Londons Albtraum-Nächte
davon, wenn ich Ihnen zumindest zwei Stühle besorge?«
Ich winkte ab. »Machen Sie sich nur keine Umstände. »Wir kommen auch ohne Stühle zurecht.«
»Gut.« Er lächelte verlegen. Er hatte noch etwas auf dem Herzen und konnte es nicht für sich behalten. »Darf ich fragen, was Sie jetzt Vorhaben?«
»Auf den Mörder warten«, erwiderte Suko.
»Wirklich?«
»Nicht ganz. Wir werden ihn suchen und werden durch das Haus gehen. Er hat es bisher auf allein stehende Frauen abgesehen. Wir werden so etwas wie Wachtposten sein, die durch die Gänge patrouillieren. Mehr können wir nicht tun.«
»Hoffentlich schaffen Sie es dann auch. Außerdem ist dieser Killer verdammt gefährlich. Da müssen selbst Sie...«
»Keine Sorge, Mr. Brixon, das packen wir.«
Meine Telefonnummer haben Sie, falls Sie mal Hilfe benötigen?«
»Wir haben uns mit allem eingedeckt. Wir wissen auch, wo wir die potenziellen Opfer finden können. Das ist wirklich kein Problem.«
»Wer hat Ihnen das denn gesagt?«
»Hier wohnt ja niemand illegal – oder?«
»Das ist wahr.«
»Eben«, sagte ich. »Alle sind registriert, und da werden wir besonders weit die Augen offen halten.«
»Viel Glück.« Tom Brixon hob seine Werkzeugkiste an und verschwand wieder. Die Tür zitterte noch kurz nach, nachdem sie geschlossen war.
»Gratuliere«, sagte Suko.
»Wozu?«
»Zu unserer neuen Bleibe.«
»Ja, sie ist wirklich einmalig.«
»Und jetzt?«
»Warten wir auf die Dämmerung und vielleicht auch darauf, dass sich der Unbekannte wieder meldet.«
»Über sein Handy?«
»Ich traue ihm alles zu...«
»Danke, dass du mich mitgenommen hast, Howie, bei diesem Wetter macht es keinen Spaß, zu Fuß zu gehen.«
»Ist schon okay, Mary. Schönen Abend noch.«
Mary Sanders lachte. »So schön wird der nicht. Ich muss waschen, und das hasse ich.«
»Das macht doch die Maschine.«
»Wenn schon. Später muss ich dann bügeln, und das ist für mich ebenfalls eine Strafarbeit.«
»Du bist aber pingelig.«
»Dann würde ich nicht hier wohnen. Aber besser als gar nichts. Die Mieten in London sind bald unbezahlbar. Sogar in diesen Buden haben sie aufgestockt.«
Howie musste lachen. »Dafür wohnst du in einem historischen Komplex, vergiss das nicht. Mir ist zu Ohren gekommen, dass das Gelände sogar unter Denkmalschutz gestellt werden soll.«
»Wird die Miete dann noch teurer?«
»Keine Ahnung.«
»Okay, bis morgen dann. Und grüß deine Frau.«
»Mach ich.«
Mary Sanders stieg aus dem Wagen. Sie drückte die Tür des Clio hinter sich zu, winkte ihrem Kollegen und ging mit flotten Schritten auf einen der Hauseingänge in diesem Komplex zu.
Mary Sanders arbeitete als Sekretärin in einer Anwaltskanzlei. Es war an diesem Tag später geworden, da sie noch ein Gutachten hatte abtippen müssen. Das machte ihr nichts aus. Überstunden gehörten zum Job, und sie wurden sogar bezahlt.
Mary Sanders war 30 und seit zwei Jahren geschieden. Es hatte mit ihrem Mann zu viel Ärger gegeben, und sie war nur froh, dass sie zusammen keine Kinder hatten.
Seit zwei Jahren wohnte sie auch auf diesem historischen Flecken Erde. In einem Haus, dessen kleine Wohnungen alle belegt waren, auch wenn sie nicht besonders großzügig geschnitten waren. Aber das machte nichts. Sie kam auch gut allein zurecht.
Das im Haus jemand umgebracht worden war, hatte sie gehört. Und jetzt, als sie den Nieselregen hinter sich gelassen und die Haustür aufgeschlossen hatte, überkam sie schon ein bedrückendes Gefühl, und sie merkte auch, dass ihr Herz schneller klopfte. Mary hatte die Tote nicht gesehen. Auch der Mörder war niemandem aufgefallen. Es gab keine Zeugen, es existierte einfach nur diese grauenvolle Tat, die für sie so völlig motivlos war.
Mary hatte Linda Perth gekannt. Sie waren mal an einigen Abenden zusammen ausgegangen. Nicht in irgendwelche Discos, sondern einfach nur in einen Pub, um etwas zu plaudern.
Und jetzt gab es Linda nicht mehr.
Schrecklich...
Bisher hatte sie sich nie Gedanken über den Komplex gemacht, in dem sie wohnte. Bei ihrem Eintritt in das Haus verhielt es sich anders. Plötzlich kam ihr die Umgebung viel kleiner vor. Sie nahm ihr die gute Luft zu atmen, und Mary merkte, dass sie sich vorsichtiger bewegte und sich sogar sichernd umschaute.
Es war alles normal geblieben. Die Gerüche im Flur, die verhaltenen Stimmen der Bewohner, die zwei Kinder einer Nachbarin, die im Flur spielten und ihr wie immer die Zunge herausstreckten, hier ging das Leben
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