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Long Reach

Long Reach

Titel: Long Reach Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Cocks
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Welt, mit ungewissem Ausgang: Würde das Glänzende, Neue den Schrottplatz schlucken oder würde die Müllhalde das Neue mit Rost und Verfall überziehen und zu sich in den Abgrund reißen?
    »Willkommen in deinem neuen Zuhause«, präsentierte mir Tony den Wohnblock mit einer einladenden Handbewegung.
    »Meinem was?«, fragte ich.
    »Deiner Wohnung.« Er lachte. »Viel Gesellschaft wirst du allerdings nicht haben, fürchte ich. Das Gebäude steht halb leer. Gebaut für die Yuppies und Börsenheinis, die in der Gegend angeblich Schlange stehen sollten.«
    »Wo sind die denn hin?«, erkundigte ich mich.
    »Entweder gab es die von vornherein nicht oder sie sind inzwischen pleite   …« Er grinste. »Investmentbanker«, sagte er mit einer Geste aus dem Handgelenk.
    Tony tippte einen Code in die Tür ein, ein schweres Ding aus Glas und Stahl. Auf den Tasten standen keine Ziffern, aber sie machten unterschiedliche Töne.
    »Keine Ziffern?«, fragte ich.
    »Nein. Ist sicherer ohne. Du musst dir die Tonfolge merken, aber das ist jetzt kein Thema. Geht ja grad erst los.« Die Tür schnappte auf und wir spazierten durch einen kühlen Marmorflur zu einer Lifttür aus Stahl. Sie öffnete sich mit einem Zischen.
    »Das ist dein sicheres Haus«, erklärte Tony und drückte den Knopf für den fünften Stock. »Die Leute, die sich diese Art von Bude kaufen, haben es gern gut geschützt, deshalb bist du hier bombensicher, um’s mal so zu sagen. Hier ist nicht viel los. Sei einfach diskret und nicht zu dicke mit den Nachbarn. Von denen wirst du wahrscheinlich eh nicht viel mitkriegen. Die neigen dazu, früh zur Arbeit zu gehen und spät nach Hause zu kommen, und Familien sind keine dabei.«
    Er reichte mir einen Zettel mit der PI N-Tonabfolge für die Haustür unten und eine andere Kombination für die Wohnung. Der Aufzug kam im obersten Stockwerk zum Stehen.
    »Merk dir die Zahlen und dann schluck’s runter«, sagte Tony.
    Mein Gesichtsausdruck ließ ihn in Gelächter ausbrechen.
    »Nur ein Witz, Kumpel.« Er klopfte mir auf die Schulter. »Lass ihn nur nicht blöd rumliegen.«
    Ich gab den Code zur Wohnung 501 ein und trat durch die Tür. Die abgestandene Luft schlug mir ins Gesicht; alles roch neu. Tony machte das Licht an und mich durchfuhr ein aufgeregtes Prickeln, als ich den großen, offenen Raum in mich aufnahm.
    Da standen ein gemütlich aussehendes Sofa und ein paar Ledersessel. Auf dem Boden dazwischen lag ein dicker, moderner Teppich und es gab einen gläsernen Couchtisch miteiner Obstschale und einem Stoß Bücher darauf. An der Wand hing ein großes gerahmtes Original-Filmposter von James Bond   –
Dr.   No
. Tony bemerkte meine Reaktion und zwinkerte mir zu.
    »Mein Geschenk zum Einzug«, sagte er. »Kleiner Scherz.«
    Unter dem Poster stand ein Schreibtisch mit einem silbernen Apple-Notebook darauf. Tony klappte den Computer auf und fuhr ihn hoch. In der Menüleiste oben war schon mein neuer Name eingegeben: Eddie Savage. Das Hintergrundbild zeigte den Blick aus dem Fenster, das die ganze Breitseite der Wohnung einnahm: die Skyline der Docklands, mit Canary Wharf als größter Erhebung in der Mitte. Tony klickte meinen Namen an, dann
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, und schon wirbelte der ganze Bildschirm durcheinander und legte eine zweite Benutzeroberfläche frei. Tony tippte ein weiteres Passwort ein: 3dd13.
    Ich furchte die Stirn. Wie sollte ich mir diese ganzen Codes und Ziffern merken?
    »3dd13, Eddie   – kapiert?«, fragte Tony. »Hab ich mir selber ausgedacht.«
    »Sehr einprägsam«, sagte ich.
    »Das ist jetzt dein Passwort für alles, was du für uns machst, okay?«
    Ich nickte.
    »Diese Oberfläche ist für den vertraulichen Kram. Hat eigene E-Mail , eigenen Webbrowser, alles.« Er klickte wieder auf meinen Namen, und die Skyline meldete sich zurück. »Mit dieser Oberfläche kannst du anstellen, was du willst. Sorg halt dafür, dass sie aussieht wie der Desktop eines durchschnittlichen siebzehnjährigen Kerls.«
    »Klar, Tony.« Ich freute mich halb tot wegen des Computers. Zu Hause hatte ich mir den uralten Riesenknochen von einem Dell mit allen teilen müssen, und das hier war die Technik von übermorgen, hauchdünn wie eine Waffel und schnittig wie ein Ferrari.
    »Knall ihn voll mit Rapmusik und Pornos, wenn dir danach ist, aber denk dran, dass E-Mails und Browserverlauf von beiden Konten überwacht werden, leider.«
    Ich muss wohl ein bisschen rot angelaufen sein, denn Tony blickte hüstelnd aus dem Fenster,

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