Londons Albtraum-Nächte
Killer.
Suko fluchte selten. In diesem Fall allerdings tat er es. Die Bewegung hatte ihn noch zur Seite getrieben und etwas nach unten, so dass er nicht mehr in das Zimmer schauen konnte.
Er musste sich jetzt um sich kümmern und Acht geben, dass er nicht nach unten rutschte.
Suko hatte aus seinem Körper durch das Spreizen der Arme und der Beine ein X gemacht. Das war genau die richtige Position, um einen Halt zu finden.
Nur kostete dies Zeit. Er brauchte nicht lange zu raten, was in dem Zimmer inzwischen passierte. Eine Frau hatte der Unhold schon getötet. Und jetzt eine zweite?
Suko hoffte, dass sein Erscheinen ihn davon abgehalten hatte. Sicherheit darüber würde er erst bekommen, wenn er das Zimmer betreten hatte. In seiner Position konnte er nicht mal dort hineinsehen, so tief war er gerutscht.
Über sein Gesicht lief das Regenwasser. Er spürte es in den Augen und auf den Lippen. Wieder schob er sich dem Fenster entgegen. Schon einmal hatte es geklappt, da würde er es auch zum zweiten Mal schaffen. Eine Befürchtung nur breitete sich in seiner Gedankenwelt aus. Er hatte Angst davor, dass der Killer möglicherweise am Fenster erschien und auf ihn wartete. Deshalb hatte Suko seine Beretta zwischen die Zähne gesteckt, um sie so schnell wie möglich in die Hand nehmen zu können.
Der Killer erschien nicht. Suko kämpfte sich wieder in seine vorherige Position. Die Scheibe war durch den Kugeleinschlag zerbrochen. Einige Stücke hingen an den Rändern fest, aber darum kümmerte sich Suko nicht, auch wenn er die Pistole jetzt wieder in der rechten Hand hielt und damit in das Zimmer zielte.
Das Untier war nicht mehr da. Soeben sah er noch eine letzte Ratte aus der Wohnung huschen. Auch sie kümmerte sich nicht mehr um das, was zurückgeblieben war.
Die Frau lag auf dem Boden.
Ob sie noch lebte, konnte Suko aus dieser Entfernung nicht beurteilen. Er musste so schnell wie möglich in das Zimmer hinein und sich dabei auch den Weg frei schlagen.
Die letzten langen Glassplitter schlug er weg, dann kletterte er durch das Gaubenfenster, duckte und drehte sich, um dann zu Boden zu springen.
Er war auf einigen Scherben gelandet, die unter dem Druck knirschend zerbrachen. Für Suko gab es jetzt nur die am Boden liegende Frau, auf deren Oberkörper und auch im Bereich des Halses sich die blutigen Wunden abzeichneten.
Hatte dieser verfluchte Killer auch sein nächstes Opfer geschafft?
Er fand die Lösung, als er sich hinkniete. Aus der Nähe sahen die Wunden noch schrecklicher aus. Da war die Haut durch die Krallen zerfetzt und weggerissen worden, aber trotz allem steckte noch Leben in der Frau. Sie war nicht tot.
Aber sie verlor Blut.
Suko wusste, dass er nicht viel für sie tun konnte. Es gab nur eine Chance. Er musste so schnell wie möglich einen Notarzt bestellen. Noch während er telefonierte, tauchte eine Gestalt an der Eingangstür auf.
Sein Freund John Sinclair...
***
Dieses verfluchte Haus Dieses verdammte Labyrinth, das einen Menschen, der sich nicht auskannte, wahnsinnig machen konnte. Ich hatte zwar eine ungefähre Beschreibung bekommen, aber es war so verdammt schwierig, den richtigen Weg zu finden.
Hier ging alles ineinander über, und ich spürte Wut in mir hochsteigen.
Ich sah die Bewohner. Frauen, Männer und Kinder. Sie nahmen mich nur wie einen Schatten wahr, der einmal stoppte, als ich mich nach dem Weg erkundigte.
Ich war richtig und fand tatsächlich bald die Treppe, die bis nach oben führte.
Ich lief sie hoch und wäre beinahe stehen geblieben, weil auf einer Stufe dicht vor mir ein pelziges Tier hockte. Eine Ratte, die sich nicht vertreiben ließ. Sie schaute mich aus ihren kleinen Augen böse an, und ihr Schwanz bewegte sich dabei zuckend.
Ich unternahm nicht den Versuch, sie zu zertreten. Für mich war wichtig, dass ich etwas anderes fand, und das war der Fall, als ich die Tür zur Wohnung einer Frau aufstieß, die Mary Sanders hieß.
Ich sah sie.
Aber ich sah auch Suko, der neben ihr kniete, und dessen Gesichtsausdruck nicht eben gut aussah. Auch am Ausdruck seiner Augen erkannte ich, dass er verloren hatte.
»Tot!?«, fragte ich.
»Nein, sie lebt noch. Ich habe ihn im letzten Augenblick vertreiben können.
»Dann... ist er entkommen?«
»Ja.«
Ich schloss für einen Moment die Augen. Verdammt noch mal, wir waren zu spät gekommen, aber einen Vorwurf konnte ich mir nicht machen. Es ging nicht anders. Es war eben so. Das Leben ist kein vorgeschriebenes Drehbuch. Es
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