Long Tunnel. Ein Roman des Homanx- Zyklus.
angezogen fühlen. Haben Sie etwas gegen Schlangen?«
»Ich bin Geningenieurin. Nichts Lebendiges stört mich außer ein paar Lebewesen, die ich nicht mit dem unbewehrten Auge betrachten kann.«
Es würde mich interessieren, was du über mich denkst, wenn du meine Vergangenheit kennen würdest, dachte er. »Sie sind auf der emotionalen Ebene telepathisch begabt. Scrap weiß, was Sie empfinden. Wenn er sich entschließt, sich an Sie zu binden, dann werden Sie keinen treueren Gefährten und wirkungsvolleren Leibwächter finden. Pip und ich sind schon mein ganzes Leben lang zusammen. Es gab höchstens ein oder zwei Momente, in denen diese Beziehung mich gestört hat.«
»Wie lange leben sie?« Sie streichelte den Hinterkopf der fliegenden Schlange, wie Flinx es bei Pip getan hatte.
»Das weiß niemand. Auf Alaspin sind sie nicht weit verbreitet und auf anderen Welten praktisch unbekannt. Dies ist ein ziemlich unwirtlicher Ort, um in freier Natur Studien zu betreiben, und noch viel weniger ist das bei einem Wesen möglich, das so gefährlich ist wie ein Minidrach.« Er dachte einen Moment lang nach. »Pip war schon reif, als ich sie fand, demnach muß sie um die siebzehn sein. Für ein Reptil wäre das schon sehr alt, aber Minidrachs sind keine Reptilien.«
»Nein. Ich spüre die Körperwärme.« Sie lächelte ihren neuen Freund an. »Nun, wenn du dort bleiben willst, dann sei herzlich willkommen.«
Der Minidrach wollte. Flinx konnte es spüren. Nachdem er in Erwägung gezogen hatte, sie zu umarmen und zu küssen, seufzte er und ließ sich auf seinem Bett nieder. Bei solchen Vorstellungen war er Experte, aber völlig unfähig, sie in die Praxis umzusetzen. Seine Finger spielten nervös miteinander.
»Ich sagte, ich werde Ihnen helfen. Wie wollen Sie jetzt vorgehen?«
»Ich muß zurück zu meinen Leuten. Sie machen sich bestimmt mittlerweile furchtbare Sorgen. Soweit ich weiß, hat niemand eine Ahnung, was mir hier zugestoßen ist. Sie werden ganz schön aufgeregt sein.«
»Weil sie Sie persönlich vermissen oder weil Sie ein so wichtiger Teil in der Forschungsmaschinerie sind?«
»Beides trifft zu«, versicherte sie ihm, ohne verlegen zu blinzeln. »Aber das Ganze ist wohl eine größere Sache, allemal größer als ich. Aus ihren Fragen glaubte ich entnehmen zu können, daß die Fanatiker das gesamte Projekt zu Fall bringen wollen. Mich zu kidnappen, war ein Weg, um den Betrieb zu bremsen und gleichzeitig an Informationen heranzukommen, die sie für ihr Unternehmen brauchten.«
»Entschuldigen Sie, aber Sie sehen für mich nicht alt genug aus, um für eine Firma dermaßen wichtig zu sein.«
Allmählich veränderte sich ihr Ausdruck. Dann erkannte sie, daß er sie hänselte. »Ein Punkt für Sie. Ich werde keine Bemerkung mehr über Ihr Alter machen, wenn Sie das gleiche bei mir unterlassen.«
»Das klingt ja schon viel besser.«
»Ich muß schnellstens zurück. Meine Abwesenheit bringt alles ins Stocken. Ich bin sozusagen das weitsichtige Zentrum des Projekts, der Dreh- und Angelpunkt. Sie wenden sich an mich, um zu Durchbrüchen zu gelangen, um neue Sichtweisen kennenzulernen. Nicht wegen der alltäglichen Konstruktionsarbeit. Ich bin dort intuitiv, wo nahezu jeder andere deduktiv vorgeht.« Sie sagte das so beiläufig und selbstverständlich, daß er genau wußte, daß sie nicht damit prahlte, sondern nur Tatsachen schilderte.
»Ohne mich kommt alles zum Stillstand, wenn das nicht bereits geschehen ist. Bringen Sie mich nach Alaspinport. Dann beraten wir, was wir als nächstes tun. Ich nehme an, ich muß mich irgendwie verkleiden. Abgesehen davon, daß sie sicherlich hier nach mir suchen, werden sie dort im Hafenbereich herumwimmeln wie Läuse oder wie Sie diese Dinge nannten, die meine Beine angriffen.«
»Milbenkäfer hauptsächlich.« Er starrte auf ihre Oberschenkel.
Als er wieder hochblickte, sah er, wie sie ihn angrinste. »Gefällt Ihnen, was Sie sehen?«
Er gab sich Mühe, leicht überheblich zu erscheinen. »Hübsche Beine, schlimme Bisse.«
»Vielleicht sollte ich nicht gleich mit dem ersten Schiff zu fliehen versuchen. Ich wette, allzu viele landen sowieso nicht auf Alaspin.« Er sah, daß sie laut dachte. »Aber wenn ich es nicht gleich mit dem nächsten Schiff wage, hänge ich hier vielleicht noch mehrere Wochen herum, bis wieder mal ein Linienschiff in den Orbit geht, und damit hat die Gegenseite noch mehr Zeit, meine Spur aufzunehmen. Und so werden wir wohl versuchen müssen, aufs
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