.
»Warum sollten wir?«
»Vielleicht finden wir an den Außenseiten irgendeinen Hinweis. Man dreht ja fast durch. Wir wissen, dass ein Killer in der Nähe lauert, aber wir finden ihn nicht. Dafür findet er uns. Er hat genau gewusst, wo wir uns aufhielten. Du hast mit ihm gesprochen, John. Also muss er uns beobachtet haben. Es kann sein, dass er sich bereits im Haus aufhält. Wir sind dann möglicherweise an ihm vorbei gegangen, ohne ihn gesehen zu haben.«
»Da hast du Recht.«
»Und irgendwann schlägt er zu, John. Er hat uns sieben Tote in der Woche angedroht. Dieser Rudy sprach von einem Gorilla oder einer ähnlichen Gestalt, und du hast mit ihm telefoniert. Ich frage mich, wie das alles zusammenpasst.«
Ich wusste auch nicht, was ich antworten sollte. Suko hatte ja den Nagel auf den Kopf getroffen. Wir fühlten uns hier in eine fremde Welt versetzt. Auch wenn wir genügend Bewohner zu Gesicht bekommen hatten, einen Kontakt zu ihnen hatte es nicht gegeben. Sie spürten sofort, dass wir nicht in das Haus gehörten.
Unser Pech näherte sich dem Ende, und zwar durch den Klang einer Stimme. Wir kannten das Organ. Es gehörte dem Hausmeister, den wir wenig später auch sahen, als er die Treppe hinabkam. Er trug einen Werkzeugkasten und hatte den Kopf gedreht, um noch mit einer Person zu sprechen, die sich eine Etage über ihm befand.
»Ja, ja, ich werde das regeln. Sie müssen nur etwas Geduld haben, das ist alles.«
»Geduld?«, kreischte eine Frauenstimme, »die habe ich genug gehabt, verdammt. In meiner Bude ist es feucht, und ich will mir nicht den Tod holen.«
»Sie leben noch lange.«
»Ha, fuck you! «
Tom Brixon ging die letzten Stufen hinab, schüttelte dabei den Kopf und sah uns vor der Treppe stehen.
»He!«, rief er überrascht, »Da sind Sie ja.«
»Genau. Und wir haben auf Sie gewartet.«
»Tut mir Leid, dass es etwas
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