Londons Albtraum-Nächte
Leben aus dem Nager heraus.
Okay, das war vorbei. Ich drehte mich um und erfasste mit einem Blick die Toilette.
Wieder bewegte sich der Deckel.
Von unten her stieß eine Ratte dagegen. Ich hörte die harten Geräusche genau, und die Ratte würde es auch bald geschafft haben, aber ich war schneller als sie.
Aus dem Nebenraum holte ich einen mit Farbe gefüllten Eimer, der ziemlich schwer war. Den stellte ich auf den Toilettendeckel. Jetzt mussten sich die Ratten schon an den Rändern durchbeißen, wenn sie nach draußen wollten.
Der Fall hatte sich verändert. Ja, es lag plötzlich etwas in der Luft. Da war das Böse zu spüren. Die Vorhut war nicht so gefährlich wie das, was hinter ihr stand. Ich dachte an die Beschreibungen der Berber. Der Killer musste ein hoch gewachsenes Monstrum sein, das bestimmt nicht aus der Toilette ins Freie schoss.
Es würde auf einem anderen Weg auftauchen. Wahrscheinlich durch die Tür. Es wusste, wo ich mich aufhielt. Es hatte mich immer unter Kontrolle. Möglicherweise durch die Augen der Ratten, die zu ihm gehörten. Aber das war alles Theorie. Noch hatte ich den Unhold nicht zu Gesicht bekommen, doch das würde sich ändern.
Er war wieder unterwegs. Er wollte sich das zweite Opfer holen. Der Albtraum sollte sich fortsetzen, nichts anderes hatte er im Sinn. Ich schaute mich um.
Zuerst ging ich wieder zum Fenster.
Der Blick in den Hinterhof zeigte mir, dass sich nichts verändert hatte. Es war kein Mensch zu sehen, und es trieben sich auch keine Ratten herum. Nur der Regen fiel nach wie vor in langen Bahnen aus den tiefen Wolken.
Wie sah die beste Lösung aus?
In meiner Nähe war es ruhig. Logisch, denn der Killer wollte nicht mich, sondern mir beweisen, wie mächtig und stark er war. Sich eine Frau nach der anderen holen. Eine uralte Rache ausleben.
Dann lief ich auf die Tür zu. Ich wollte sicherheitshalber auch in den Flur schauen. Jemand hatte das Licht eingeschaltet. Mein Blick fiel die kleine seitliche Treppe hinab bis zur anderen hin. Dort standen zwei Männer, die rauchten und sich unterhielten. Ihrer beider Schatten malte sich auf dem Boden ab.
Alles normal und okay.
Verdammt nochmal. Ich fühlte mich, als hätte man mich in ein Gefängnis gesteckt, obwohl ich mich frei bewegen konnte. Nur wusste ich nicht, wohin ich gehen sollte, und das war mein Problem.
Wenn man selbst nicht mehr weiter weiß, dann greifen oft andere Mächte ein. In meinem speziellen Fall war es das Handy, das seine Melodie abspielte.
Ich hatte meinen Namen noch nicht richtig ausgesprochen, da vernahm ich Suko’s Stimme.
»Wo steckst du?«
»Noch immer in der Wohnung.«
»Gut, ich bin draußen.«
»Auf dem Hinterhof?«
»Ja.«
»Hast du was gesehen?«
»Ich bin mir nicht hundertprozentig sicher, aber irgendwas ist schon komisch.«
»Sag doch und...«
»Nicht so hektisch. Ich habe an der Hauswand hoch geschaut. Es sind genügend Fenster erleuchtet, in die man hineinschauen kann. Das habe ich getan. Hinter allen Fenstern bewegten sich die Menschen normal, wenn ich sie sah, nur bei einem wurde ich misstrauisch.«
»Was passierte dort?«
»Ich habe eine Frau gesehen. Ihr Verhalten kam mir unnormal vor. Wie gesagt, ich sah nur den Umriss, der mal starr war und sich erst später bewegte, wobei mir die Bewegungen nicht normal vor kamen.«
»Wieso?«
»Mehr unkontrolliert.«
»Und jetzt?«
»Sehe ich sie nicht mehr. Aber ich werde zu ihr gehen. Und zwar von außen. Es gibt hier genügend Kletterhilfen und Balkone, die es mir leicht machen.«
»Okay. Was soll ich tun?«
»Von der anderen Seite kommen. Aus dem Flur. Ich beschreibe dir jetzt, wo dieses Haus steht. Versuche auf jeden Fall so schnell wie möglich, einen Weg dorthin zu finden.«
»Okay, mache ich.«
Ich hörte noch zu, als Suko mir die Lage des Hauses beschrieb. Ich ging davon aus, dass es zu schaffen war.
»Alles verstanden, John?«
»Habe ich.«
»Dann sehen wir uns...«
Mit diesem Satz beendete Suko das Gespräch, und ich verließ die kleine Wohnung. Mein Gefühl sagte mir, dass wir dicht dran waren und eine Chance hatten, aber ich wusste auch, wie gefährlich ein derartiger Killer sein konnte...
***
Suko steckte sein Handy weg. Er hoffte nur, dass er sich nicht geirrt und seinen Freund grundlos alarmiert hatte. Aber die letzte Zeit war verdammt hart gewesen. Was sich hinter dieser Scheibe abgespielt hatte, das sah Suko nicht als normal an. So seltsam bewegte sich kein Mensch.
Neben dem Fenster gab es
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