Long Tunnel. Ein Roman des Homanx- Zyklus.
gesprochen.«
Flinx runzelte die Stirn. »Sicherlich wäre eine Höhle, die diesem Umfang entspräche, mittlerweile längst eingestürzt.«
»Wer weiß? Auf Long Tunnel muß eine ganze Reihe gültiger Geologiegesetze neu geschrieben werden. Desgleichen biologische Gesetze.«
Seit sie den Hangar hinter sich gelassen hatten, wurde er sich eines gewissen Summens in der Luft bewußt, eines ständigen leisen Singens, als wiederhole ein Chor immer wieder die gleiche Melodie.
»Pumpen«, erklärte sie, als er sich nach der Herkunft dieses Geräusches erkundigte. »Auf Long Tunnel gibt es sehr viel Wasser. Immer noch wachsen und entstehen Höhlen. Auf der Oberfläche regnet es ständig, und das Wasser muß schließlich irgendwohin fließen. Das meiste versickert auf natürlichem Wege, aber es gibt Stellen, wo wir uns ausbreiten wollen, die aber auch vom Wasser bevorzugt werden. Daher setzen wir Pumpen ein. Wie ich schon sagte: Energie stellt hier kein Problem dar.«
»Trotzdem muß doch jemand für alles das bezahlen.«
»Die Infrastruktur des Hafens und die Versorgungseinrichtungen werden zusammen von der Regierung und den Privatfirmen unterhalten, die unter Lizenz arbeiten. Alles andere wird privat betrieben.«
»Sehr gut. Sind alle Firmen in der gleichen Höhle ansässig?«
»Nein, sie sind über den ganzen Planeten verstreut und untereinander mit Kommunikationsfaserkabeln verbunden. Der Nahbereichsfunk arbeitet aufgrund der zahlreichen Wände und des soliden Felsens nicht allzugut, ganz gleich, was die technische Entwicklung liefert. Es ist billiger und sauberer, Kabel zu verlegen. Die inneren Wände dienen nur zur Wahrung der Privatsphäre, da jede Gruppe ihre eigene Höhle hat. Du suchst dir irgendeinen freien Raum aus, beseitigst alles, was dich stört, und stellst deine Schreibtische und Aktenschränke und Betten und Kocheinrichtungen und Laborausrüstungen auf. Auf Long Tunnel gibt es mehr Büroraum, als ein Dutzend Welten besetzen könnten.«
»Das alles erscheint mir sehr wirkungsvoll und gut durchorganisiert. Warum sollte jemand euch hier behelligen?«
Ihre Miene verdüsterte sich. »Ich weiß es nicht. Sie sind ja nicht zu mir gekommen und haben es mir erklärt. Aber andererseits reagiere ich nur auf Logik und Vernunft.«
Er hätte beinahe erwidert: ›Du bist einfach zu hübsch, um sarkastisch zu sein‹, doch er überlegte es sich anders. Erstens, so meinte er, würde ihr das nicht gefallen, und zweitens war er sich niemals ganz sicher, was er in Gegenwart schöner Frauen sagen sollte. Immer wenn er mit ihnen ein Gespräch anzufangen versuchte, erntete er aus irgendeinem Grund ein Stirnrunzeln anstelle eines Lächelns. Er kam viel besser zurecht, wenn er überhaupt nichts sagte.
»Autsch, Vorsicht!« Sie legte ihm eine Hand auf den Arm, um ihn nach rechts zu steuern.
Zuerst sah er sie gar nicht, weil er direkt geradeaus schaute. Es dauerte einen Moment, bis seine Augen die Bewegung wahrnahmen.
8. Kapitel
Drei von ihnen kamen parallel zu ihnen auf sie zu und überquerten die linke Hälfte des Plastikbodens, auf dem Flinx und Clarity sich bewegten. Jedes Wesen bestand vorwiegend aus einem handbreiten Mund und einem Körper, der breit und flach war wie eine blaßgelbe Flunder mit blauen Streifen. Helle rosige Lippen umrahmten jeden der großen Münder.
Zuerst dachte er, daß es sich um große Insekten handelte, die auf winzigen Beinen oder Haaren vorwärtsstrebten. Als sie näher kamen, sah er krausen Pelz. Jedes der Wesen war etwa einen halben Meter lang. Bis auf die klaffenden flachen Münder, die vibrierten, während die Lebewesen sich bewegten, besaßen sie keinerlei sichtbare äußere Organe bis auf zwei schwarze Punkte, die dicht über und hinter den Kiefern lagen. Durchaus möglich, daß dies früher einmal Augen gewesen waren. Jedes der zwei Dutzend Gliedmaßen, auf denen sie gingen, wies in der Mitte ein Gelenk auf und endete in einem flachen runden Teller. Ein haarloser Schwanz, mehrere Zentimeter lang, ragte aus dem hinteren Ende hervor. Sie sahen aus wie ein Trio von gesichtslosen mutierten Schnabeltieren, denen die Beine eines überdimensionalen Tausendfüßlers angezüchtet worden waren. Flinx starrte sie mit offenem Mund an, während sie still vorbeizogen wie eine Armee winziger Mähmaschinen.
»Schwimmer.« Clarity zeigte auf die Wesen, während sie erklärte. »Wir überwachen sowohl die Wohn- als auch die Arbeitsbereiche. Auf Long Tunnel sind es gefährliche Raubtiere, und es
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