Lord Camerons Versuchung
Anstrengung.
»Ja, mein Lieber, ich habe Ihre Frau gekannt.«
Ein Blick auf Mrs Yardley sagte Cameron, dass sie einige der Geschichten über Lady Elizabeth kannte. Die Erinnerung an Elizabeths wunderschönes Gesicht, ihre verrückten Augen, als sie sich auf ihn stürzte, bereit zuzuschlagen, ließ seinen Körper sich anspannen. Alter Schmerz und alte Finsternis trübten plötzlich den hellen Vormittag.
Cameron hörte wieder Ainsleys Lachen, und er öffnete die Augen. Die Visionen lösten sich auf.
»Wenn Sie meine Frau kannten, dann werden Sie verstehen, warum ich die Ehe als ein jämmerliches Dasein sehe«, sagte Cameron, der noch immer Ainsley beobachtete. »Ich werde das nicht noch einmal auf mich nehmen.«
»Es kann ein jämmerliches Dasein sein, das bestreite ich nicht. Aber mit dem richtigen Menschen kann es das schönste Leben der Welt sein. Glauben Sie mir, ich weiß das.«
»Wir sind dran«, sagte Cameron kurz angebunden. »Sind Sie bereit, ein Stück zu gehen?«
Mrs Yardley lächelte. »Ich bin ziemlich müde, Mylord. Spielen Sie für mich.«
Cameron spürte den gestohlenen Brief in seiner Tasche knistern und beobachtete, wie Ainsley den Grafen anlächelte.
»Sie sind eine kluge Frau, Mrs Yardley.« Er senkte den Schläger, den er über seine rechte Schulter gehalten hatte, und näherte sich ihrem wartenden Ball.
»Das weiß ich, mein Lieber«, sagte Mrs Yardley hinter ihm.
Ainsley konnte genau den Moment abschätzen, in dem Cameron aus dem Schatten trat, um seinen Ball zu spielen, während Mrs Yardley auf ihrem Stuhl sitzen blieb. Ainsley war sich jeder Bewegung Camerons bewusst gewesen, seit er aufgetaucht war, auch wenn sie es vermieden hatte, ihn direkt anzusehen.
Ihr war nicht entgangen, dass Cameron Mrs Yardleys Stuhl und Schläger getragen und seine langen Schritte den ihren angepasst hatte, als sie über das Spielfeld gegangen waren. Er war geduldig, freundlich sogar, und unterhielt sich mit der alten Dame, die ihn anlächelte.
Cameron war geduldig und sanft mit seinen Pferden, behandelte sie mit einer Fürsorge, wie er sie Menschen nur selten zuteil werden ließ, es sei denn, sie waren wie Mrs Yardley. Es war eine Seite an ihm, die niemand kannte, und Ainsley fragte sich, ob irgendjemand außer ihr diese Seite überhaupt jemals bemerkt hatte.
Sie gewahrte jedoch keine Spur von dieser Geduld, als Cameron von seinem Ball hochschaute und Ainsley direkt ansah. Seine Augen funkelten vor Entschlossenheit wie die eines Billard-Profis, der darauf aus war, den Pool zu gewinnen.
Schlimmer wurde es noch dadurch, dass Lord Cameron in seinen Reitkleidern einfach fantastisch aussah: braungelbe Breeches, die eng seine Oberschenkel umschlossen, schlammbespritzte Stiefel, die lässige Jacke offen über einem schlichten Hemd. Camerons ausgeprägte Männlichkeit ließ die schmächtigen Engländer blass und fade gegen ihn erscheinen, als gesellte sich ein Bär zu einer Herde gefügiger Hirsche. Er führte seinen Schläger mit großer Präzision, wodurch er und Mrs Yardley bereits eine stattliche Punktzahl errungen hatten.
Cameron holte jetzt mit dem Schläger aus und schlug seinen Ball mit aller Kraft. Die Kugel flog in einer geraden Flugbahn den kleinen Hügel hinauf, rollte aus und stieß mit einem Klicken gegen Ainsleys.
Ihr Herz machte einen Sprung. »Das ist sehr aufdringlich«, murmelte sie.
Der Graf, ihr ziemlich einfältiger Partner, rief: »Exzellenter Schlag, Mylord!«
Cameron schlenderte zu ihnen hinüber, den Schläger über die Schulter gelegt. Er sagte nichts zu Ainsley, als er seinen großen Fuß auf seinen Ball stellte und erneut zum Schlag ausholte. Die Reitjacke spannte sich über seinen Schultern, als Cameron den Ball vor seinem Fuß traf. Die Wucht des Aufpralls trieb Ainsleys Ball weit über das Grün. Sie sah mit Schrecken, wie die hellgelb und weiß gestreifte Kugel fröhlich zum Rand des Rasens hüpfte und im Dickicht unter den Bäumen verschwand.
»Ich glaube, Ihr Ball ist außerhalb des Spielfeldes gelandet, Mrs Douglas«, sagte Cameron.
Ainsley biss die Zähne zusammen. »Das sehe ich, Mylord.«
»Das war vielleicht nicht sehr sportlich, wie ihr Engländer sagt«, meinte der Graf in gesetztem Englisch.
»Spiele werden gespielt, um sie zu gewinnen«, erklärte Cameron. »Und wir sind Schotten.«
Der Graf schaute auf das Dickicht und dann auf seine auf Hochglanz polierten Schuhe. »Ich werde den Ball für Sie holen, Signora«, bot er ohne Begeisterung an.
Was dazu
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