Lonely Planet Reiseführer Berlin
entstand als vorherrschender Skulpturenstil der Klassizismus. Johann Gottfried Schadows Quadriga – der von Pferden gezogene Triumphwagen auf dem Brandenburger Tor – verkörpert diese Epoche. Schadows Schüler Christian Daniel Rauch hatte die besondere Gabe, idealisierte, klassische Schönheit in realistischem Gewand darzustellen. Sein berühmtestes Werk ist die Reiterstatue Friedrichs des Großen Unter den Linden von 1851. Einen umfassenden Überblick über die Bildhauerei des 19. Jhs. bietet die Friedrichswerdersche Kirche .
In der Malerei des 19. Jhs. dominierte die Romantik, die von Gefühlen und verträumtem Idealismus geprägt war. An der Spitze der Beliebtheitsskala stand in jener Zeit Caspar David Friedrich, bekannt für seine stimmungsvollen, allegorischen Landschaften. Karl Friedrich Schinkel ist zwar berühmter als Architekt, aber er schuf auch einige phantasiereiche Gemälde. Eduard Gärtners Bilder dokumentieren Berlins anwachsende Stadtlandschaft und wurden besonders in bürgerlichen Kreisen geschätzt. Die Alte Nationalgalerie auf der Museumsinsel und der Neue Pavillon von Schloss Charlottenburg zeigen beide Kunst des 19. Jhs.
Auf dem Weg ins 20. Jahrhundert
Berliner Sezession
Die Berliner Sezession wurde 1898 von einer Gruppe progressiver Künstler gegründet, die die traditionellen Lehren der Kunstakademien ablehnten, da diese jede neue Form des Ausdrucks abwürgten. Ausgelöst wurde der Bruch durch die Weigerung des etablierten Vereins Berliner Künstler, auf ihrem jährlichen Salon 1891 Bilder von Edvard Munch zu zeigen. Ihren Höhepunkt erreichte er, als die Jury des Salons ein Landschaftsgemälde von Walter Leistikow ablehnte. In der Folge schlossen sich 65 Künstler unter der Führung von Leistikow und Max Liebermann zusammen und spalteten sich vom Verein ab. Weitere berühmte Mitglieder der Berliner Sezession waren Lovis Corinth, Max Slevogt, Ernst Ludwig Kirchner, Max Beckmann und Käthe Kollwitz.
Expressionismus
1905 gründete Kirchner in Dresden zusammen mit Erich Heckel und Karl Schmidt-Rottluff die Künstlergruppe „Die Brücke“, die mit ihren innovativen Visionen den Weg für den deutschen Expressionismus bahnte und damit die Kunstwelt auf den Kopf stellte. Die Ästhetik der Brücke ist durch Formen und Figuren in leuchtenden Farben charakterisiert, die sich am Rand des Abstrakten bewegen, ohne es jemals zu sein. Die Gruppe zog 1911 nach Berlin und löste sich 1913 auf. Das kleine Brücke Museum in Grunewald besitzt eine phantastische Sammlung dieser stilbildenden Gemälde.
Pikanterweise hatten sich die Expressionisten 1910 von der Berliner Sezession abgespalten, nachdem ihre Werke von der Jury der Sezession abgelehnt worden waren. Unter der Führung von Max Pechstein bildeten sie die Neue Sezession. Die ursprüngliche Gruppe blieb bestehen, aber ihr Einfluss schwand, besonders nach der Machtergreifung der Nazis 1933.
POTSDAMER STRASSE
Die etwas schäbige Potsdamer Straße entwickelt sich derzeit zu einer der spannendsten Galeriemeilen Berlins, ein Zeichen dafür, dass sich der Trend von schicken innerstädtischen hin zu bescheideneren „wohnzimmerartigen“ Galerien verlagert.
Das Bauhaus
1919 entstand in Weimar die Bauhaus-Bewegung und -Schule. Sie stützte sich auf die praktischen anti-elitären Prinzipien, Form und Funktion zusammenzubringen, und übte einen tiefgreifenden Einfluss auf jegliches moderne Design aus – viele Beispiele sind im Bauhaus Archiv zu besichtigen. Die Schule zog zwar 1925 nach Dessau und erst 1932 nach Berlin, aber viele ihrer einflussreichsten Persönlichkeiten arbeiteten in Berlin. 1933 musste sie unter dem Druck der Nazis schließen.
Nach der Machtergreifung der Nazis verließen viele Künstler das Land, andere landeten im Gefängnis oder Konzentrationslager und ihre Werke wurden beschlagnahmt oder vernichtet. Die Kunst, die stattdessen gefördert wurde, war oft grauenvoll, meist einfache „arische“ Formen und Monumentalstile. Der Propagandakünstler Hans Herbert Schweitzer, der unter dem Pseudonym Mjölnir auftrat, verkörperte mit klobigen gotischen Schriften und idealisierten Figuren den typischen Stil jener Zeit.
DER PINSELHEINRICH
Der 1858 in Radeburg bei Dresden geborene Heinrich Zille zog als Kind mit seiner Familie nach Berlin. Der gelernte Lithograf wurde zum ersten prominenten Künstler, der die soziale Entwicklung Berlins in der Frühzeit der Moderne einfing. Sein unverkennbarer Stil stellte den Alltag und reale
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