Londons Albtraum-Nächte
aufhalten kann. Erst recht keine Menschen. Wenn sie zu hungrig waren, bissen sie sich auch daran fest, das hatte sie gehört und auch mal einen Film darüber gesehen.
Das hier war jedoch die Wirklichkeit. Das war die Gefahr. Das Grauen.
Noch hatten die Tiere sie nicht angegriffen. Sie musste fliehen. Aus dem Bad laufen, durch das Zimmer zur Tür rennen, um aus der Wohnung zu kommen...
Mary Sanders holte tief Luft.
Sie wich zurück.
Nicht schnell, aber sie löste sich aus der Erstarrung. Eine sehr langsame Bewegung brachte sie in die Nähe der offen stehenden Tür. Es hatte ihr gut getan, den ersten Schritt gehen zu können. Den zweiten ließ sie auch hinter sich und damit auch dieses winzige Bad. Jetzt befand sie sich in der Küche, und da kam ihr eine Idee. Noch waren ihr die Ratten nicht gefolgt. An der Wand gab es eine Leiste mit Haken. Von ihnen herab hingen die verschiedenen Küchenwerkzeuge. Eine Schere, ein Schöpfer, ein Schneebesen und ein sehr scharfes Messer, das sehr teuer gewesen war.
Sie sah die Klinge, und der Gedanke schoss sofort durch ihren Kopf. Ein Ausfallschritt reichte aus, um den Griff des Messers zu packen.
Sehr fest hielt sie die Klinge. Sie fuhr damit herum. In den Augen stand der Wille zu lesen, sich wirklich zu verteidigen. Sie würde sich nicht so einfach anfressen lassen.
Die Ratten hatte die Küche noch nicht erreicht. Aber sie waren auch nicht auf ihren Plätzen im Bad geblieben. Auf der Türschwelle sah sie zwei der Tiere neugierig schnüffeln.
Mary widerstand der Versuchung, sie anzugreifen. Auf keinen Fall wollte sie die Nager wütend machen. Sie würde sich nur versuchen zu wehren, wenn man sie angriff.
Die zweite Tür führte in den Wohnraum, in dem sie auch schlief. Mit einer Drehung schaffte sie die Schwelle. Jetzt war es nicht mehr weit bis zur Tür. Kämpfen wollte sie nicht gegen die Ratten. Nur wenn es unbedingt nötig war und sie ihr Leben verteidigen musste.
Der eigene Atem klang laut, doch noch lauter waren die Geräusche hinter ihr. Die Ratten hatten sich jetzt alle in Bewegung gesetzt und nahmen die Verfolgung auf.
Mary Sanders hörte irgendwie typische Geräusche. Die Füße kratzten nicht nur über den Boden, die Tiere sprangen auch, umso schnell wie möglich Entfernungen zu überbrücken. Immer wieder vernahm die Frau den Aufschlag der Körper.
Die Tür!
Nur sie war wichtig!
Plötzlich kam ihr die Wohnung so verdammt groß vor. Es stand zu viel herum, und genau das war ihr Pech, denn sie übersah einen der kleinen Sessel.
Mit dem linken Bein stieß sie gegen einen der Füße. Der Sessel geriet in Bewegung. Beinahe wurde er umgerissen, aber er rutschte nur ein Stück weiter. Dennoch hatte sie diese Aktion Zeit gekostet. Hier zählten fast Bruchteile von Sekunden.
Den letzten Sprung zur Tür schaffte sie noch. Mehr allerdings war nicht drin.
Mit dem Körper berührte sie das Holz, aber die linke Hand fand die Klinke nicht. Die Bewegung war für sie einfach zu ungewöhnlich. So rutschte die Hand am Holz ab, und sie kippte nach vorn. Mit dem Gesicht schlug sie noch gegen die Tür, aber das war ihr jetzt egal. Sie wollte nur weg – und erhielt den Schlag gegen den Rücken.
Da hatte niemand mit einem festen Gegenstand zugeschlagen, das stand fest. Sie war von der ersten Ratte angesprungen worden, und genau dieses Tier klammerte sich mit seinen Krallen an ihrer Kleidung fest. Es war der große Wahnsinn. Sie hatte alles verloren. Die Flucht war missglückt, aber sie versuchte es noch einmal.
Der nächste Biss erwischte ihre rechte Wade. Die Zähne der Ratte waren durch den Hosenstoff gedrungen und hakten sich nun an ihrem Fleisch fest.
Mary wusste, dass jetzt der Zeitpunkt gekommen war, an dem sie um ihr Leben kämpfen musste.
Von der Tür stemmte sie sich ab und fuhr herum.
Noch in der Bewegung löste sich eine Ratte vom Boden und sprang genau auf sie zu. Das Tier hätte sie an der Brust erwischt. Die Abwehrbewegung mit dem Messer geschah aus einem Reflex heraus.
Die Klinge fuhr von der Seite her in den springenden Rattenkörper hinein. Für einen Moment spürte sie den Widerstand. Plötzlich spritzte Blut. Die Tropfen verteilten sich, sprenkelten den Boden. Die Ratte schrie nicht mal, als sie tot zu Boden fiel. Und das in zwei Teilen, denn sie hatte ihren Kopf verloren.
Die anderen Ratten wieselten um sie herum. Sie trat nach ihnen, erwischte ihre Körper und sah auch das Tier, das sich an ihrer Wade festgebissen hatte. Zwischen den Zähnen
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