Lord Camerons Versuchung
zweites Kind zu wachsen begonnen hatte. »Ich habe Hart versprochen, ihn zu unterstützen«, sagte Isabella. »Er hat so verzweifelt ausgesehen, als er mich darum gebeten hat.«
»Das kann ich mir denken.« Mac fuhr fort, sie zu streicheln. »Wo steckt Hart überhaupt?«
»Er umwirbt hinter verschlossenen Türen einige Diplomaten mit Brandy und Zigarren«, sagte Isabella.
»Und überlässt uns die langweilige Arbeit«, murrte Mac.
Ihr jüngster Bruder Ian war auch nicht anwesend, aber keiner von ihnen musste nach dem Grund fragen. Cameron hatte früh am Morgen mit Ian gesprochen. Ian mochte weder Menschenansammlungen noch mochte er Spiele, bei denen er die Flugbahn eines Balles innerhalb von zwei Minuten berechnen konnte. Er hätte sich gelangweilt und sich unbehaglich gefühlt und hatte sich zurückgezogen, um allein zu sein. Und gab damit Harts Gästen wieder etwas, worüber sie reden konnten.
In der Vergangenheit hätte sich Cameron über Ian Sorgen gemacht und wäre jetzt losgegangen, um sich zu vergewissern, dass sein Bruder nicht verwirrt irgendwo allein dasaß oder stundenlang auf eine Ming-Schale starrte oder endlos über einer mathematischen Aufgabe brütete. Doch heutzutage wusste Cameron, dass Ian die Entschuldigung, Menschenmengen nicht zu mögen, vermutlich benutzte, um mehr Zeit allein mit seiner Frau zu verbringen – im Bett. Dieser gewiefte Bursche.
»Cameron, wenn du wirklich mitspielen willst, dann kümmere dich um Mrs Yardley«, riss Isabella ihn aus seinen Gedanken. »Sie hat freiwillig auf die Teilnahme verzichtet, da wir eine ungerade Personenzahl haben, aber ich weiß, dass sie sehr gern mitspielen würde.«
Camerons Blick wanderte zu dem Teil des Rasens, wo der italienische Graf Ainsleys Arm ergriffen hatte, um sie zum ersten Törchen zu führen. »Schön«, sagte Cameron. »Dann also Mrs Yardley.«
»Ausgezeichnet. Sie wird entzückt sein.« Isabella lächelte und reichte ihrem Schwager einen Schläger. »Stell es dir als eine sehr langsame Art Polospiel vor. Viel Spaß, Cam.«
»Oh, den werde ich haben.« Cameron nahm den Schläger und marschierte entschlossen auf den Rasen. Ainsley Douglas, mit ihrem Grafen beschäftigt, schaute nicht einmal zu ihm hin.
4
Mrs Yardley, eine sehr füllige grauhaarige Dame, die schlecht gehen konnte, erwies sich als klug und unterhaltsam. Cameron flirtete ein wenig mit ihr, während er ihren Schläger und den Klappstuhl trug, den er ihr bei jedem Tor aufstellte. Sie erklärte, dass sie es sehr schätze, dass Isabella sie mit dem schwarzen Schaf der Familie MacKenzie zu einem Team zusammengeführt habe – eine Lady ihres Alters und ihrer Leibesfülle hätte nicht mehr viel Aufregung im Leben.
Cameron stützte sich auf seinen Schläger und versuchte, nicht an seine Kopfschmerzen zu denken, als das langwierige Spiel immer langwieriger wurde. Er hatte gestern Abend viel zu viel getrunken, und auch wenn er sich während des Rittes heute Morgen besser gefühlt hatte, so sorgte sein Kater noch immer für einen Brummschädel.
Ainsley hingegen sah frisch und munter aus, jedes ihrer schimmernden Haare saß da, wo es sitzen sollte. Mit zerzausten Locken hatte sie Cameron viel besser gefallen. Auf seinem Bett gestern Abend hatte er ihr goldenes Haar mit seinen Händen ausbreiten wollen, es über ihre nackten Brüste legen und die Lippen küssen wollen, die ihm so frech geantwortet hatten. Er ließ seine Sinne zu ihrem Duft hin treiben und erinnerte sich daran, wie sie sich unter ihm angefühlt hatte, er erinnerte sich an ihren Mund, als er den Schlüssel hineingeschoben hatte.
»Ah«, sagte Mrs Yardley. »Ich sehe, dass ein Frühlingsmädchen den Blick eines Burschen eingefangen hat.«
Cameron öffnete die Augen und runzelte die Stirn, als der Graf seine Hände um Ainsleys Hände schloss, um ihren Krocketschläger zu führen. Es gab keinen Grund für den Grafen, sie zu unterweisen – Ainsley hatte mit ihren guten Schlägen bereits eine Reihe von Punkten erzielt.
»Es ist Herbst«, stellte Cameron klar. Die Bäume am unteren Ende des Parks glühten in Scharlachrot und Gold und vermischten sich mit dem tiefdunklen Grün der Kiefern.
»Aber eine schöne Lady bedeutet immer Frühling für das Herz.«
»Ich meine, dass es für mich Herbst ist.« Cameron beobachtete Ainsley, als sie sich vorbeugte, um mit großer Präzision ihren Ball zu schlagen. Der Anblick von Ainsleys Händen, die kraftvoll ihren Schläger umfassten, machte ihn schwindelig.
»Unsinn.
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