Lonely Planet Reiseführer Argentinien
darunter zwei Jahre eingesperrt auf dem Grund eines Brunnens. Dennoch stimmten bei derselben Wahl, die Mujica an die Macht brachte, die Uruguayer in einem Referendum gegen die Aufhebung des sogenannten Schlusspunktgesetzes: Das hätte die Ahndung der Menschenrechtsverletzungen unter der Militärdiktatur von 1973 bis 1985 ermöglicht. Das Thema spaltet das Land weiterhin, wie die Abstimmung im Parlament im Mai 2011 verdeutlichte – sie endete mit einem Patt: Die Amnestievereinbarungen wurden um ein Haar gekippt – trotz Mujicas Bestrebungen, schlafende Hunde nicht zu wecken.
José Mujica ist für seine großväterlicher Art und Bescheidenheit bekannt. Er spendet über zwei Drittel seines Gehalts für wohltätige Zwecke und lehnt es ab, im Präsidentenpalast zu leben. Im Lauf seiner politischen Karriere sah man ihn kaum einmal in Anzug und Krawatte – er läuft gern hemdsärmelig und eher leger herum.
Geschichte
Zu Uruguays indigener Bevölkerung zählten die Charrúa an der Küste sowie die Guaraní nördlich des Río Negro. Die Charruá, Jäger und Sammler, widersetzten sich der europäischen Besiedlung über ein Jahrhundert, indem sie 1516 den spanischen Forschungsreisenden Juan de Solís und einen Großteil seiner Leute umbrachten. Zudem gab es hier wenig, was die Spanier hätte anlocken können; sie schätzten das ebene Land am Río de la Plata hauptsächlich als Zugangsweg zu Gold und anderen Reichtümern weiter im Landesinneren.
Die ersten Europäer, die sich an der Banda Oriental (Ostküste) niederließen, waren jesuitische Missionare. Sie siedelten sichin der Nähe des heutigen Soriano am Río Uruguay an. Als Nächstes kamen die Portugiesen, die 1680 das heutige Colonia als Brückenpfeiler für den Schmuggel von Waren nach Buenos Aires gründeten. Spanien reagierte darauf 1726 mit dem Bau einer Zitadelle in Montevideo. In den folgenden hundert Jahren kämpften die Spanier und Portugiesen um die Vorherrschaft am Ostufer des Río de la Plata.
Napoleons Invasion auf der Iberischen Halbinsel Anfang des 19. Jhs. beschleunigte dann den Machtverfall der Spanier und Portugiesen und rief in der gesamten Region starke Unabhängigkeitsbewegungen auf den Plan. Uruguays bedeutendster Nationalheld José Gervasio Artigas trug sich anfangs mit dem Gedanken, eine Allianz mit dem heutigen Argentinien und Südbrasilien einzugehen, sah sich schließlich jedoch gezwungen, nach Paraguay zu fliehen. Hier stellte er sich neu auf und gründete die berühmten „33 Orientales“ eine Gruppe von überzeugten uruguayischen Patrioten unter General Juan Lavalleja, die mit der Unterstützung Argentiniens dann am 19. April 1825 den Río Uruguay überquerte und Uruguay allmählich von der Vorherrschaft der Brasilianer befreite. 1828 wurde Uruguay nach dreijährigem Ringen in einem von den Briten vermittelten Vertrag als kleiner, unabhängiger Pufferstaat zwischen den aufstrebenden Kontinentalmächten eingerichtet.
Mehrere Jahrzehnte lang war die Unabhängigkeit Uruguays ein zerbrechliches Gut. Zwischen den beiden jungen politischen Parteien, den Blancos und den Colorados (benannt nach den weißen bzw. roten Armbinden, die sie trugen), herrschte Bürgerkrieg. Argentinien belagerte Montevideo von 1838 bis 1851, Brasilien stellte eine ständige Bedrohung dar. In der zweiten Hälfte des 19. Jhs. konsolidierte sich die Lage dann durch die Anerkennung der Unabhängigkeit Uruguays in der Region und durch das Erstarken der Wirtschaft, die im Wesentlichen auf der Rindfleischindustrie und Wollproduktion basierte.
Anfang des 20. Jhs. führte Staatspräsident José Batlle y Ordóñez, ein Mann mit Visionen, Innovationen wie Renten, Farmkredite, Arbeitslosenhilfe und den achtstündigen Arbeitstag ein. Staatliche Interventionen führten zur Verstaatlichung vieler Industrien, zu neuen Wirtschaftszweigen – und zu einer Epoche allgemeinen Wohlstands. Die Reformen Batlles wurden größtenteils durch die Besteuerung der Viehwirtschaft finanziert, und als dann in der Mitte des Jahrhunderts die Exporte zurückgingen, begann der Wohlfahrtsstaat zu zerbröckeln. Anfang der 1970er-Jahre begann eine Epoche der Militärdiktatur, in der Folter zur Tagesordnung gehörte. Mehr als 60 000 Bürger wurden willkürlich inhaftiert, bis dann schließlich die 1980er-Jahre die Rückkehr zur Demokratie mit sich brachten.
Kultur
Eines stellen die Uruguayer sofort klar: Dass sie mit ihren Vettern jenseits des Río de la Plata, den porteños , absolut nichts gemein
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